Alkoholabhängigkeit: Diagnose & Behandlung
Inhaltsverzeichnis
Wie wird die Diagnose gestellt?
Die Ärztin oder der Arzt kann mithilfe einer ausführlichen Anamnese, einer körperlichen Untersuchung sowie einer Untersuchung des Blutes Hinweise für eine Alkoholabhängigkeit finden. Auch mögliche Schäden an Organen, wie beispielsweise der Leber, können so entdeckt werden.
Spezielle Fragebögen können dabei helfen abzuschätzen, ob die betroffene Person ein Alkoholproblem hat.
Die Ärztin oder der Arzt diagnostiziert eine Alkoholabhängigkeit, wenn drei oder mehr der folgenden Kriterien mit Ja beantwortet werden können:
- Der oder die Betroffene spürt ein starkes Verlangen, Alkohol zu trinken.
- Der oder die Betroffene verliert die Kontrolle darüber, wann und wie viel getrunken wird. Es wird jeden Tag Alkohol getrunken. Betroffene können nicht mehr aufhören zu trinken, wenn sie einmal damit begonnen haben.
- Der oder die Betroffene hat Entzugserscheinungen, wie Übelkeit, Angst oder Zittern, wenn kein oder weniger Alkohol verfügbar ist.
- Es hat sich eine Toleranz entwickelt: Der oder die Betroffene muss immer mehr Alkohol trinken, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Beispielsweise Alkohol als Einschlafmittel, zur Beruhigung, zum Mutmachen, zum Anheben der Stimmung, als Mittel zur Lösung von (psychischen) Problemen.
- Interessen und soziale Kontakte werden zugunsten des Alkohols vernachlässigt. Betroffene ändern beispielsweise Tagespläne, um Alkohol trinken zu können, richten den Tag so ein, dass sie regelmäßig Alkohol konsumieren können. Kommen wegen des Alkohols ihren täglichen Verpflichtungen nicht mehr nach.
- Betroffene trinken weiterhin Alkohol, obwohl das bereits zu Problemen geführt hat. Beispielsweise zu gesundheitlichen Schäden oder zu Problemen in der Arbeit und Familie. Es ist zu Unfällen oder Streitereien unter dem Einfluss von Alkohol gekommen.
Wie wird eine Alkoholabhängigkeit behandelt?
Alkoholabhängigkeit ist eine Krankheit, die ernstgenommen und behandelt werden muss. Je früher mit einer Therapie begonnen wird, desto besser ist die Chance, „trocken“ zu bleiben, also gar keinen Alkohol mehr zu brauchen. Fachleute bezeichnen das als „Abstinenz“.
Wenn sich Betroffene nicht vorstellen können, gar keinen Alkohol mehr zu trinken, kann das Ziel einer Therapie auch sein, weniger zu konsumieren.
Der erste Schritt aus der Alkoholabhängigkeit ist immer, dass die oder der Betroffene erkennt, krank zu sein und Hilfe zu benötigen. Die meisten Betroffenen schaffen es nicht allein, ihre Alkoholgewohnheiten zu ändern. Suchberatungsstellen können frühzeitige Unterstützung bieten. Auch die Hausärztin oder der Hausarzt kann helfen. Für eine erfolgreiche Entzugsbehandlung sind mehrere Behandlungsbausteine notwendig:
Körperliche Entzugsbehandlung
In dieser Phase soll der Körper vom Alkohol „entwöhnt“ werden. Bei alkoholabhängigen Personen kann der plötzliche Verzicht auf Alkohol zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen. Gefährliche Komplikationen, wie starke Krampfanfälle bis hin zum lebensgefährlichen Delirium tremens sind möglich. Um solchen Komplikationen vorzubeugen, erfolgt die Entgiftung oft im Krankenhaus unter ärztlicher Aufsicht. Die Betroffenen bekommen unter anderem Medikamente, die die Entzugserscheinungen lindern. Fachleute bezeichnen das als sogenannten „warmen Entzug“.
Psychische Entwöhnung
Nachdem der körperliche Entzug überstanden ist, geht es darum, dass die Betroffenen auch einen Weg aus ihrer psychischen Abhängigkeit vom Alkohol finden. Die Betroffenen sollen lernen, ein Leben ohne Alkohol zu führen. Verschiedenste Methoden kommen dabei zum Einsatz: Unter anderem Gruppentherapien, Einzelgespräche, Entspannungstechniken, Sport- und Bewegungstraining, Kunst- und Musiktherapie. Fachleute versuchen gemeinsam mit den Betroffenen, die Ursachen für deren Alkoholabhängigkeit herauszufinden: Welche persönlichen Auslöser und Situationen im Alltag führen zum Trinken von Alkohol? Gemeinsam mit der Therapeutin oder dem Therapeuten werden Strategien erarbeitet, um ohne Alkohol auskommen zu können: Beispielsweise wie Probleme ohne Alkohol gelöst werden können, wie Betroffene ohne Alkohol entspannen und stark sein können.
Behandlung von psychischen und körperlichen Begleiterkrankungen
Psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen können durch eine Alkoholabhängigkeit entstehen. Sie können aber auch eine solche mit verursachen. Werden die psychischen Erkrankungen gut behandelt, erhöhen sich die Chancen auf Heilung.
Unterstützung bei sozialen Problemen
Wichtig ist, dass die Betroffenen nach der körperlichen und psychischen Behandlung weiterhin durch Fachleute unterstützt werden. So können Rückfälle vermieden werden. Dazu gehört unter anderem der regelmäßige Besuch einer Suchtberatungsstelle und eine regelmäßige ärztliche Betreuung. Auch Selbsthilfegruppen können dabei helfen, nicht wieder vom Alkohol abhängig zu werden. Dort können sich Betroffene mit anderen austauschen und sich gegenseitig motivieren.
Unterstützung für Angehörige von Alkoholkranken
Die Sucht beeinflusst nicht nur das Leben des alkoholkranken Menschen, sondern auch das seines Umfelds.
Angehörige, manchmal auch Arbeitskolleginnen oder Kollegen, sind oft die ersten Personen, die bemerken, dass jemand ein Problem mit Alkohol hat. Mitunter fällt es diesen Personen schwer, die oder den Betroffenen auf das Problem anzusprechen.
Praktische Tipps, wie ein Alkoholproblem am besten angesprochen und Betroffenen im Alltag geholfen werden kann, finde Sie beispielsweise unter:
- Anonyme Alkoholiker (anonyme-alkoholiker.at)
- Blaues Kreuz (alkoholhilfe.at)
- Was kann ich als Angehöriger tun? (gesundheitsinformation.de)
Der Alltag mit einem alkoholkranken Menschen kann sehr belastend und kräfteraubend sein. Angehörige können sich Rat und Unterstützung in Suchtberatungsstellen holen. Dort können sie sich kostenlos und anonym beraten lassen. Zudem bieten Selbsthilfegruppen für Angehörige die Möglichkeit, sich mit Menschen in einer ähnlichen Situation auszutauschen. Nützlich können auch Tipps von Menschen sein, die schon länger einen alkoholkranken Menschen begleiten. Dabei geht es nicht nur darum, wie Angehörige der alkoholkranken Person im Kampf gegen den Alkohol beistehen können. Wichtig ist, dass die Angehörigen auch lernen, auf sich selbst zu schauen.
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 23. Juni 2022
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Dr. Roland Mader, Facharzt für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie