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Angststörung

Angst ist ein normales Gefühl, das vor gefährlichen Situationen schützt bzw. hilft, diese zu vermeiden. Sie ist ein normaler Bestandteil des Lebens und hat einen großen Stellenwert im Alltag. Angst dient als biologisch angelegtes Verhaltensmuster der Wahrnehmung von Gefahren, der Reaktion darauf sowie auch der Vermeidung von gefährlichen Situationen.

Wenn die Angst jedoch übermäßig stark wird und den Alltag einschränkt, kann das auf eine Angststörung hinweisen. Erfahren Sie mehr zu Ursachen, Diagnose und Therapie von Angststörungen.

Angststörung: Was ist das?

Als Angststörung werden intensive, lang anhaltende Angstzustände bezeichnet. Die Angst ist dabei so groß, dass sie für die meisten außenstehenden Personen nicht nachvollziehbar erscheint. Die Angststörung schränkt die psychische und soziale Funktionsfähigkeit ein. Angststörungen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Spezifische Ängste – sogenannte Phobien (z.B. vor Höhe oder Spinnen) – treten am häufigsten auf. Angststörungen können sich stark auf das Alltagsleben auswirken. Sie erhöhen zudem das Risiko für eine Depression sowie Abhängigkeitserkrankungen (z.B. Alkoholabhängigkeit).

Hinweis

Angststörungen können das Suizidrisiko erhöhen. Sie denken an Suizid, machen sich um jemanden Sorgen oder haben einen Menschen aufgrund eines Suizidtodesfalls verloren? Erste-Hilfe-Tipps, Notfallkontakte und Hilfsangebote in Ihrem Bundesland sowie weiterführende Informationen zur Bewältigung dieser Notsituation finden Sie auf dem Österreichischen Suizidpräventionsportal.

Welche Risikofaktoren für Angststörungen gibt es?

Frauen sind häufiger als Männer von Angststörungen betroffen. Die Gründe dafür sind allerdings unklar. Es ist möglich, dass Frauen häufiger Hilfe suchen und daher bei ihnen Angststörungen öfter statistisch erfasst werden. Getrennt lebende, geschiedene oder verwitwete Personen leiden meist häufiger unter Angststörungen als verheiratete oder ledige. Traumatische Erlebnisse können ein Risikofaktor für eine Panikstörung mit Panikattacken sein.

Welche Ursachen haben Angststörungen?

Es gibt derzeit noch kein allgemein anerkanntes und umfassend erklärendes Modell, wie Angststörungen entstehen. Allerdings existieren verschiedene Theorien. Diese versuchen die Ursachen aus der jeweiligen wissenschaftlichen Perspektive zu klären. Zugrunde liegt das sogenannte Vulnerabilitäts-Stress-Modell. Dieses geht davon aus, dass es Risikofaktoren gibt. Kommt es zudem noch zu belastenden äußeren Faktoren, zeigen sich Symptome.

Zudem gibt es folgende Auslöser, die als Ursachen für Angststörungen angenommen werden:

  • Genetische Faktoren: Erhöhtes Risiko, wenn ein Elternteil an einer Angststörung leidet (schwankend zusätzlich in Abhängigkeit von den Lebensbedingungen im Alltag).
  • Veränderungen des Gehirns in manchen Gehirnregionen: Zum Beispiel in der Hirnrinde, dem limbischen System oder Hirnstamm.
  • Änderungen im Gehirnstoffwechsel: Akute Belastungen führen zur Ausschüttung von vermehrten „Stresshormonen“ (z.B. Adrenalin, Kortisol).
  • Innere Konflikte: Übermäßige Angst kann die Folge eines (unbewussten) inneren Konfliktes sein (z.B. in Hinblick auf eine Bindung zu einem anderen Menschen).
  • Bestimmte Denk- und Lernvorgänge: Dabei spielen Erfahrungen, die Ängste hervorrufen, und Vermeidungsverhalten eine Rolle. Oder auch das sogenannte Lernen am Modell: Menschen im Umfeld zeigen Angstverhalten. Dieses wird von Betroffenen – teilweise verstärkt – übernommen. Auch nicht direkt erlebte Situationen können Ängste auslösen (z.B. Erzähltes oder Berichte in den Medien).

