Lymphödem
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein Lymphödem?
Ein Lymphödem entsteht, wenn das Lymphsystem geschädigt wurde und nicht mehr richtig funktioniert. Dadurch sammelt sich Lymphflüssigkeit im Gewebe eines bestimmten Körperteils, und das betroffene Körperteil schwillt an. Verschiedene Beschwerden können die Folge sein.
Was ist das Lymphsystem?
Zum Lymphsystem gehören die Lymphgefäße und die lymphatischen Organe. Die Lymphgefäße ziehen durch den ganzen Körper und sind mit dem Blutgefäßsystem verbunden. Das Lymphsystem spielt eine wichtige Rolle bei der Immunabwehr und bei der Entwässerung und Reinigung der verschiedenen Körpergewebe. So werden u.a. mit der Lymphflüssigkeit überschüssige Flüssigkeiten und Abfallstoffe aus dem Körper entfernt. Die Lymphflüssigkeit, kurz Lymphe, ist eine Flüssigkeit, die u.a. Eiweiße, Fette und Lymphozyten enthält. Sie fließt in kleineren und größeren Lymphgefäßen, die den gesamten Körper netzartig durchziehen, ähnlich dem Blutgefäßsystem. Die Lymphe gelangt über die Lymphgefäße zu den Lymphknoten, wo Krankheitserreger und andere schädliche Stoffe herausgefiltert werden. Die so gereinigte Lymphe gelangt anschließend über die großen Lymphgefäße in den Blutkreislauf.
Wenn dieser Vorgang nicht mehr richtig funktioniert und die Schwellung länger bestehen bleibt, kann das Lymphödem fortschreiten und chronisch werden. Dabei kann sich das Gewebe verdichten und verhärten, wodurch massive Beschwerden entstehen können. Fachleute bezeichnen diesen Zustand als Fibrose. Eine solche kann nur schwer behandelt werden.
Ein Lymphödem kann in jedem Alter auftreten. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
Welche Ursachen kann ein Lymphödem haben?
Ein Lymphödem kann verschiedene Ursachen haben. Je nachdem unterscheiden Fachleute zwischen einem primären und einem sekundären Lymphödem:
Primäres Lymphödem
Fachleute sprechen von einem primären Lymphödem, wenn die Lymphgefäße von Geburt an fehlen oder fehlgebildet sind. Je nach Fall können die ersten Beschwerden unmittelbar nach der Geburt oder erst im Jugend- oder Erwachsenenalter auftreten. Ein primäres Lymphödem ist selten.
Sekundäres Lymphödem
Ein sekundäres Lymphödem entwickelt sich erst im Laufe des Lebens. Diese Form kommt wesentlich häufiger vor als das primäre Lymphödem. Dahinter steckt eine Schädigung der Lymphgefäße oder der Lymphknoten durch ein Ereignis, beispielsweise durch eine Erkrankung, Infektion oder Verletzung. Folgende Situationen können u.a. zu einem sekundären Lymphödem führen:
- Krebserkrankung: Häufig entsteht ein Lymphödem im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung oder deren Behandlung. Besonders häufig sind Frauen mit einer Brustkrebserkrankung davon betroffen. Dabei kann ein Lymphödem durch den Krebs selbst oder infolge der Operation oder Bestrahlung entstehen.
- Operation oder Bestrahlung: Wurden bei einer Operation oder Bestrahlung die Lymphgefäße oder Lymphknoten geschädigt, kann in weiterer Folge ein Lymphödem auftreten. Wurden z.B. bei einer Brustkrebsoperation Lymphknoten in der Achselhöhle entfernt, ist das Risiko erhöht, dass sich ein Lymphödem am Arm der betroffenen Seite entwickelt. Dabei kann es unmittelbar nach der Behandlung, aber auch noch Monate bis Jahre später zu einem Lymphödem kommen. Auch bei anderen Krebserkrankungen wie beispielsweise bei Hals-Kopf-Tumoren oder einem Melanom kann es zu einem Lymphödem kommen.
- Parasiten: Die weltweit häufigste Ursache für ein sekundäres Lymphödem ist die in tropischen und subtropischen Gebieten vorkommende Filariose. Bei dieser Erkrankung werden u.a. die Lymphgefäße von Fadenwürmern verschlossen und sind chronisch entzündet. Dadurch können die Beine, Genitalien oder andere Körperteile massiv anschwellen. Mit der Zeit wird die Haut immer rauer und härter und es bilden sich große Hautfalten. Fachleute bezeichnen diese schwere Form eines Lymphödems als „Elephantiasis“. Die betroffene Person hat starke Schmerzen und wird mit der Zeit durch das Lymphödem körperlich sehr eingeschränkt. Auch im Rahmen anderer Infektionskrankheiten, wie z.B. Syphilis, Zellulitis oder Tuberkulose, kann es zu einem Lymphödem kommen.
