Das psychologische Gutachten
Inhaltsverzeichnis
Die Erstellung eines klinisch-psychologischen bzw. gesundheitspsychologischen Gutachtens erfolgt auf folgender Basis:
- Erhobener Befund aufgrund einer klinisch-psychologischen bzw. gesundheitspsychologischen Untersuchung
- Fachwissen (inklusive aktuellem Forschungsstand) sowie Berufserfahrung der Gutachterin oder des Gutachters
- Gegebenenfalls Berücksichtigung von Vorbefunden, vorliegenden Akten und diagnostischen Ergebnissen aus Tests
Wann kommen psychologische Gutachten zum Einsatz?
Klinisch-psychologische bzw. gesundheitspsychologische Gutachten finden bei unterschiedlichen Fragestellungen Anwendung.
Klinisch-psychologische Gutachten kommen zum Beispiel bei folgenden Anlässen zum Einsatz:
- in familiengerichtlichen Verfahren,
- zur Erlangung einer Waffenbesitzkarte,
- zur Klärung der allgemeinen Leistungsfähigkeit sowie der Berufs- und Erwerbsfähigkeit,
- zur Beurteilung der Aussagefähigkeit,
- bei Fragen zur Risikoeinschätzung und Rückfallwahrscheinlichkeit von Straftäterinnen oder Straftätern,
- in Fragen bezüglich Schmerzensgeld,
- in Bezug auf Beeinträchtigungen der Entscheidungsfähigkeit (beispielsweise bei Demenz)
- bei bestimmten Verkehrsdelikten.
Gesundheitspsychologische Gutachten werden beispielsweise auch zu gesundheitsbezogenem Risikoverhalten erstellt. Des Weiteren werden unter anderem auch arbeitspsychologische Gutachten erstellt. Auch außerhalb des Gesundheitsbereichs gibt es eine Reihe von psychologischen Berufsfeldern, in denen Gutachten erstellt werden (wie z.B. im Bereich der Wirtschaftspsychologie).
Wer darf ein psychologisches Gutachten erstellen?
Im Gesundheitsbereich werden psychologische Gutachten je nach Fragestellung ausschließlich von Klinischen Psychologinnen/Klinischen Psychologen oder Gesundheitspsychologinnen/Gesundheitspsychologen erstellt. Die „Richtlinie für die Erstellung von klinisch-psychologischen und gesundheitspsychologischen Befunden und Gutachten“ (2020) des Gesundheitsministeriums bietet dabei Orientierung und gilt als Grundlage für die fachlich korrekte Erstellung von Gutachten in diesen Bereichen.
Um psychologische Gutachten zu erstellen, benötigen Sachverständige spezielle Sachkenntnis zur jeweiligen Fragestellung. Sie müssen auf dem letzten Stand der Wissenschaft sein. Sachverständige müssen neutral, unbefangen und unabhängig sein sowie nachvollziehbar handeln. Befangenheit ist zu vermeiden (z.B. Naheverhältnis zum Auftraggeber). Es gelangen standardisierte Testverfahren zur Anwendung, die dem neuesten wissenschaftlichen Kenntnisstand entsprechen und eine möglichst umfassende Sammlung von Informationen erlauben. Dabei ist auf die Zumutbarkeit für die Patientin oder den Patienten zu achten. Das Ergebnis des Gutachtens muss nachvollziehbar und schlüssig sein.
Hinweis
Bei einem Gutachten, das für eine öffentliche Stelle erstellt wird (z.B. Gericht, Behörde oder Pensionsversicherung) muss von Beginn an vonseiten der Gutachterin oder des Gutachters klargestellt und mit der zu begutachtenden Person vereinbart werden, dass die Tatsachen im Zusammenhang mit dem Gutachten keine Geheimnisse sind und daher nicht der Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Sie werden einem festgelegten Personenkreis mitgeteilt. Alle Inhalte, die nicht für die Erstellung des Gutachtens relevant sind, sind jedoch vertraulich zu behandeln.
Welche Arten von psychologischen Gutachten gibt es?
Folgende Gutachten sind möglich:
- Gerichtsgutachten (z.B. für das Familiengericht),
- Privatgutachten,
- Gutachten für Verwaltungsbehörden (z.B. bezüglich Verkehrsangelegenheiten),
- Parteiengutachten (von einer Streitpartei in Auftrag gegeben) sowie
- Obergutachten (bei sich widersprechenden Gutachten).
Wer kann ein psychologisches Gutachten in Auftrag geben?
Gutachten können prinzipiell von jeder Person in Auftrag gegeben werden (Privatpersonen, juristische Personen, Verwaltungsbehörden, Gerichte). Psychologische Gutachten vermitteln wissenschaftlich fundierte Erfahrungswerte bzw. Grundlagen für Entscheidungen. Die Entscheidung, wie in der Folge mit den Ergebnissen eines Gutachtens umgegangen wird (Sachentscheidung), trifft jedoch die Auftraggeberin oder der Auftraggeber, nicht die oder der Sachverständige.
Wohin kann ich mich wenden?
- Eine allgemeine Suche bietet die Liste der Klinischen Psychologinnen und Klinischen Psychologen sowie die Liste der Gesundheitspsychologinnen und Gesundheitspsychologen.
- Der Berufsverband der PsychologInnen (BÖP) bietet über sein Online-Infomationssystem die Möglichkeit, nach allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für ein Psychologisches Gutachten zu suchen. Nähere Informationen zu diesem Thema sind auf der Website des BÖP zu finden.
- Gerichtssachverständige können über die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste der Justizbehörden gesucht werden. Eine Online-Suche bietet der Hauptverband für gerichtliche Sachverständige.
Wie erfolgt die Abdeckung der Kosten?
Der jeweilige Auftraggeber bezahlt das Gutachten. Die Kosten richten sich nach verschiedenen Faktoren, z.B. Zeitaufwand, Wegstrecken oder dem Umfang der Fragestellungen des Gutachtens.
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 5. Januar 2022
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Berufsverband Österreichischer PsychologInnen