Nieren & Harnwege: Basis-Info
Inhaltsverzeichnis
Nieren: Aufbau, Lage und Form
Normalerweise hat jeder Mensch zwei Nieren. Sie liegen links und rechts entlang der Wirbelsäule am unteren Ende des Brustkorbes. Die rechte Niere liegt etwas tiefer als die linke, da sich darüber die Leber befindet. Der Fachbegriff für Niere lautet Ren bzw. Nephros.
Die Nieren haben eine bohnenähnliche Form. Sie sind jeweils etwa drei bis vier Zentimeter dick, fünf bis sechs Zentimeter breit und zehn bis zwölf Zentimeter lang. Dies ist circa so groß wie eine geballte Faust. Auf beiden Nieren sitzt jeweils – wie ein Mützchen – eine Nebenniere. Die Nebennieren gehören zu den Hormondrüsen. Sie produzieren unter anderem das lebenswichtige Hormon Kortisol.
Jede Niere ist von einer dreischichtigen Hülle aus Fett und Bindegewebe umgeben. Sie wird als Nierenkapsel bezeichnet. Die Nierenkapsel dient zum Schutz der Niere und zu deren Stabilität und Verankerung im Gewebe.
Jede Niere hat an der Seite, die zur Wirbelsäule gerichtet ist, eine Vertiefung. In der Mitte dieser Vertiefung liegt die sogenannte Nierenpforte bzw. der Hilus der Niere: Hier verlaufen die Blutgefäße, Lymphgefäße und Nerven der Niere sowie der Harnleiter. Im Inneren der Niere unterscheidet man die Nierenrinde und das pyramidenförmige Nierenmark. Dort finden komplexe Filter- und Transportvorgänge statt, wodurch schließlich Harn entsteht.
Der Harn fließt über sogenannte Nierenkelche in das Nierenbecken und von dort weiter in den Harnleiter und zur Harnblase.
Welche Aufgaben haben die Nieren?
Die Nieren erfüllen im Körper vielfältige Funktionen. Dazu zählen:
Reinigung des Blutes und Harnproduktion
Die Nieren sind sozusagen die Kläranlagen des Körpers. Sie filtern Stoffe aus dem Blut, die dem Körper ansonsten schaden würden. Dazu zählen Abfallprodukte, die im Stoffwechsel entstehen, wie Ammoniak, Kreatinin, Harnstoff und Harnsäure. Diese Stoffe werden auch als harnpflichtige Substanzen bezeichnet. Auch der Abbau von Medikamenten kann zu giftigen Stoffen führen, die aus dem Körper entfernt werden müssen. Endprodukt des komplexen Vorgangs der Blutreinigung ist der Harn. Mit ihm werden die harnpflichtigen Substanzen und Gifte aus dem Körper transportiert.
Regulation des Wasser- und Elektrolythaushaltes
Die Nieren scheiden auch die überschüssige Menge an Flüssigkeit aus, die der Körper nicht benötigt. Wie viel Flüssigkeit sie ausscheiden, ist unterschiedlich und hängt unter anderem davon ab, wie viel Flüssigkeit gerade in den Blutgefäßen ist. Über komplexe Regulationsmechanismen können die Nieren die Ausscheidung von Wasser und Elektrolyten an den jeweiligen Bedarf anpassen.
Regulation von Blutvolumen und Blutdruck
Die Nieren haben auch einen wichtigen Einfluss auf den Blutdruck. Über den Wasser- und Elektrolythaushalt können sie auch das Blutvolumen und den Blutdruck beeinflussen: Wenn die Nieren weniger Wasser ausscheiden, steigen das Blutvolumen und damit auch der Blutdruck an. Wenn sie mehr Wasser ausscheiden, sinken Blutvolumen und Blutdruck.
Hormonproduktion
Bestimmte Zellen in der Niere produzieren Hormone, dazu zählen:
- Renin: Renin hat ebenfalls einen Einfluss auf den Blutdruck: Wird es ausgeschüttet, führt es im Zusammenspiel mit zwei weiteren Hormonen - Angiotensin und Aldosteron - dazu, dass der Blutdruck ansteigt. Fachleute sprechen auch vom Renin-Angiotensin-Aldosteron-System.
- Erythropoetin: Erythropoetin, kurz: EPO, regt die Bildung von roten Blutkörperchen an.
- Calcitriol: Dies ist die im Körper wirksame Form von Vitamin D. Das bedeutet: Die Vorstufen von Vitamin D, die mit der Nahrung aufgenommen oder in der Haut gebildet werden, müssen in der Niere zu Calcitriol umgewandelt werden, um wirken zu können. Calcitriol hat unter anderem einen Einfluss auf die Kalziummenge im Körper und ist wichtig für den Knochenstoffwechsel.