- Chronische Entzündungen: z.B. Lymphangitis, Arthritis
- Starkes Übergewicht kann die Entstehung eines Lymphödems begünstigen, bzw. ein bereits bestehendes verschlechtern.
Welche Symptome können bei einem Lymphödem auftreten?
Ein Lymphödem kann überall im Körper entstehen. Am häufigsten sind Arme und Beine betroffen. Typisch für ein Lymphödem ist, dass es meist nur auf einer Körperseite auftritt. Dabei entwickeln sich die Beschwerden oft schleichend nach und nach: Zunächst kann der betroffenen Person auffallen, dass ein Körperteil im Laufe des Tages immer wieder anschwillt und sich schwerer anfühlt. In diesem Stadium der Erkrankung wird die Schwellung besser, wenn das betroffene Körperteil hochgelagert wird. Drückt man mit dem Finger darauf, bleibt eine Delle zurück, die nach einiger Zeit wieder verschwindet.
Mit der Zeit nimmt die Schwellung immer mehr zu, Kleidung und Schmuck werden zunehmend enger und hinterlassen Abdrücke. In vielen Fällen können betroffene Arme oder Beine immer schlechter bewegt werden. Schließlich bringt auch das Hochlagern keine Erleichterung mehr, und die Schwellung bleibt dauerhaft bestehen. Wird das Lymphödem nicht behandelt, wird die geschwollene Körperstelle zunehmend härter, und die darüberliegende Haut verändert sich. Starke Schmerzen, Juckreiz oder ein Taubheitsgefühl können dazukommen. Im späten Stadium eines Lymphödems besteht eine erhöhte Infektionsgefahr an der betroffenen Stelle: Kleinste Verletzungen können zu einer schweren Infektion und Entzündung führen. So kann es zu wiederholten Hautinfektionen, Erysipel oder einer Lymphangitis kommen. In seltenen Fällen kann sich durch ein fortgeschrittenes Lymphödem eine lebensbedrohliche Sepsis entwickeln.
Ein fortgeschrittenes Lymphödem kann sich sehr störend auf den Alltag und die Lebensqualität der betroffenen Person auswirken. Schwellung, Schmerzen und eine eingeschränkte Beweglichkeit können sehr belastend für die betroffene Person sein.
Wie wird die Diagnose gestellt?
Fachleute empfehlen, schon bei den ersten Beschwerden eine Ärztin oder einen Arzt aufzusuchen. Die Diagnose ergibt sich oft schon aus der genauen Anamnese und den bestehenden Beschwerden.
Bei der anschließenden körperlichen Untersuchung tastet die Ärztin oder der Arzt u.a. die Lymphknoten ab und untersucht die Haut auf Veränderungen. Sind Arme oder Beine betroffen, wird der Arm- oder Beinumfang gemessen. Je nach Fall empfiehlt die Ärztin oder der Arzt zusätzliche Untersuchungen. Beispielsweise eine Ultraschalluntersuchung der Blut- und Lymphgefäße, eine CT oder MRT oder eine Lymphszintigraphie.
Welche Möglichkeiten der Behandlung eines Lymphödems gibt es?
Das Lymphödem ist eine andauernde, chronische Erkrankung, daher ist in vielen Fällen eine lebenslange Therapie notwendig. Unbehandelt schreitet die Erkrankung immer weiter fort und kann zu schweren Komplikationen führen.
Die Therapie besteht aus mehreren Bausteinen, die je nach Stadium der Erkrankung miteinander kombiniert werden können. Fachleute bezeichnen diese Form der Therapie als „komplexe physikalische Entstauungstherapie“. Ziel dieser Behandlung ist, den Abfluss der angestauten Flüssigkeit anzuregen. Dadurch kann in vielen Fällen die Schwellung verringert, die Beschwerden gelindert und ein weiteres Voranschreiten der Erkrankung verhindert werden. Bei Entzündungen können Medikamente wie Antibiotika helfen.
Zur komplexen physikalischen Entstauungstherapie zählen:
- Manuelle Lymphdrainage: Speziell ausgebildete Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten können durch eine spezielle Massagetechnik den Abtransport der gestauten Lymphe anregen.
- Kompressionstherapie: Mithilfe spezieller eng anliegender Kompressionsverbände oder Kompressionskleidung, wie beispielsweise Strümpfe oder Handschuhe, wird stetig Druck auf das gestaute Gewebe ausgeübt. Dadurch kann der Abfluss der Lymphe verbessert und die Schwellung verringert werden. Kompressionsverbände werden von Ärztinnen oder Ärzten, Pflegekräften oder Physiotherapeutinnen oder Physiotherapeuten angelegt. Für eine optimale Wirksamkeit sollte die Kompressionskleidung weder zu eng noch zu weit anliegend sein. Aus diesem Grund empfehlen Fachleute, diese in einem Fachgeschäft nach Maß anfertigen zu lassen.
