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Vergrößerte Rachenmandel

Die Rachenmandel ist ein Teil des körpereigenen Abwehrsystems. Sie liegt am Gaumendach im Bereich hinter der Nase. In der Kindheit ist die Rachenmandel oft vergrößert. Dies ist ein Anzeichen dafür, dass das Immunsystem in dieser Lebensphase auf Hochtouren arbeitet. Mediziner:innen bezeichnen eine Vergrößerung der Rachenmandel auch als adenoide Vegetationen oder Adenoide.

Manchmal führt eine Vergrößerung der Rachenmandel zu Beschwerden. Betroffene Kinder leiden z.B. an einer erschwerten Nasenatmung oder Ohrproblemen. Langfristig können auch Hörstörungen und eine verzögerte Sprachentwicklung auftreten. Bei Auftreten solcher oder anderer Symptome ist oft eine operative Entfernung der Rachenmandel notwendig. Der Großteil der betroffenen Kinder ist danach beschwerdefrei.

Basis-Info: Mandeln

Die Mandeln – auch Tonsillen genannt – gehören zum körpereigenen Abwehrsystem. Sie bestehen aus sogenanntem lymphatischem Gewebe. Es gibt insgesamt vier Mandeln:

Grafik Anatomie der Mandeln
© bilderzwerg
  • zwei Gaumenmandeln, diese liegen rechts und links am hinteren Gaumenbogen;
  • eine Rachenmandel, diese liegt am Gaumendach im Bereich hinter der Nase;
  • eine Zungenmandel, diese liegt am hinteren Bereich der Zunge, dem Zungengrund.

Bei geöffnetem Mund sind ohne Hilfsmittel nur die Gaumenmandeln sichtbar, Rachenmandel und Zungenmandel nicht.

In der seitlichen Rachenwand liegt weiteres lymphatisches Gewebe, die Seitenstränge. Die Mandeln und die Seitenstränge bilden zusammen den sogenannten lymphatischen Rachenring, auch Waldeyer-Rachenring bezeichnet. Ihre gemeinsame Aufgabe ist es, Krankheitserreger wie Viren oder Bakterien abzufangen, die durch die Nase oder den Mund eindringen.

Vor allem in der Kindheit wird das Immunsystem mit vielen bislang unbekannten Stoffen konfrontiert. Es arbeitet auf Hochtouren, um auf jeden dieser Fremdstoffe mit der entsprechenden Immunantwort zu reagieren. Daher sind die Strukturen des Rachenrings bei Kindern oft vergrößert. Mit zunehmendem Alter nehmen sie meistens wieder an Größe ab und bilden sich langsam zurück. Erwachsene haben meist nur mehr sehr kleine Gaumenmandeln, und die Rachenmandel ist fast vollständig verschwunden.

Wenn die Rachenmandel im Verhältnis zum Nasen-Rachen-Raum zu groß wird, können Beschwerden auftreten. Mediziner:innen bezeichnen Vergrößerungen der Rachenmandel auch als adenoide Vegetationen, als Adenoide, als Rachenmandelwucherungen oder als Rachenmandelhyperplasie.

Hinweis

Umgangssprachlich wird bei einer Vergrößerung der Rachenmandel oft der Begriff Polypen verwendet. Dies ist irreführend und nicht korrekt. Polypen sind Schleimhautwucherungen, die z.B. in der Nase wachsen können. Sie führen zu ähnlichen Beschwerden wie eine vergrößerte Rachenmandel, kommen aber in der Regel nur bei Erwachsenen vor.

Welche Ursache hat eine Vergrößerung der Rachenmandel?

Die häufigste Ursache für eine Vergrößerung der Rachenmandel sind wiederholte Infekte im Nasen-Rachen-Raum. Diese führen zu Entzündungsreaktionen innerhalb der Rachenmandel. Dadurch wird die Rachenmandel größer. In der Folge können entzündliche Sekrete aus dem Nasen-Rachen-Raum schlechter abfließen. Zudem können sich in der vergrößerten Rachenmandel leichter erneut Keime einnisten, was wieder zu einer Entzündung führt. So entsteht eine Art Teufelskreis.