Regulation des Säure-Basen-Haushaltes
Die Nieren regulieren auch die Ausscheidung bestimmter Ionen, z.B. Wasserstoff und Bicarbonat. Damit haben sie einen wichtigen Einfluss darauf, wie sauer oder basisch das Blut ist bzw. wie hoch der pH-Wert des Blutes ist. Ein gleichbleibender pH-Wert im Blut ist wichtig, damit biochemische Prozesse im Körper optimal ablaufen und der Körper normal arbeiten kann. Der pH-Wert beeinflusst z.B., wie gut das Blut Sauerstoff transportieren kann. Zusammen mit der Lunge und der Leber halten die Nieren das Säure-Basen-Gleichgewicht im Körper aufrecht.
Einfluss auf Stoffwechselprozesse
Wenn sich im Blut zu wenig Zucker bzw. Glukose befindet, kann die Niere selbst Glukose herstellen. Dies wird als Gluconeogenese bezeichnet. Bei sehr hohem Energiebedarf wird dadurch sichergestellt, dass Gehirn und rote Blutkörperchen die benötigte Glukose erhalten.
Wie arbeiten die Nieren?
Im Vordergrund der Nierenfunktion stehen die Reinigung des Blutes und die Produktion des Harnes. Die Nieren arbeiten nach folgendem Prinzip:
Durch die Nierenarterie, auch: Arteria renalis, fließt Blut in die Niere. Es enthält Abfallprodukte, die im Stoffwechsel entstehen oder mit der Nahrung aufgenommen wurden. Die Nieren gehören zu den am stärksten durchbluteten Organen des Körpers: Pro Minute fließen durch beide Nieren rund 1,2 Liter Blut, das entspricht pro Tag einem Volumen von insgesamt 1.800 Litern.
Das Blut fließt in der Niere durch die sogenannten Nierenkörperchen. Jede Niere enthält rund eine Million solcher Nierenkörperchen. Sie sind die eigentlichen Filterstationen der Niere und bestehen jeweils aus einem Knäuel kleinster Blutgefäße, dem Glomerulum, und einer Kapsel, die das Glomerulum umgibt.
Die Wand des Glomerulum hat winzige Poren: Wasser, Salze, einfach gebaute Zucker sowie Abfallstoffe, Rückstände von Medikamenten oder ähnliche Stoffe können durch sie hindurchtreten. Sie werden aus dem Blut herausgefiltert. So entsteht der sogenannte Primärharn. Er gelangt in den Kapselraum rund um das Glomerulum. Größere Bestandteile wie Eiweiße und Blutkörperchen können nicht durch die Poren des Glomerulum durchtreten und bleiben im Blut. Das gefilterte Blut fließt über ein ableitendes Gefäß wieder aus dem Nierenkörperchen hinaus.
Hinweis
Die Menge, die pro Minute als Primärharn abgefiltert wird, wird als glomeruläre Filtrationsrate, kurz: GFR, bezeichnet. Sie kann mithilfe einer Berechnungsformel abgeschätzt werden und dient zur Beurteilung der Funktionsleistung der Nieren.
Der Primärharn fließt aus dem Kapselraum weiter in kleine Harnkanälchen, die sogenannten Tubuli der Niere. Die Tubuli verlaufen röhrenförmig durch Nierenmark und Nierenrinde und sind von einem Netz kleinster Blutgefäße umgeben. Zwischen den Tubuli und den Blutgefäßen finden weitere Flüssigkeits- und Stoffaustauschprozesse statt:
Im Primärharn befinden sich manche Stoffe, die der Körper eigentlich noch braucht, z.B. Zucker sowie ein Teil der herausgefilterten Salze und des Wassers. Sie werden in den Tubuli teilweise oder vollständig wieder zurück in den Blutkreislauf eingespeist. So wird aus dem Primärharn schließlich der Endharn. Der Austausch zwischen Blutgefäßen und Tubuli wird unter anderem durch die unterschiedlichen Druckverhältnisse zwischen den beiden Systemen und durch den Einfluss bestimmter Hormone gesteuert.
Die Tubuli vereinigen sich in ihrem Verlauf zu immer größeren Kanälen: Zunächst zu sogenannten Sammelrohren und weiter zu sogenannten Papillengängen und Nierenkelchen. Sie münden schließlich in das Nierenbecken. Von dort gelangt der Harn in den Harnleiter und fließt zur Harnblase. Die Nieren produzieren täglich rund 170 Liter Primärharn. Davon gelangen jedoch nur rund 1,7 Liter als Harn in die Harnblase und werden ausgeschieden.