- Intermittierende pneumatische Kompression, IPC: Diese spezielle Methode der Kompressionstherapie kann in bestimmten Fällen ergänzend eingesetzt werden. Dabei wird eine Manschette um den betroffenen Arm oder das Bein gelegt. Diese wird mit wechselndem Druck aufgepumpt, wodurch die angestaute Flüssigkeit aus dem Arm oder Bein gedrückt werden soll.
- Bewegung: Ein weiterer wichtiger Baustein bei der Behandlung eines Lymphödems ist Bewegung. Durch gezielte Gymnastik kann der Lymphabfluss zusätzlich gefördert werden. Mithilfe einer Physiotherapeutin oder eines Physiotherapeuten kann das Bewegungsprogramm auf die persönlichen Bedürfnisse der betroffenen Person abgestimmt werden. Hilfreich können auch Sportarten wie Nordic Walking oder Laufen sein. Fachleute raten auch, während der sportlichen Betätigung Kompressionskleidung zu tragen.
- Hautpflege: Durch das Lymphödem und die Kompressionstherapie wird die Haut in Mitleidenschaft gezogen. Fachleute empfehlen, die Haut regelmäßig mit feuchtigkeitsspendenden Cremes oder Lotionen zu pflegen.
Erst wenn all diese Maßnahmen mindestens sechs Monate lang durchgeführt worden sind und sich das Lymphödem dadurch nicht ausreichend gebessert hat, empfehlen Fachleute in manchen Fällen eine Operation. Allerdings können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler derzeit nicht sagen, ob und wie lange ein Lymphödem durch eine Operation gebessert werden kann.
Lymphödem: Was kann die betroffene Person selbst tun?
Menschen, die bereits einmal ein Lymphödem hatten, neigen auch nach erfolgreicher Therapie lebenslang dazu, wieder ein Lymphödem zu entwickeln. Um einen Rückfall und Entzündungen des betroffenen Körperteils zu vermeiden, empfehlen Fachleute bestimmte Verhaltensregeln.
Dazu zählen u.a.:
- Kompressionskleidung tragen: Auch wenn sich durch die Therapie die Beschwerden gebessert haben, empfehlen Fachleute, weiterhin individuell angepasste Kompressionskleidung zu tragen.
- Zu enge, einschnürende Kleidung vermeiden.
- Die betroffenen Gliedmaßen hochlagern. Wenn das Bein betroffen ist, empfehlen Fachleute, langes Stehen, Sitzen oder das Überkreuzen der Beine zu vermeiden.
- Die Haut sauber halten und gut pflegen.
- Verletzungen und Infektionen am betroffenen Körperteil nach Möglichkeit vermeiden, z.B. Handschuhe beim Kochen oder bei der Gartenarbeit tragen, bei der Nagelpflege Verletzungen vermeiden. Hautverletzungen sollten sofort behandelt werden, z.B. Wunden sorgfältig desinfizieren.
- Bei Anzeichen für eine Entzündung, wie gerötete, überwärmte Haut oder Fieber, ärztlichen Rat einholen. Dahinter kann eine Infektion mit Bakterien, wie beispielsweise bei einem Erysipel, stecken.
- Bewegung: Fachleute empfehlen, weiterhin regelmäßige Bewegung und spezielle Übungen zu machen, die den Lymphabfluss anregen.
- Bei starkem Übergewicht Gewicht verringern.
- Heiße Bäder, Sauna- und Dampfbadbesuche vermeiden.
- Auf mögliche Warnzeichen für ein Lymphödem, wie beispielsweise zunehmende Schwellung, Schmerzen oder Hautveränderungen, achten. Bei Veränderungen ärztlichen Rat einholen. Das gilt auch für Personen mit einem erhöhten Risiko für ein Lymphödem, beispielsweise Frauen nach einer Brustkrebsbehandlung.
Wohin kann ich mich wenden?
Bei Verdacht auf ein Lymphödem können Sie sich an eine Ärztin oder einen Arzt für Allgemeinmedizin bzw. eine Fachärztin oder einen Facharzt für Interne Medizin wenden. Diese/dieser wird Sie in eine Spezialeinrichtung bzw. ein Krankenhaus überweisen, falls dies notwendig sein sollte.
Wie erfolgt die Abdeckung der Kosten?
Die e-card ist Ihr persönlicher Schlüssel zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Alle notwendigen und zweckmäßigen Diagnose- und Therapiemaßnahmen werden von Ihrem zuständigen Sozialversicherungsträger übernommen. Bei bestimmten Leistungen kann ein Selbstbehalt oder Kostenbeitrag anfallen. Detaillierte Informationen erhalten Sie bei Ihrem Sozialversicherungsträger. Weitere Informationen finden Sie außerdem unter:
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 5. März 2025
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Univ.Prof. Dr.in. Marianne Brodmann, Fachärztin für Innere Medizin