Rheuma: Was ist das?
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Knapp ein Viertel der österreichischen Bevölkerung leidet an rheumatischen Beschwerden. Fast 40 Prozent aller über 55-Jährigen sind betroffen. Allerdings ist Rheuma keine Alterskrankheit, sondern kann jeden treffen. Während degenerative Formen vorwiegend bei älteren Menschen vorkommen, treten autoimmunbedingte entzündliche Formen oft schon bei jungen Erwachsenen – häufig zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr – auf. Rheuma macht jedoch auch vor Kindern und Jugendlichen nicht halt. So erkranken jährlich rund 120 Kinder aller Altersstufen in Österreich an Rheuma.
Rheumatische Erkrankungen sind derzeit nicht heilbar. In vielen Fällen ist jedoch eine gute Krankheitskontrolle möglich. Beispielsweise können moderne Therapieformen das Fortschreiten von entzündlichem Rheuma wirksam stoppen. Neue Studien zeigen sogar gewisse Reparatureffekte bei Gelenksschäden.
Wichtig ist eine möglichst frühzeitige Diagnose und Therapie durch eine Fachärztin/einen Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie. Darüber hinaus können in die Betreuung der Betroffenen auch die Bereiche der Kinder- und Jugendheilkunde, der Osteologie, der Immunologie, der physikalischen Medizin und der Rheuma-Orthopädie involviert sein.
Welche Ursachen hat Rheuma?
Die genauen Ursachen der meisten rheumatischen Erkrankungen sind noch nicht restlos geklärt. Es ist jedoch bekannt, dass bestimmte Faktoren als Auslöser wirken können:
- Genetische Faktoren: Vor allem entzündliche Rheumaerkrankungen können familiär gehäuft auftreten. Bestimmte Erbmerkmale sind mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko verbunden.
- Störungen des Immunsystems sind Auslöser für vor allem entzündliche rheumatische Erkrankungen. Fehlgeleitete Abwehrzellen beginnen etwa, vermehrt Antikörper gegen körpereigenes Gewebe oder bestimmte Botenstoffe zu produzieren. Dies kann zu schweren Entzündungen bis hin zur Zerstörung von Knochen und Knorpel sowie bleibenden Gelenks- und Organschäden führen.
- Bakterien oder Viren können auf zwei verschiedene Arten Gelenksentzündungen auslösen:
- durch direkte Absiedelung von Keimen (v.a. Staphylokokken, Streptokokken), meist über das Blut, in die Gelenke (bakterielle Gelenkentzündung);
- als Reaktion des Körpers gegen Erregerbestandteile und einen darauf folgenden Angriff des Abwehrsystems gegen Gelenksstrukturen. Diese reaktive Arthritis tritt meist infolge von Darm- oder Genitalerkrankungen durch Bakterien wie Yersinien, Campylobacter, Shigellen, Salmonellen oder Chlamydien auf.
- Überlastung von Gelenken durch Übergewicht, Fehlstellungen wie X- oder O-Beine oder zu starke einseitige Beanspruchung in Beruf oder Sport, aber auch Nährstoffmangel des Gelenks durch zu wenig Bewegung – etwa bei längerer Bettlägerigkeit – können Arthrosen begünstigen.
- Stoffwechselstörungen wie Diabetes können eine Unterversorgung des Knorpels mit Nährstoffen zur Folge haben. Bei Gicht bewirkt eine Störung des Harnsäurestoffwechsels Kristallablagerungen, die zur Entzündung führen und die Gelenke zerstören können.
Kalt feuchtes Wetter kann zwar zur Verschlimmerung von rheumatischen Beschwerden führen, ist aber entgegen mancherlei Annahmen nicht auslösend für Erkrankungen aus diesem Formenkreis. Wenngleich manche Infekte bestimmte Formen rheumatischer Erkrankungen verursachen können (z.B. reaktive Arthritis nach Harnröhrenentzündungen oder Durchfallerkrankung, Rheumatisches Fieber nach Streptokokkeninfekten wie Angina), werden viele andere Infektherde (z.B. Zähne) oft ungerechtfertigt mit Rheuma in Zusammenhang gebracht.
Welche Formen von Rheuma gibt es?
Dem sogenannten rheumatischen Formenkreis werden rund 400 unterschiedliche Einzelerkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates sowie des Immunsystems zugeordnet. Konkreter spricht man von „Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises“.
Diese werden in folgende Hauptgruppen eingeteilt:
- autoimmunbedingte, entzündlich-rheumatische Erkrankungen, z.B.:
- rheumatoide Arthritis (chronische Polyarthritis),
- Axiale Spondylarthritis (axSpA, Morbus Bechterew),
- Psoriasis-Arthritis (PsA),
- Reaktive Arthritis (Morbus Reiter),
- Juvenile idiopathische Arthritis (JIA),
- Kollagenosen (Bindegewebserkrankungen, wie z.B. systemischer Lupus erythematodes, Systemische Sklerose, Sjögren-Syndrom),
- Vaskulitiden (Riesenzellarteriitis, ANCA-Vaskulitiden),
- Polymyalgia rheumatica.
- degenerative Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen (verschleiß- oder altersbedingt): z.B. Arthrose.
- rheumatische Schmerzkrankheiten („Weichteilrheumatismus“), z.B.: Tendinosen, Myosen, Fibromyalgie.
- Stoffwechselerkrankungen, die mit rheumatischen Beschwerden einhergehen, z.B.: Gicht.
Welche Symptome können auftreten?
Rheumatische Erkrankungen beschränken sich nicht allein auf den Bewegungsapparat. Da das Immunsystem für die Entstehung vieler Erkrankungsformen eine zentrale Rolle spielt, handelt es sich oft um Systemerkrankungen. Darunter versteht man Krankheiten, die den ganzen Körper betreffen können. Besonders häufig beteiligt sind der Darm, die Haut und die Augen, seltener auch Herz, Lungen, Nieren, Rippenfell, Blutgefäße, Nerven und Gehirn. Daneben können auch Allgemeinsymptome auftreten, z.B.:
- allgemeine Schwäche,
- Abgeschlagenheit,
- Müdigkeit,
- Nachtschweiß,
- Gewichtsabnahme,
- Fieber.
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 15. August 2019
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Priv.-Doz. Dr. Josef Hermann, Arzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für Innere Medizin, Zusatzfach Innere Medizin (Rheumatologie), Zusatzfach Innere Medizin (Geriatrie)