Kaufsucht
Inhaltsverzeichnis
Kaufsucht: Was ist das?
Kaufsucht ist eine sogenannte nicht stoffgebundene Form von Abhängigkeit. Fachleute sprechen auch von einer Verhaltenssucht. Menschen mit Kaufsucht haben ein unkontrollierbares Verlangen danach, etwas zu kaufen. Zu Beginn der Sucht kann es schwierig sein, Kaufsucht von herkömmlichem Kaufverhalten zu unterscheiden. Bei Fortschreiten der Kaufsucht wird das Verlangen nach Kaufen immer stärker. Nach und nach wird das Kaufen zu einem ganz zentralen Lebensinhalt. Nicht immer handelt es sich um Produkte, die gekauft werden. Betroffene nehmen gegebenenfalls auch in großem Ausmaß Dienstleistungen in Anspruch.
Das gekaufte Produkt oder die Dienstleistung stehen bei der Kaufsucht nicht im Mittelpunkt. Es geht um den Vorgang des Kaufens oder die Inanspruchnahme einer Dienstleistung selbst. Diese führen zu einer starken Befriedigung, die jedoch nicht lange anhält. Die Stimmung fällt danach stark ab. Es stellen sich Frustration und schlechtes Gewissen ein. Verzichten Betroffene auf das Kaufen, kommt es etwa zu innerer Unruhe oder Gereiztheit. Das Selbstwertgefühl von Menschen mit Kaufsucht ist häufig sehr niedrig. Betroffenen fällt es auch oft schwer, sich das problematische Verhalten einzugestehen. Dennoch ist es sehr belastend für sie und für ihr Umfeld.
Welche Folgen hat Kaufsucht?
Kaufsucht bleibt oft lange unbemerkt. Oft kommt es zu einer hohen Verschuldung, von der vor allem Menschen im näheren Umfeld erfahren. Manchmal schlittern Betroffene auch in kriminelle Aktivitäten wie etwa Betrug oder Diebstahl, was zu einem weiteren Teufelskreis führt. Die Probleme von Menschen mit Kaufsucht führen häufig auch zu sozialer Isolation.
Psychische Probleme bzw. Erkrankungen können bei Menschen mit Kaufsucht auftreten. Diese können sowohl Folge als auch Ursache des Suchtverhaltens sein. Dazu zählen zum Beispiel Depressionen, weitere Süchte, Essstörungen, Angststörungen sowie Zwangsstörungen.
Welche Risikofaktoren für Kaufsucht gibt es?
Kaufsucht findet in unserer Gesellschaft oft weniger Beachtung als andere Süchte. Denn Kaufen und Konsum sind anerkannt, oft notwendig und wirtschaftlich erwünscht. In Österreich ist laut einem Bericht der Arbeiterkammer Wien jede vierte Person gefährdet, eine Kaufsucht zu entwickeln. Frauen, jüngere Personen und Menschen mit geringer Bildung haben ein erhöhtes Risiko einer Kaufsucht. Ebenso erhöht das häufige Bezahlen mit Bankomatkarte das Risiko. Ein regelmäßiger Überblick über die Finanzen wirkt sich hingegen positiv aus. Weitere Informationen finden Sie im diesbezüglichen Bericht der Arbeiterkammer Wien. Fachleute forschen zudem derzeit noch zu möglichen Ursachen für Kaufsucht.
Kompensatorisches Kaufverhalten: Was ist das?
Von der Kaufsucht ist das sogenannte kompensatorische Kaufverhalten abzugrenzen. Durch dieses versuchen Betroffene meist, Schwierigkeiten durch vermehrtes Kaufen auszugleichen. Aus diesem Verhalten kann sich eine Kaufsucht entwickeln.
Kompensatorisches Kaufverhalten ist gekennzeichnet durch:
- Hinausschieben von Problemlösungen
- Gelegentliches Kaufen zur Entspannung und Belohnung
- Zeitweisen Kontrollverlust beim Einkaufen
- Hohen symbolischen Wert von Gegenständen
- Shopping als ein häufig ausgeübtes „Hobby“
Wie wird die Diagnose Kaufsucht gestellt?
Die Ärztin oder der Arzt erhebt zu Beginn die Krankengeschichte. Sie oder er fragt zum Beispiel nach Beschwerden, weiteren Erkrankungen und möglicher Medikamenteneinnahme. Dabei finden unter anderem Fragebögen Anwendung. Ebenso können Psychotherapeutinnen oder Psychotherapeuten bzw. klinische Psychologinnen oder Psychologen in die Diagnosestellung mit eingebunden sein.
