ADHS bei Erwachsenen: Diagnose & Therapie
Inhaltsverzeichnis
Wie wird die Diagnose ADHS im Erwachsenenalter gestellt?
Die Ärztin/der Arzt erhebt die Krankengeschichte (Anamnese) und fragt nach Beschwerden. Um mögliche andere Erkrankungen auszuschließen, werden weitere Untersuchungen durchgeführt. Unter anderem klärt die Ärztin/der Arzt ab, ob andere psychische Erkrankungen (z.B. bipolare Störung) bzw. eine Persönlichkeitsstörung (vor allem dissoziale Persönlichkeitsstörung und emotional-instabile Persönlichkeitsstörung) vorliegen oder ausgeschlossen werden können. Bildgebende Verfahren (CT, MRT) und EEG können zum Ausschluss neurologischer Erkrankungen zum Einsatz kommen. Ebenso kann klinisch-psychologische Diagnostik ergänzend hilfreich sein (z.B. mittels Selbst- und Fremdeinschätzungsfragebögen).
Für die Diagnose ADHS bei Erwachsenen müssen laut Internationaler Klassifikation der Krankheiten (ICD) folgende Kriterien vorliegen:
- Die Verhaltensauffälligkeiten bestehen seit der Kindheit.
- Es gibt mindestens sechs Anzeichen dafür, dass Unaufmerksamkeit, Impulsivität oder Hyperaktivität vorhanden sind. Nähere Informationen zu diesen Anzeichen finden Sie unter ADHS bei Kindern/Jugendlichen: Diagnose & Therapie.
- Es gibt in mehr als einem Lebensbereich Schwierigkeiten.
- Das soziale Leben und der berufliche Alltag sind stark beeinträchtigt.
Wie erfolgt die Behandlung von ADHS im Erwachsenenalter?
Die Behandlung von ADHS im Erwachsenenalter richtet sich nach der persönlichen Lebenssituation und den bestehenden Symptomen bzw. Problemen. Sie wird gemeinsam mit Ärztin/Arzt bzw. auch etwa Psychotherapeutin/Psychotherapeut besprochen und sollte gut für Betroffene annehmbar sein. Sind die Beschwerden stärker ausgeprägt, können Medikamente und/oder Psychotherapie sinnvoll sein.
Erwachsene suchen sich auch häufig eigene Bewältigungsstrategien, um mit ADHS umzugehen. Zum Beispiel Entspannungstechniken, Sport oder Unterstützung in einer Selbsthilfegruppe.
Welche Medikamente kommen zum Einsatz?
Die Medikamente wirken gegen die Hauptsymptome von ADHS (Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit, Impulsivität). Es kommt dabei vor allem der Wirkstoff Methylphenidat zum Einsatz. Wurde der Wirkstoff Lisdexamfetamin bereits im Jugendalter eingenommen, kann die Behandlung damit bei Bedarf auch im Erwachsenenalter fortgesetzt werden. Kommt es mit den genannten Medikamenten nicht zum Therapieerfolg, kann auch der Wirkstoff Atomoxetin verschrieben werden. Nähere Informationen zur Wirkung und Nebenwirkungen der Medikamente bei ADHS im Erwachsenenalter finden Sie auf www.gesundheitsinformation.de.
Vor Beginn der Therapie erfolgt eine genaue körperliche Untersuchung sowie ggf. eine Blutabnahme. Es erfolgen regelmäßig Kontrolluntersuchungen. Treten Nebenwirkungen auf, sollen Betroffene dies der Ärztin/dem Arzt mitteilen. Dann können mögliche Therapieänderungen gemeinsam besprochen werden.
Wie kann Psychotherapie helfen?
Bei der Psychotherapie (Einzelpsychotherapie oder Gruppenpsychotherapie) geht es unter anderem um:
- die Verarbeitung der Diagnose, die erst im Erwachsenenalter gestellt wurde,
- Bewältigung psychosozialer Probleme (z.B. Beziehungsthemen, Alltagsstrukturierung, Steigerung von Selbstvertrauen, Stressmanagement etc.) sowie
- die Behandlung von möglichen weiteren psychischen Erkrankungen (z.B. Angststörung oder Depression).
Dabei kommt Psychoedukation ein wichtiger Stellenwert zu. Auch wissenschaftlich fundierte Achtsamkeitstechniken werden eingesetzt.
Andere Behandlungen als Medikamente und Psychotherapie sind für Erwachsene bislang nicht in aussagekräftigen Studien untersucht.
Zudem kommt auch klinisch-psychologische Behandlung zum Einsatz (z.B. mit Konzentrationstraining oder Verhaltens-Coaching).
Alltag mit ADHS im Erwachsenenalter
Folgende Strategien können im Alltag Menschen mit ADHS unterstützen:
- Gute Tagesstruktur: Den Tag planen, Listen erstellen, Raum für Pausen lassen,
- Erinnerungshilfen einsetzen (z.B. Einkaufsliste am Kühlschrank, Erinnerung an Termin am Smartphone),
- Aufgaben in kleine Schritte aufteilen und diese nach und nach erledigen,
- Routinen festlegen (z.B. Gegenstände immer am gleichen Ort hinlegen, feste Abläufe in der Früh oder am Abend).
Für jede/jeden Betroffenen kann es unterschiedliche Strategien geben, die hilfreich sind. Mit der Zeit, können diese herausfinden, was wirklich guttut. Neben den professionellen Helferinnen/Helfern können auch die Familie und der Freundeskreis dabei unterstützen.
Wohin kann ich mich wenden?
Wurde die Diagnose ADHS bereits im Kindesalter gestellt, wird die behandelnde Ärztin/der behandelnde Arzt gegebenenfalls die Patientin/den Patienten noch einige Zeit im jungen Erwachsenenalter begleiten und nach gegebener Zeit an eine Fachärztin/einen Facharzt für Psychiatrie (und psychotherapeutische Medizin) überweisen. Diese übernehmen dann die weitere medizinische Betreuung. Auch eine bestehende Psychotherapie kann meist weitergeführt werden.
Wird die Verdachtsdiagnose mit 18 Jahren oder später geäußert, ist die erste Anlaufstelle eine Fachärztin/ein Facharzt für Psychiatrie (und psychotherapeutische Medizin). Diese/dieser leitet dann weitere diagnostische bzw. therapeutische Schritte ein.
Wie erfolgt die Abdeckung der Kosten?
Die e-card ist Ihr persönlicher Schlüssel zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Alle notwendigen und zweckmäßigen Diagnose- und Therapiemaßnahmen werden von Ihrem zuständigen Sozialversicherungsträger übernommen. Bei bestimmten Leistungen kann ein Selbstbehalt oder Kostenbeitrag anfallen. Detaillierte Informationen erhalten Sie bei Ihrem Sozialversicherungsträger. Weitere Informationen finden Sie außerdem unter:
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 9. Juli 2021
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Priv.-Doz.in Dr.in med.univ. Claudia Klier, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Fachärztin für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, Zusatzfach Psychiatrie und Neurologie (Kinder- und Jugendneuropsychiatrie), Spezialisierung in fachspezifischer psychosomatischer Medizin