Integrative Modelle

Integrative Modelle gehen davon aus, dass biologisch-körperliche, psychische und soziale Faktoren zusammenwirken. Es werden dabei folgende wichtige Faktoren unterschieden:

  • Verursachende Faktoren: Z.B. genetische Veranlagung, Persönlichkeitsfaktoren, Erziehungseinflüsse.
  • Auslösende Faktoren: Sind verursachende Faktoren vorhanden, können Auslöser die Angststörung „aktivieren“. Dazu zählen z.B. traumatische Erfahrungen, akute Belastungssituation, Stress, körperliche Erkrankungen, Drogen/Alkohol/Koffein, Konflikte.
  • Aufrechterhaltende Faktoren: Dazu gehören etwa Vermeidungsverhalten, die Angst fördernde Denkmuster, fehlende Kontrolle über die Gefühle, Hemmung von Gefühlen, Verdrängung von Konflikten sowie soziale ungünstige Einflüsse (z.B. Probleme in der Familie).

Hinweis

Angst kann auch auf tatsächlicher Gefährdung beruhen – etwa bei psychischer oder körperlicher Gewalt.

Welche Formen von Angststörungen gibt es?

Es gibt unterschiedliche Arten von Angststörungen. Von einer Panikstörung bis zu spezifischen Ängsten – etwa vor Höhe oder Spinnen.

Hinweis

Im Rahmen von Angststörungen können auch körperliche Symptome auftreten. Diese müssen medizinisch abgeklärt werden, um körperliche Ursachen auszuschließen. Ebenso müssen verursachende Medikamente oder Substanzen (z.B. Alkohol, Drogen) als Ursache ausgeschlossen werden.

Panikstörung/Panikattacke

Bei einer Panikstörung tritt akut große Angst auf (Panikattacke). Begleitend leiden Betroffene unter depressiven Symptomen und haben ein erhöhtes Risiko für Abhängigkeitserkrankungen (z.B. Alkoholabhängigkeit). Oft kommt es im Rahmen von Panikstörungen zu einer sogenannten Agoraphobie. Dabei hat die betroffene Person Angst vor öffentlichen Plätzen. Von einer Panikstörung spricht man erst, wenn plötzliche Panikattacken über mehr als vier Monate auftreten. Die Panikattacken treten nicht unter bestimmten Situationen oder Bedingungen auf. Sie erreichen nach ca. zehn Minuten ihren Höhepunkt.

Folgende Symptome können im Rahmen einer Panikattacke auftreten:

  • Atemnot/Gefühl zu ersticken
  • Unregelmäßiger Herzschlag/Herzstolpern (Palpitationen) oder schneller Herzschlag (Tachykardie)
  • Schwindel oder Ohnmachtsgefühl
  • Schüttelfrost/Zittern
  • Angst zu sterben/Todesangst
  • Hitzewallungen/Schweißausbrüche
  • Brustschmerzen
  • Übelkeit, Bauchschmerzen
  • Depersonalisation (Gefühl, „außerhalb von sich selbst zu sein“)
  • Derealisation (Eindruck, dass die Welt um einen herum „nicht echt“ ist)
  • Angst vor Kontrollverlust oder davor, „verrückt“ zu werden
  • Taubheitsgefühl/Brennen/Kribbeln auf der Haut

Sozialphobien

Bei einer Sozialphobie haben Betroffene intensive Angst beim Zusammentreffen mit anderen Menschen. Als Folge davon versuchen sie, diese Situationen zu vermeiden. Die Angst kann sich unterschiedlich zeigen, z.B. als Furcht vor:

  • Begegnung mit bestimmten Personen
  • Menschenansammlungen
  • Mahlzeiten in der Öffentlichkeit
  • Sprechen in der Öffentlichkeit
  • Arbeit, bei der man beobachtet werden kann

Ähnliche Symptome können auch bei einer ängstlich-vermeidenden Persönlichkeitsstörung auftreten.