Die Fachwelt ordnet Kaufsucht als sogenannte „Störung der Impulskontrolle“ ein. Eine eigenständige Diagnose gibt es derzeit nicht.
Folgende Kriterien können als Orientierung für die Diagnose dienen:
- Es kommt zu häufiger und starker Beschäftigung mit Kaufen. Kaufimpulse drängen sich zwanghaft auf.
- Betroffene kaufen häufig Dinge, die nicht benötigt werden, über die vorhandenen finanziellen Mittel hinaus und über einen längeren Zeitraum.
- Das eigene Kaufverhalten erzeugt Leidensdruck und benötigt viel Zeit. Soziale und berufliche Beziehungen leiden ebenso. Es treten finanzielle Probleme auf. Gekaufte Gegenstände häufen sich an und nehmen etwa Wohnraum in großem Maß in Anspruch.
Auch bei einer Manie oder Hypomanie (nicht so stark ausgeprägte Manie) kann exzessives Kaufen auftreten. In diesem Fall spricht man jedoch nicht von Kaufsucht.
Wie erfolgt die Behandlung von Kaufsucht?
Da Kaufen eine alltägliche Handlung ist, ist es schwierig, diese Aktivität komplett zu vermeiden. Therapieziel ist meist eine Neugestaltung des Lebens mit nicht belastendem Kaufverhalten. Wieder ein kontrolliertes und selbstbestimmtes Kaufverhalten zu erlernen ist allerdings eine herausfordernde Aufgabe. Ein erster Schritt ist das Annehmen von Hilfe durch eine Ärztin oder einen Arzt oder etwa einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten.
Bei der Behandlung soll das suchtartige Kaufverhalten unterbrochen werden. Zudem geht es darum, sich mit hinter der Sucht verborgenen Bedürfnissen bzw. Enttäuschungen auseinanderzusetzen. Dabei helfen auch Sofortmaßnahmen. Dazu zählen unter anderem:
- Meiden von Reizen, die das suchtartige Kaufen auslösen, wie etwa bekannte Auslöser von Stress oder Enttäuschung
- Verzicht auf elektronische Zahlungsmittel
- Führen eines Haushaltsbuchs mit genauen Aufzeichnungen von Einnahmen und Ausgaben
- Vermeidung von Einkaufen während des Ausverkaufs oder bei Sonderaktionen
- Finden von alternativen Strategien zur Problemlösung
Eine begleitende Psychotherapie unterstützt diese Maßnahmen. Sie kann einzeln oder in einer Gruppe stattfinden. Bei der Psychotherapie kommen zum Beispiel verhaltenstherapeutische Ansätze zum Einsatz. Betroffene lernen, mit der Situation umzugehen.
Zudem können klinisch-psychologische Behandlung, Bewegung, Musiktherapie sowie kunsttherapeutische Ansätze weiterhelfen. In einer Selbsthilfegruppe können sich Betroffene gegenseitig austauschen.
Damit Therapiemaßnahmen zum Erfolg führen, ist meist die Einbeziehung von Angehörigen wichtig. Zudem unterstützen Sozialarbeiter:innen sowie Schuldnerberatung bei sozialen und finanziellen Problemen.
Bei der Therapie erfolgt auch eine Berücksichtigung möglicher anderer Erkrankungen wie etwa einer Depression oder Angststörung.
Wohin kann ich mich wenden?
Wenn Sie den Verdacht haben, an Kaufsucht zu leiden oder dafür gefährdet zu sein, können Sie sich an folgende Stellen wenden:
- Fachärztin oder Facharzt für Psychiatrie (und psychotherapeutische Medizin)
- Psychotherapeutin oder Psychotherapeut
- klinische Psychologin oder klinischer Psychologe
- spezialisierte Ambulanzen (z.B. am Anton-Proksch-Institut oder der SFU-Ambulanz in Wien)
Unter Gesundheitssuche können Sie Anlaufstellen suchen.
Auch für Angehörige gibt es Beratungsangebote. Denn für diese kann die Situation ebenfalls sehr belastend sein. Nähere Informationen finden Sie unter Angehörige von psychisch Erkrankten sowie unter Co-Abhängigkeit.
Wie erfolgt die Abdeckung der Kosten?
Die e-card ist Ihr persönlicher Schlüssel zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Alle notwendigen und zweckmäßigen Diagnose- und Therapiemaßnahmen werden von Ihrem zuständigen Sozialversicherungsträger übernommen. Bei bestimmten Leistungen kann ein Selbstbehalt oder Kostenbeitrag anfallen. Detaillierte Informationen erhalten Sie bei Ihrem Sozialversicherungsträger. Weitere Informationen finden Sie außerdem unter:
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 31. August 2022
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Dr. Dominik Batthyány