Oberschenkelhalsbruch
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein Oberschenkelhalsbruch?
Der Oberschenkelhalsbruch wird auch Schenkelhals- oder Femurhalsfraktur genannt. Eine Fraktur ist ein Knochenbruch. Bei einem Oberschenkelhalsbruch bricht ein bestimmter Bereich des Oberschenkelknochens: der Schenkelhals. Dieser verläuft zwischen dem Kopf und dem kleinen und großen Rollhügel – Trochanter – des Oberschenkelknochens. Der Kopf des Oberschenkelknochens ist in die Hüftpfanne eingebettet. Der Rollhügel geht in den großen Schaft des Oberschenkelknochens über.
Zwei Drittel der Brüche am Oberschenkelknochen befinden sich im hüftnahen Bereich. Fachleute sprechen dann von einer proximalen Femurfraktur. Auch der Oberschenkelhalsbruch zählt dazu. Weitere mögliche Brüche können u.a. am Kopf des Oberschenkelknochens – Femurkopffraktur –, am Rollhügel – pertrochantäre Femurfraktur – oder unterhalb des Rollhügels des Oberschenkelknochens – subtrochantäre Femurfraktur – verlaufen.
Von einem Oberschenkelhalsbruch sind überwiegend ältere Menschen betroffen. Im Alter nimmt die Knochendichte bei jedem Menschen ab. Bei Menschen mit Osteoporose sinkt die Knochendichte stärker als normal. Das Risiko für einen Oberschenkelhalsbruch ist erhöht bei einer verminderten Knochendichte. Dann können Knochen bereits unter geringer Krafteinwirkung brechen. Ausreichen kann dann schon ein Sturz aus niedriger Höhe.
Ein Oberschenkelhalsbruch ist eine schwere Verletzung. Mitunter kommt es bei älteren Menschen in weiterer Folge zu Immobilität, Bettlägerigkeit, dem Verlust der Selbstständigkeit mit u.a. Pflegebedürftigkeit.
Frauen sind von einem Oberschenkelhalsbruch etwa doppelt so häufig betroffen als Männer. Bei Frauen kommt es vermehrt nach der Menopause zu einem Oberschenkelhalsbruch.
In Österreich gibt es jährlich bei ab 60-Jährigen rund 15.000 Fälle an Oberschenkelhalsbrüchen, die in einem Krankenhaus versorgt werden müssen.
Welche Symptome können auftreten?
Typische Symptome eines Oberschenkelhalsbruchs sind u.a.:
- Druck- und Klopfschmerz an der Außenseite der Hüfte,
- Ruheschmerz in der Leiste und Hüfte,
- Bewegungseinschränkung,
- Prellmarken und Blutergüsse an der Hüfte,
- das betroffene Bein ist verkürzt.
Wie ausgeprägt die Symptome sind, kann unterschiedlich sein: Bestimmte Oberschenkelhalsbrüche können schmerzarm sein, und das Bein kann auch weiterhin belastet werden. Doch: Auch wenn Betroffene weiterhin selbstständig gehen und stehen können, kann trotzdem ein Knochenbruch vorliegen. Manche Betroffene haben untypische Schmerzen bei einem Oberschenkelhalsbruch, etwa Schmerzen im Knie oder Gesäß.
Welche Ursachen hat ein Oberschenkelhalsbruch?
Häufigste Ursache für den Knochenbruch ist bei älteren Menschen ein leichter Sturz mit geringer Krafteinwirkung auf den Knochen. Häufig ist dies ein Stolpersturz aus dem Stand oder ein Sturz aus niedriger Höhe auf die Hüfte, z.B. aus dem Sitzen oder aus dem Bett. Fachleute sprechen dabei von einem Niedrigrasanz-Trauma.
Kommt es bei jüngeren Menschen zu einem hüftnahen Bruch wie dem Oberschenkelhalsbruch, ist meist deutlich mehr Krafteinwirkung erforderlich, um einen Knochenbruch zu verursachen. So etwa ein Sturz aus großer Höhe oder ein Verkehrsunfall. Fachleute nennen dies ein Hochrasanz-Trauma.
Bei herabgesetzter Knochendichte, etwa bei Vorliegen einer Osteoporose, kann es auch zu einem spontanen Knochenbruch im hüftnahen Bereich des Oberschenkelknochens kommen. Möglich sind zudem Ermüdungsbrüche, sogenannte Stressfrakturen, durch wiederholte ungewohnte, hohe Belastungen.
Was sind Risikofaktoren für einen Oberschenkelhalsbruch?
Körperliche Risikofaktoren für einen hüftnahen Knochenbruch wie dem Oberschenkelhalsbruch sind u.a.:
- verminderte Knochendichte, Osteoporose
- Muskelschwäche – Myasthenie
- Gangunsicherheit und Koordinationsstörungen
- hohes Lebensalter
Weitere Risikofaktoren sind z.B. Stolperfallen, schlecht eingestellte Brillen, ungeeignetes Schuhwerk u.v.m.
Wie kann einem Oberschenkelhalsbruch vorgebeugt werden?