Zudem scheint auch eine erbliche Veranlagung und eine sehr kohlenhydratreiche Ernährung eine Vergrößerung der Rachenmandel zu begünstigen.

Eine vergrößerte Rachenmandel tritt vor allem zwischen dem ersten und dem sechsten Lebensjahr auf.

Welche Symptome können auftreten?

Eine vergrößerte Rachenmandel verursacht nicht immer Beschwerden. Der Platz im Nasen-Rachen-Raum ist in der Kindheit jedoch relativ beengt. Eine Wucherung der Rachenmandel kann daher leicht zu einem Missverhältnis führen und unterschiedliche Beschwerden verursachen.

Verlegung des Nasen-Rachen-Raumes

Eine vergrößerte Rachenmandel kann die Öffnung zur Nasenhöhle verlegen. Typische Anzeichen sind: 

  • Behinderung der Nasenatmung
  • dauerhaft verstopft erscheinende Nase
  • nasale Sprache
  • unruhiger Schlaf, Schnarchen
  • Atemaussetzer im Schlaf, sogenannte Schlafapnoe
  • betroffene Kinder sind tagsüber müde oder aber besonders „aufgedreht“, unkonzentriert, weniger leistungsfähig und haben oft verminderten Appetit
  • dauernde Mundatmung: Die verlegte Nase bewirkt, dass betroffene Kinder hauptsächlich durch den Mund atmen. Der Mund ist permanent geöffnet.
  • häufige Infekte: Durch die verlegte Nase und die Mundatmung werden die Schleimhäute der oberen Atemwege ausgetrocknet. Zudem entfällt die Filterfunktion der Nase. Betroffene Kinder sind anfällig für Infekte und leiden häufig an Schnupfen, Husten, Bronchitis oder Nasennebenhöhlenentzündungen.

Verlegung der Eustachischen Röhre

Eine vergrößerte Rachenmandel kann auch den Verbindungsgang zwischen Rachen und Ohr verlegen. Dieser wird als Eustachische Röhre oder Ohrtrompete bzw. Tuba auditiva bezeichnet.

Grafik vergrößerte Rachenmandel
© bilderzwerg

Durch die Verlegung der Eustachischen Röhre wird das Mittelohr nicht mehr richtig belüftet, und es entsteht ein Unterdruck, wie man es z.B. vom Fliegen kennt. Ohrenschmerzen sind die häufige Folge. Zudem haben es Krankheitserreger aus dem Nasen-Rachen-Raum leichter, in das Mittelohr einzudringen, und die betroffenen Kinder sind anfälliger für Mittelohrentzündungen.

Welche Folgen können auftreten?

Eine vergrößerte Rachenmandel kann langfristige Folgen nach sich ziehen. Dazu zählen:

  • Kiefer- und Zahnfehlstellungen: Sie entstehen als Folge des dauernd geöffneten Mundes.
  • Hörprobleme: Durch den dauerhaften Unterdruck im Mittelohr sammelt sich mit der Zeit Flüssigkeit hinter dem Trommelfell an, und es entsteht ein sogenannter Paukenerguss. Dadurch können Trommelfell und Gehörknöchelchen nicht mehr ausreichend schwingen, und es tritt eine Hörminderung auf.
  • Wenn die Hörminderung nicht rechtzeitig erkannt wird, können in weiterer Folge Sprachentwicklungsstörungen auftreten.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Die Ärztin oder der Arzt kann oft schon durch den typischen Gesichtsausdruck der Kinder erkennen, dass Probleme mit den Mandeln bestehen: Die Kinder atmen nur durch den Mund, der Mund ist dadurch ständig geöffnet, und die Zunge ist sichtbar. Mediziner:innen sprechen von einer Facies adenoidea.