Generalisierte Angststörung

Bei einer generalisierten Angststörung kommt es zu andauernder starker Angst und Sorgen über den Alltag und die Zukunft. Die Betroffenen leiden unter anderem unter innerlicher Anspannung, Konzentrationsproblemen, Schlaflosigkeit sowie Muskelverspannungen. Zeitgleich bestehen auch oft andere psychische Erkrankungen (vor allem Depressionen).

Spezifische Phobien

Zu den sogenannten spezifischen Phobien zählen Ängste vor ganz konkreten Tatsachen. Zum Beispiel:

Andere Formen von Angststörungen

Zu weiteren Formen von Angststörungen zählen:

  • Angst und Depression gemischt: Dabei treten eher leichte Ängste und depressive Beschwerden auf.
  • Trennungsangststörung: Diese kennzeichnet sich durch anhaltende, intensive und nicht dem Alter entsprechende Trennungsangst von wichtigen Bezugspersonen. Eine Trennungsangststörung kann im Kindes- und im Erwachsenenalter auftreten.

Wir wird die Diagnose einer Angststörung gestellt?

Am Beginn der Diagnosestellung steht die Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese). Dabei spielen auch Informationen über Beginn, Art und Ausmaß der Ängste eine große Rolle. Bevor die Diagnose einer Angststörung möglich ist, muss eine Ärztin/ein Arzt körperliche Ursachen ausschließen. Zum Beispiel Erkrankungen der Lunge, des Herz-Kreislauf-Systems oder neurologische Erkrankungen. Zudem wird abgeklärt, ob noch eine weitere psychische Erkrankung vorliegt.

Die Ärztin/der Arzt führt eine körperliche Untersuchung durch und veranlasst eine Laboruntersuchung (vor allem Blutbild und Schilddrüsenhormone). Zudem gibt ein EKG Aufschluss über mögliche Funktionsstörungen des Herzens. Je nach bisheriger Krankengeschichte, Symptomen oder auch bereits bestehenden Erkrankungen finden zusätzliche abklärende Untersuchungen statt (z.B. Lungenfunktionstest, EEG, MRT).

Wie erfolgt die Behandlung einer Angststörung?

Die Behandlung einer Angststörung besteht meist aus Psychotherapie und Medikamenten. Je nach Ausprägung der Erkrankung kann zudem eine klinisch-psychologische Behandlung hilfreich sein. Die Symptome können durch eine Behandlung gemildert werden bzw. auch komplett wegfallen. Es kann jedoch zu Rückfällen (Rezidiven) kommen. Ein wesentlicher Aspekt der Therapie ist der Umgang mit der Erkrankung. Dabei lernt die Patientin/der Patient, mit Angst viel besser umzugehen. Tritt neben der Angststörung noch eine andere psychische Erkrankung auf (z.B. Depression, Zwangsstörung oder Sucht), berücksichtigt die Ärztin/der Arzt dies für eine maßgeschneiderte Therapie.

Wie kann Psychotherapie helfen?

Der Psychotherapie kommt in der Behandlung von Angststörungen ein großer Stellenwert zu. Der Aufbau einer therapeutischen Beziehung ist dabei wesentlich. In vertrauensvollem Rahmen können Betroffene über ihre Ängste und Lebenssituation sprechen. Verhaltenstherapeutische Ansätze etwa haben sich in der Behandlung von Angststörungen sehr bewährt.

Ein wichtiger Bestandteil in der Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen ist die Psychoedukation. Diese kommt auch bei der Psychotherapie zur Anwendung. Bei dieser erhalten Betroffene detaillierte Informationen rund um das Krankheitsgeschehen und die Behandlung. Sie lernen zudem, wie sie sich selbst helfen können. Im Rahmen einer Psychotherapie können Betroffene auch Entspannungstechniken erlernen.