Hinweis
Der Mensch kann auch mit nur einer Niere leben – vorausgesetzt diese ist gesund und hat genug funktionierende Nierenkörperchen. Erst wenn deren Anzahl um rund 60 bis 70 Prozent abnimmt, tritt ein Nierenversagen auf.
Harnleiter, Harnblase & Harnröhre
Die beiden Harnleiter, die Harnblase und die Harnröhre bilden zusammen mit dem Nierenbecken die sogenannten ableitenden Harnwege. Sie sind für den Transport des Harns von der Niere bis zur äußeren Öffnung des Harntraktes zuständig.
Harnleiter (Ureter)
Es gibt im Körper zwei Harnleiter: Jeder Harnleiter verbindet jeweils eine Niere – genauer: das Nierenbecken – mit der Harnblase. Ein Harnleiter ist etwa 30 bis 35 Zentimeter lang.
Die Harnleiter haben zwei Aufgaben:
- Sie fangen den Harn aus dem Nierenbecken auf und leiten ihn weiter zur Harnblase. In der Wand der Harnleiter befindet sich eine Muskelschicht, die sich in regelmäßigen Abständen zusammenzieht. Dies bewirkt, dass der Harn zur Blase weitertransportiert wird und sich nicht im Nierenbecken anstaut, z.B. im Liegen.
- Sie besitzen einen Verschlussmechanismus, der verhindert, dass Harn aus der Blase in die Harnleiter zurücklaufen kann.
Harnblase (Vesica urinaria)
Die Harnblase ist das Sammelbecken für den von der Niere produzierten Harn. Sie liegt im kleinen Becken hinter dem Schambein. Die leere Harnblase hat die Form eines schlaffen Sackes. Mit zunehmender Füllung dehnt sie sich und wird prall und kugelförmig.
Die Harnblase hat fünf verschiedene Wandschichten, die aus Schleimhaut, Muskel- und Bindegewebe bestehen. Diese Gewebsstruktur ermöglicht es, dass die Harnblase einerseits sehr elastisch ist, sich aber andererseits für die Entleerung zusammenziehen kann.
Die maximale Füllmenge der Harnblase beträgt bei Frauen etwa 500 ml, bei Männern etwa 700 ml Harn. Harndrang entsteht etwa ab einer Füllmenge von 150 bis 200 ml. Nerven in der Blasenwand registrieren die Dehnung der sich füllenden Harnblase und leiten die Information an das Gehirn weiter.
Normalerweise fließt der Harn nicht unkontrolliert aus der Harnblase ab. Diese Fähigkeit wird als Kontinenz bezeichnet. Die Blasenentleerung, auch als Miktion bezeichnet, lässt sich willentlich steuern. Sowohl für das Halten des Harns als auch für die kontrollierte Entleerung der Harnblase ist ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Muskeln, Nervensignale und Hormone notwendig. Die Steuerung erfolgt über Gehirn und Rückenmark. Funktionieren diese Mechanismen nicht, kann es zu Störungen der Blasenkontrolle bzw. Harninkontinenz kommen.
Harnröhre (Urethra)
Die Harnröhre leitet den Harn aus der Harnblase nach außen. Beim Mann ist sie zudem für den Transport der Spermien während der Ejakulation zuständig.
Die Harnröhre verläuft vom sogenannten inneren Harnblasenmund durch den Beckenboden zum äußeren Harnblasenmund. Es gibt anatomische Unterschiede zwischen der weiblichen und der männlichen Harnröhre:
- Bei Frauen verläuft die Harnröhre relativ gerade entlang der Vorderwand der Scheide zum Scheidenvorhof. Sie ist nur etwa drei bis fünf Zentimeter lang. Durch diesen kurzen Verlauf können Bakterien relativ leicht von außen in die Blase gelangen. Daher treten Blasenentzündungen und andere Harnwegsinfektionen bei Frauen häufiger auf als bei Männern.
- Bei Männern ist die Harnröhre rund 20 bis 25 Zentimeter lang. Sie führt durch den Penis und ist in ihrem Verlauf s-förmig gekrümmt. Im oberen Teil wird die Harnröhre von der Prostata umschlossen, wobei Ausführungsgänge aus der Prostata in die Harnröhre münden. Im Penis verläuft die Harnröhre entlang der Schwellkörper und mündet an der Eichel.
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 12. Dezember 2024
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Prof. Dr.med.univ. Gert Johann Mayer, Facharzt für Innere Medizin, Zusatzfach Nephrologie