Zusätzlich führt die Ärztin oder der Arzt eine ausführliche Anamnese durch und fragt nach den Beschwerden. Zur Diagnosesicherung kann die Ärztin oder der Arzt eine Spiegelung des hinteren Nasen-Rachen-Raumes durchführen, eine sogenannte Rhinoskopie. Dabei wird die Zunge mit einem Holzspatel leicht nach unten gedrückt, und mit einem abgewinkelten Spiegel wird der hintere Nasen-Rachen-Raum inspiziert. So lässt sich eine vergrößerte Rachenmandel gut erkennen.

Die Ärztin oder der Arzt sieht sich die gesamte Mundhöhle genau an und untersucht auch, ob z.B. Zahnfehlstellungen oder Erkrankungen des Gaumens oder der Gaumenmandeln erkennbar sind. Unter Umständen untersucht sie oder er auch die Nasenhöhle mithilfe eines Endoskopes. Dabei wird ein dünnes Rohr, an dessen Ende eine kleine Lichtquelle und eine kleine Kamera angebracht sind, vorsichtig in die Nase eingeführt.

Die Ärztin oder der Arzt untersucht zudem die Ohren. Mit einem Ohrtrichter bzw. Otoskop kann sie oder er den Gehörgang und das Trommelfell beurteilen. Unter Umständen kann zusätzlich eine Ohrdruckmessung bzw. Tympanometrie durchgeführt werden. Dabei werden die Druckverhältnisse im Mittelohr sowie die Beweglichkeit des Trommelfells gemessen. Die Untersuchung ermöglicht es, den Verdacht auf eine Schallleitungsstörung zu bestätigen.

Gegebenenfalls kann die Ärztin oder der Arzt weitere Schritte veranlassen, z.B. eine Blutuntersuchung, bildgebende Untersuchungen oder eine zahnärztliche bzw. kieferorthopädische Untersuchung.

Wie erfolgt die Behandlung einer vergrößerten Rachenmandel?

Eine vergrößerte Rachenmandel muss nicht immer behandelt werden. Sie ist an sich keine Krankheit und kommt in der Kindheit sehr häufig vor. Wenn sie keine Beschwerden verursacht, ist keine Therapie notwendig. Das betroffene Kind sollte aber regelmäßig ärztlich untersucht werden, um den Verlauf zu beobachten.

Wenn eine vergrößerte Rachenmandel Beschwerden verursacht, sollte sie operativ entfernt werden. Der Fachbegriff dafür lautet Adenotomie. Die Ärztin oder der Arzt wird zu dem Eingriff raten, wenn:

  • die Nasenatmung stark behindert ist und das Kind z.B. stark näselt,
  • das Kind immer wieder unter fieberhaften Infekten der oberen Atemwege leidet,
  • das Kind immer wieder unter Mittelohrentzündungen leidet oder Ohrbeschwerden bestehen,
  • das Kind nachts Atemaussetzer hat,
  • Folgeprobleme auftreten, z.B. Fehlstellungen des Kiefers oder Sprachentwicklungsstörungen.

Die Adenotomie wird in Vollnarkose durchgeführt. Die Rachenmandel wird mit einem speziellen Instrument, einem sogenannten Ringmesser, herausgeschält. Die Blutung wird mit einem Tupfer gestillt, eine Naht ist nicht nötig. Insgesamt dauert die Operation nur etwa zehn bis 15 Minuten. Sie erfolgt oft ambulant, und das Kind kann nach ein paar Stunden Beobachtung nach Hause gehen.