Um bei älteren Menschen einem Oberschenkelhalsbruch vorzubeugen, sind folgende Punkte wichtig:
Stürze vermeiden
Stürze können bei älteren Menschen schwere Folgen nach sich ziehen. Ein Sturz kann u.a. zu Unselbstständigkeit und Pflegebedürftigkeit führen.
Mit einfachen Maßnahmen lassen sich vermeidbare Ursachen ausschalten. Maßnahmen zur Vorbeugung von Stürzen sind u.a.:
- Stolper- und Rutschfallen beseitigen, z.B. Teppiche entfernen, Kabel nicht offen liegen lassen,
- Anti-Rutschmatten in der Dusche oder Badewanne verwenden, ein Duschsessel oder Badewannenlifter erleichtert die Körperpflege,
- geeignetes Schuhwerk tragen, auf rutschfeste Sohlen achten,
- Gehilfen wie z.B. Rollator, Gehstock verwenden,
- Greifhilfen verwenden,
- Sehkraft regelmäßig kontrollieren lassen und gut angepasste Sehhilfen verwenden,
- auf ausreichende Beleuchtung achten, für helles Licht und ein Nachlicht auf dem Weg zur Toilette sorgen,
- Muskulatur stärken und Gleichgewichtssinn verbessern durch geeignetes Training, wie z.B. Gang- und Gleichgewichtstraining, Krafttraining, Tanzen, Tai Chi sowie Aerobic,
- Gesundheitsprobleme oder Medikamente, die Schwindel auslösen können, mit der Ärztin oder dem Arzt besprechen. Medikamente, die Schwindel oder Benommenheit verursachen können, sind z.B. Beruhigungs- und Schlafmittel, Medikamente für den Blutdruck, Antiepileptika, starke Schmerzmittel/Opioide sowie manche Diabetes-Medikamente. Vorsicht – keine Medikamente ohne Absprache mit der Ärztin oder dem Arzt absetzen.
Video Stürze vermeiden im Wohnraum
Die Videoreihe „Trittsicher und aktiv“ der Österreichischen Gesundheitskasse gibt Infos zur Vermeidung von Stürzen, darunter Videos zu Krafttraining, Gleichgewicht, Wohnraumanpassung, Medikamente u.v.m.
Weitere Informationen zur Vorbeugung von Stürzen bei älteren Menschen erhalten Sie in der Broschüre „Trittsicher und aktiv - Stürze gezielt vermeiden“ der Österreichischen Gesundheitskasse.
Knochengesundheit
Verschiedene Faktoren beeinflussen die Knochengesundheit: darunter der Lebensstil mit z.B. Ernährung und Bewegung. Aber auch bestimmte Krankheiten sowie die hormonelle Situation – insbesondere bei Frauen – sind maßgeblich an der Entstehung einer Osteoporose beteiligt.
Weitere Informationen erhalten Sie am Gesundheitsportal unter Wie Sie Osteoporose vorbeugen können.
Wie wird die Diagnose gestellt?
Die Ärztin oder der Arzt wird sich bei Schmerzen in der Hüfte und einem möglichen Oberschenkelhalsbruch in einem ausführlichen Gespräch – der Anamnese – über die Beschwerden informieren. Sie oder er fragt dabei u.a., ob es vor den Schmerzen zu einem Sturz gekommen ist oder ob andere Erkrankungen bestehen wie etwa Osteoporose. Die Ärztin oder der Arzt wird fragen, ob die Betroffene oder der Betroffene noch selbst gehen bzw. stehen kann.
Die Ärztin oder der Arzt kann zunächst anhand bestimmter Griffe und Bewegungen des Beins und in der Hüfte – sogenannte Stauchungs- und Rotationsbewegungen – gut beurteilen, ob eine Funktionseinschränkung und ggf. ein Oberschenkelhalsbruch vorliegen könnte. Durch Abtasten und Drucken des Oberschenkels, der Leiste und der Hüfte kann die Ärztin oder der Arzt den Schmerz zuordnen. Der Bereich der Hüfte wird auf Prellmarken oder Blutergüsse untersucht. Die Ärztin oder der Arzt wird auch eine neurologische Untersuchung der Beine und Füße machen und die Durchblutung beurteilen.
Zur Absicherung der Diagnose erfolgt bei Verdacht auf einen hüftnahen Bruch bzw. Oberschenkelhalsbruch eine Röntgen-Untersuchung der Hüfte - Beckenübersicht. Zur näheren Abklärung kann eine MRT-, CT- oder Ultraschall-Untersuchung folgen.
Einteilung des Knochenbruchs nach Klassen
Oberschenkelhalsbrüche werden von medizinischen Fachleuten in verschiedene Klassen eingeteilt, z.B. Einteilung nach Pauwels oder Garden. So lassen sich folgende Ausprägungen beurteilen, u.a.:
- die Lokalisation und Stabilität des Knochenbruchs,
- die Verschiebung der Bruchlinien,
- die Ausrichtung der Bruchebene sowie
- die Stauchung des Knochenbruchs.
