Behandlung von Harninkontinenz
Inhaltsverzeichnis
Nicht medikamentöse Maßnahmen: Was kann bei Harninkontinenz helfen?
Es gibt verschiedene nicht medikamentöse Maßnahmen, um eine Harninkontinenz zu behandlen. Dazu zählen:
Beckenbodentraining
Mit speziellen Übungen lernt man, die Muskeln des Beckenbodens anzuspannen und zu entspannen. Physiotherapeutinnen oder Physiotherapeuten helfen, die richtige Technik anzuwenden und unterschiedlichste Übungen zu erlernen.
Mit Beckenbodentraining kann z.B. nach einer Schwangerschaft oder Geburt die Muskulatur gestärkt und die Kontinenz verbessert werden. Dabei können Hebammen unterstützen. Auch nach einem operativen Eingriff im Bereich des Harntrakts oder der Prostata ist Beckenbodentraining eine Möglichkeit, um die Kontinenz zu fördern.
Biofeedback
In Ergänzung zum Beckenbodentraining kann Biofeedback zur Verbesserung der Beschwerden bei Belastungsinkontinenz beitragen. Beim Biofeedback wird die Muskelspannung gemessen. Dadurch spüren Betroffene Schwachstellen der Beckenbodenmuskulatur und können gezielt daran arbeiten. Zur Messung werden Hautelektroden oder Sonden in der Vagina oder im Anus verwendet.
Biofeedback kann auch mit Elektrostimulation durchgeführt werden. Dabei wird mithilfe von Elektroden die Beckenbodenmuskulatur stimuliert. Die Elektroden einer Elektrostimulation werden, ähnlich wie beim Biofeedback, in der Vagina oder im Anus angebracht. Auch eine Elektrostimulation nahe des Schienbeinnervs ist eine Möglichkeit.
Blasentraining
Beim Blasentraining wird geübt, den Gang zur Toilette zu bestimmten Zeiten einzuhalten, zum Beispiel alle zwei Stunden. Man lernt wieder, den Harn zurückzuhalten und den Drang zu unterdrücken. Der Toilettengang erfolgt aber auch zum geplanten Zeitpunkt, wenn kein Harndrang besteht. Mit der Zeit kann der Zeitabstand verlängert werden. Blasentraining wird zum Beispiel in urologischen Arztpraxen angeboten.
Lebensstiländerungen – Was können Betroffene selbst tun?
- Übergewicht reduzieren: Übergewicht verursacht einen erhöhten Druck auf den Beckenboden. Bei Inkontinenz kann eine Gewichtsabnahme den Druck auf den Beckenboden reduzieren. Dabei unterstützen regelmäßige Bewegung und eine gesunde Ernährung.
- Harntreibende Getränke und Speisen vermeiden: Koffeinhaltige Getränke wie Schwarztee und Kaffee, alkoholische oder kohlensäurehaltige Getränke fördern den Harndrang. Dies ist besonders relevant bei Dranginkontinenz, wenn bereits vermehrter Harndrang besteht. Auch bestimmte scharfe und saure Speisen können die Blase irritieren.
- Trinken anpassen: Die empfohlene Trinkmenge - täglich ungefähr 1,5 bis zwei Liter - sollte gleichmäßig auf den Tag verteilt werden. Zu wenig zu trinken führt zu konzentriertem Harn und verstärkt den Harndrang. Flüssigkeiten zu meiden vermindert nicht die Symptome einer Inkontinenz, sondern führt zu weiteren Gesundheitsproblemen wie Kreislaufprobleme und Schwindel.
Medikamente zur Behandlung von Harninkontinenz
Wenn nicht medikamentöse Maßnahmen keine Wirkung zeigen, kann die Ärztin oder der Arzt eine medikamentöse Behandlung vorschlagen. Je nach Ursache und Form der Harninkontinenz stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung. Die Ärztin oder der Arzt klärt über die Wirkung und die Wahrscheinlichkeit möglicher unerwünschter Nebenwirkungen auf.
Zum Beispiel gibt es spezielle Medikamente, etwa Anticholinergika, die zur Behandlung einer Dranginkontinenz eingesetzt werden. Sie unterstützen eine Entspannung der Blase.
Medikamente zur Regulierung des Hormonspiegels können Patientinnen mit Belastungsinkontinenz helfen. Hormonmangel bei Frauen in der Menopause kann die Durchblutung der Harnröhre verringern und zu einem erschwerten Blasenverschluss beitragen.
Blasenentzündungen führen zu starkem Harndrang und sollten immer ärztlich abgeklärt werden. In manchen Fällen ist auch eine ärztlich verordnete Einnahme von Antibiotika notwendig.
Operative Therapien
Sind andere Maßnahmen erfolglos, kann auch eine Operation durchgeführt werden. Es gibt verschiedene operative Eingriffe zur Behandlung einer Harninkontinenz. Die Möglichkeiten richten sich u.a. nach der Form der Harninkontinenz, den Beschwerden und dem Gesundheitszustand der Patientin oder des Patienten. Welche Behandlung sinnvoll ist, wird mit der Ärztin oder dem Arzt besprochen.
Bei Belastungsinkontinenz wird meist die sogenannte „Schlingenoperation“ durchgeführt. Bei diesem minimal-invasiven Verfahren wird ein bestimmter Bereich der Harnröhre durch das Einsetzen einer künstlichen Schlinge unterstützt und stabilisiert.