  • Parazentese: Wenn ein Paukenerguss besteht, der Ohrprobleme versursacht, wird bei der Operation zusätzlich ein kleiner Schnitt in das Trommelfell gesetzt. Dies wird als Parazentese bezeichnet. Durch den Schnitt kann das entzündliche Sekret abgesaugt werden, und das Mittelohr wird wieder belüftet. Manchmal wird auch ein sogenanntes Paukenröhrchen in den Schnitt eingelegt, wodurch das Sekret über längere Zeit langsam abfließen kann und das Mittelohr gut belüftet wird. Das Paukenröhrchen verbleibt etwa drei bis sechs Monate im Ohr. Es stößt sich danach von selbst ab oder wird von der Ärztin bzw. dem Arzt entfernt.
  • Tonsillotomie: Manchmal ist es auch notwendig, zusätzlich einen Teil der Gaumenmandeln zu entfernen, z.B. wenn sie ebenfalls vergrößert sind und Beschwerden verursachen. Eine teilwiese Entfernung der Gaumenmandeln wird als Tonsillotomie bezeichnet.

Der Großteil der Kinder ist nach dem Eingriff langfristig beschwerdefrei. In seltenen Fällen kann die Rachenmandel nachwachsen und erneut Beschwerden verursachen.

Welche Komplikationen sind bei einer Rachenmandeloperation möglich?

Die Adenotomie gehört zu den häufigsten HNO-ärztlichen Operationen im Kindesalter und ist insgesamt sehr sicher. In seltenen Fällen ist es möglich, dass es zu – mitunter schweren – Nachblutungen kommt. Das größte Risiko besteht innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Eingriff.

Hinweis

Das Kind darf in den ersten 24 Stunden nach dem Eingriff nie unbeobachtet sein. Wenn das Kind aus Nase oder Mund blutet oder Blut erbricht, ist eine umgehende Behandlung notwendig. Rufen Sie die Rettung unter 144 oder suchen Sie sofort ein Krankenhaus auf.

Um das Risiko für Nachblutungen zu verringern, wird nach dem Eingriff unter anderem Folgendes empfohlen:

  • körperliche Schonung für mindestens drei Tage, d.h. kein Besuch von Kindergarten oder Schule,
  • kein Sport und andere körperliche Anstrengungen für mindestens eine Woche,
  • keine sehr harten oder heißen Speisen in den ersten Tagen; breiige und kühle Speisen bevorzugen,
  • keine heißen Duschen und Vollbäder für zwei Wochen.

Die Ärztin oder der Arzt wird im Vorfeld des Eingriffes genau über mögliche Risiken und Komplikationen aufklären.

Wohin kann ich mich wenden?

Die erste Anlaufstelle ist in der Regel eine Fachärztin oder ein Facharzt für Kinderheilkunde. Die weitere Abklärung und Behandlung einer vergrößerten Rachenmandel erfolgt durch eine Fachärztin oder einen Facharzt für HNO-Heilkunde.

Unter Umständen werden weitere Fachgebiete hinzugezogen, z.B. die Phoniatrie und Pädaudiologie oder die Zahnmedizin.

In Notfallsituationen – z.B. Blutungen - suchen Sie die nächstgelegene Notfallsambulanz auf oder wählen Sie den Notruf 144.

Wie erfolgt die Abdeckung der Kosten?

Die e-card ist Ihr persönlicher Schlüssel zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Alle notwendigen und zweckmäßigen Diagnose- und Therapiemaßnahmen werden von Ihrem zuständigen Sozialversicherungsträger übernommen. Bei bestimmten Leistungen kann ein Selbstbehalt oder Kostenbeitrag anfallen. Detaillierte Informationen erhalten Sie bei Ihrem Sozialversicherungsträger. Weitere Informationen finden Sie außerdem unter:

sowie über den Online-Ratgeber Kostenerstattung der Sozialversicherung.

Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.

Letzte Aktualisierung: 16. März 2023

Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal

Expertenprüfung durch: Dr. Thomas J. Schmal, Arzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Zusatzfach Phoniatrie, Spezialisierung in Schlafmedizin

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