Bei spezifischen Phobien (z.B. Höhenangst, Angst vor Spinnen) ist zudem eine sogenannte Exposition hilfreich. Dabei stellen sich Betroffene in sicherem Rahmen schrittweise auch im Alltag Situationen, die Ängste auslösen. So können sie Lösungsstrategien im Umgang damit finden.

Welche Medikamente kommen zum Einsatz?

Bei Angststörungen verschreibt die Ärztin/der Arzt unter anderem Medikamente, die auch zur Behandlung von Depressionen zur Anwendung kommen. Nähere Informationen finden Sie auch unter Depression: Medikamente & Psychotherapie.

Folgende Wirkstoffe haben sich bei den jeweiligen Angststörungen am besten bewährt:

  • Panikstörungen und Agoraphobie: Citalopram, Escitalopram, Paroxetin, Sertralin oder auch Venlafaxin. Wenn diese Medikamente nicht wirken, kann Clomipramin zum Einsatz kommen.
  • Generalisierte Angststörung: Escitalopram, Paroxetin, Venlafaxin, Duloxitin, Buspiron oder Pregabalin.
  • Sozialphobie: Paroxetin, Sertralin, Escitalopram oder Venlafaxin. Oder auch Betablocker in ausgewählten stressigen Situationen.

Bei spezifischen Phobien (z.B. Höhenangst, Angst vor Spinnen) werden keine Medikamente von der medizinischen Fachwelt empfohlen, sondern wie oben genannt eine sogenannte Exposition im Rahmen einer Psychotherapie.

Bei allen Angststörungen kann in begründeten Ausnahmefällen oder in einer Akutsituation die Anwendung eines Beruhigungsmittels (Benzodiazepine) kurzfristig hilfreich sein. Die Anwendung muss dabei engmaschig ärztlich begleitet werden, um Abhängigkeit von Benzodiazepinen zu verhindern.

Was kann ich selbst tun?

Folgende Maßnahmen können Sie zudem bei der Behandlung unterstützen:

  • Sport im Sinne von Ausdauertraining.
  • Mögliche Verstärker der Angst beobachten und vermeiden (z.B. negativer Stress, Medikamentenmissbrauch, Koffein etc.).
  • Der Besuch einer Selbsthilfegruppe.

Wohin kann ich mich wenden?

Oft ist die Hemmschwelle groß, Hilfe bei starken Ängsten zu suchen. Professionelle Helferinnen/Helfer sind jedoch damit vertraut, zeigen dafür Verständnis und können kompetent weiterhelfen. Folgende Ansprechstellen können Sie bei Angststörungen kontaktieren:

  • niedergelassene Fachärztin/niedergelassener Facharzt für Psychiatrie (und psychotherapeutische Medizin)
  • Kassenambulanz oder Spitalsambulanz für Psychiatrie (und Psychotherapie)
  • Psychotherapeutin/Psychotherapeut
  • Ärztinnen/Ärzte mit Weiterbildung in psychotherapeutischer Medizin

Sie können zudem zuerst Ihre Ärztin/Ihren Arzt für Allgemeinmedizin kontaktieren und über diese/diesen gezielte Ansprechstellen finden. Auch klinische Psychologinnen/Psychologen können in die Diagnose und Behandlung mit einbezogen sein. Ist die Krankheit sehr stark ausgeprägt, ist mitunter ein stationärer Krankenhausaufenthalt oder eine Rehabilitation notwendig.

Wie erfolgt die Abdeckung der Kosten?

Die e-card ist Ihr persönlicher Schlüssel zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Alle notwendigen und zweckmäßigen Diagnose- und Therapiemaßnahmen werden von Ihrem zuständigen Sozialversicherungsträger übernommen. Bei bestimmten Leistungen kann ein Selbstbehalt oder Kostenbeitrag anfallen. Detaillierte Informationen erhalten Sie bei Ihrem Sozialversicherungsträger. Weitere Informationen finden Sie außerdem unter:

sowie über den Online-Ratgeber Kostenerstattung der Sozialversicherung.

Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.

Letzte Aktualisierung: 6. Dezember 2021

Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal

Expertenprüfung durch: Assoc. Prof. PD Dr. Martin Aigner

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