Hinweis
Die Therapien der Belastungs- und Dranginkontinenz sind auch bei einer Mischinkontinenz möglich. Bei Überlaufinkontinenz aufgrund einer vergrößerten Prostata stehen spezielle Arzneimittel zur Verfügung oder eine Operation.
Tipps für den Alltag bei Harninkontinenz
Harninkontinenz kann den Alltag, vor allem den sozialen Kontakt, erschweren. Diese Tipps geben Sicherheit bei Angst vor Gerüchen oder Flüssigkeiten:
Hilfsmittel
Neben modernen Therapieverfahren gibt es unterschiedlichste Hilfsmittel, die den Alltag mit Inkontinenz erleichtern:
- Aufsaugende Hilfsmittel: Vorlagen gibt es in unterschiedlichen Saugstärken, und sie sollten nicht in zu locker sitzender Unterwäsche eingesetzt werden, da dadurch der Schutz herabgesetzt ist. Unterlagen helfen, das Bett zu schützen, und Inkontinenzslips (auch Inkontinenz-Windeln genannt) helfen bei stärkerer Inkontinenz. Wer gerne schwimmt, kann spezielle Inkontinenz-Bademode ausprobieren. Viele (aufsaugende) Hilfsmittel sind in Drogeriemärkten und Apotheken erhältlich.
- Inkontinenz und Sexualität: Kleine Schutzstreifen, die zwischen die Schamlippen der Frau platziert werden, bieten Unterwäsche-Schutz bis kurz vor dem Geschlechtsverkehr. Mehr Informationen finden Sie im Factsheet Blase, Darm und Sexualität der Medizinischen Kontinenzgesellschaft Österreich.
- Ableitende Hilfsmittel: Katheter, Kondomurinale oder Urinableiter leiten den Harn direkt ab.
- Weitere Hilfsmittel bei Inkontinenz: Inkontinenztampons, Pessare und Utensilien für das Training der Beckenbodenmuskulatur.
Hinweis
Fachleute raten davon ab, Penisklemmen, -bänder oder Harnröhrenstöpsel anzuwenden, da sie zu Schäden der Harnröhre und Infektionen führen können. Patientinnen und Patienten können sich bei den behandelnden Ärztinnen oder Ärzten oder Kontinenzpersonal über passende Hilfsmittel beraten lassen.
Harntreibende Getränke vermeiden
Koffeinhaltige Getränke wie Schwarztee und Kaffee, alkoholische oder kohlensäurehaltige Getränke fördern den Harndrang. Dies ist besonders relevant bei Dranginkontinenz, wo bereits vermehrter Harndrang besteht.
Trinken
Täglich sollten zwischen 1,5 und zwei Liter Flüssigkeit getrunken werden, denn konzentrierter Harn führt zu vermehrtem Harndrang. Auch Obst und Gemüse enthält reichlich Wasser. Flüssigkeiten zu meiden vermindert nicht die Symptome einer Inkontinenz, sondern führt zu weiteren Gesundheitsproblemen wie Kreislaufprobleme und Schwindel.
Darüber sprechen
Das Thema Inkontinenz wird stark tabuisiert und führt in vielen Fällen zu einer verspäteten Therapie. Viele Personen gehen davon aus, dass Inkontinenz eine Alterserscheinung ist, für die es keine Therapie gibt, was jedoch nicht der Fall ist. Je eher die Diagnose gestellt und die Inkontinenz behandelt wird, desto höher sind die Chancen auf Besserung und Heilung.
Wohin kann ich mich bei Harninkontinenz wenden?
Für die Behandlung einer Harninkontinenz stehen folgende Ansprechstellen zur Verfügung:
- Ärztin oder Arzt für Allgemeinmedizin
- Fachärztin oder Facharzt für Urologie
- Fachärztin oder Facharzt für Gynäkologie
- Fachärztin oder Facharzt für Neurologie, bei neurologischen Ursachen
- Fachärztin oder Facharzt der Geriatrie bei alten und pflegebedürftigen Menschen
- Inkontinenzambulanz an Krankenhäusern
Sie können sich auch vorab per Telefon bei der Medizinischen Kontinenzgesellschaft Österreich unter der Telefonnummer 0810/100 455 unverbindlich und kostenlos beraten lassen.
Für ein Beckenbodentraining können Sie sich mit einer ärztlichen Verordnung u.a. an Physiotherapeutinnen und -therapeuten wenden.
Spezialisierte Pflegefachkräfte bieten Beratung und Unterstützung bei Betreuung von Personen mit Inkontinenz. Hier finden Sie Pflegeberatungsstellen im Bundesland.
Wie erfolgt die Abdeckung der Kosten?
Die e-card ist Ihr persönlicher Schlüssel zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Alle notwendigen und zweckmäßigen Diagnose- und Therapiemaßnahmen werden von Ihrem zuständigen Sozialversicherungsträger übernommen.
Bei bestimmten Leistungen kann ein Selbstbehalt oder Kostenbeitrag anfallen. Detaillierte Informationen erhalten Sie bei Ihrem Sozialversicherungsträger. Weitere Informationen finden Sie außerdem unter:
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 28. Februar 2024
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Prim. Univ.Doz. Dr. Eugen Plas, Facharzt für Urologie