Anhand dieser Klassifikation lässt sich u.a. der weitere Heilungsverlauf des Knochenbruchs einschätzen. Auch mögliche Risiken wie etwa eine Versorgungsstörung des Knochens mit der Gefahr einer Hüftkopfnekrose können so abgewogen werden.
Welche Möglichkeiten der Behandlung gibt es?
In den meisten Fällen wird ein Oberschenkelhalsbruch operativ behandelt. Ist eine Operation erforderlich, sollte diese möglichst rasch, innerhalb von 24 bis maximal 48 Stunden, erfolgen.
Fachleute unterscheiden folgende Operationsmethoden:
- Hüftkopf-erhaltende Verfahren: Mithilfe von Schrauben, Nägeln, Stangen oder Platten wird der Knochen fixiert. Man nennt dieses Verfahren Osteosynthese. Es wird eher bei jüngeren Menschen und stabileren Knochenbrüchen angewendet.
- Gelenks-ersetzende Verfahren: Bei diesen Verfahren wird anhand von Prothesen ein Teil des Hüftgelenks oder das gesamte Hüftgelenk ersetzt. Man spricht dann von einer Schenkelhalsprothese oder beim gesamten Ersatz des Hüftgelenks von einer Total-Endoprothese. Dieses Verfahren wird eher bei älteren Menschen und instabilen Knochenbrüchen angewendet.
Welche Methode zur Versorgung des Knochenbruchs im Oberschenkel infrage kommt, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab, u.a.:
- Alter, Mobilität und Zustand der oder des Betroffenen,
- Form des Knochenbruchs:
- Stabilität des Knochenbruchs,
- Verschiebung des Knochenbruchs;
- Möglichkeit, den Oberschenkelknochenkopf zu erhalten,
- Knochenstruktur (Osteoporose).
Die Ärztin oder der Arzt bespricht mit der Patientin oder dem Patienten die Möglichkeiten der Schmerzbehandlung. Aufgrund der eingeschränkten Bewegung ist das Risiko für eine Thrombose erhöht. Den Betroffenen wird daher eine Thromboseprophylaxe empfohlen.
Die Mehrheit aller hüftnahen Frakturen tritt im Zusammenhang mit Osteoporose auf, damit muss spätestens nach Auftreten der Fraktur sofort mit einer Therapie begonnen werden. Weitere Informationen erhalten Sie unter Osteoporose.
Mögliche Komplikationen
Mögliche Komplikationen bei einem Oberschenkelhalsbruch sind u.a.:
- Thrombose der tiefen Beinvene: Bildung eines Blutpfropfes und Verschluss des Kreislaufsystems durch mangelnde Bewegung bei Bettlägerigkeit,
- Infektionen: Wundinfekt, Entzündungen im Bereich der Hüfte,
- Hüftkopfnekrose: Absterben des lebenden Knochengewebes im Hüftkopf durch Durchblutungsstörung,
- Immobilität: Verlust der selbstständigen Bewegung.
Wie erfolgt die Nachsorge bei Einsatz einer Prothese?
Bereits kurz nach der Operation beginnt im Krankenhaus die Frühmobilisation. Das kann bereits am Tag der Operation sein. Die meisten Patientinnen und Patienten beginnen am Tag nach der Operation zu stehen und zu gehen. Unter Anleitung einer Physiotherapeutin oder eines Physiotherapeuten führt die Patientin oder der Patient Übungen durch, um das Hüftgelenk zu bewegen und die Muskulatur um die Hüfte zu kräftigen. Die Patientin oder der Patient erfährt zudem, wie sie oder er das Hüftgelenk richtig belastet und Bewegung im Alltag hüftschonend ausführt.
Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus kann eine Rehabilitation erforderlich sein.
Wohin kann ich mich wenden?
Bei unklaren Schmerzen in der Hüfte oder nach einem Sturz mit Verletzungen können Sie sich an folgende Stellen wenden:
- Ärztenotdienst unter 141
- Rettung unter 144
- Ärztin oder Arzt für Allgemeinmedizin
- Fachärztin oder Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie
Wie erfolgt die Abdeckung der Kosten?
Die e-card ist Ihr persönlicher Schlüssel zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Alle notwendigen und zweckmäßigen Diagnose- und Therapiemaßnahmen werden von Ihrem zuständigen Sozialversicherungsträger übernommen. Bei bestimmten Leistungen kann ein Selbstbehalt oder Kostenbeitrag anfallen. Detaillierte Informationen erhalten Sie bei Ihrem Sozialversicherungsträger. Weitere Informationen finden Sie außerdem unter:
- Recht auf Behandlung
- Arztbesuch: Kosten und Selbstbehalte
- Rezeptgebühr: So werden Medikamentenkosten abgedeckt
- Heilbehelfe & Hilfsmittel
- Gesundheitsberufe A bis Z
sowie über die Online-Services und Formulare der Sozialversicherung.
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 27. November 2023
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Priv.-Doz. Dr. Paul Puchwein, Facharzt für Orthopädie und Traumatologie, Facharzt für Unfallchirurgie