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Arbeitssucht

Bei der Arbeitssucht kommt es zu übermäßigem und unkontrolliertem Arbeiten. Alles andere (z.B. Freizeitgestaltung, Beziehungen) gerät in den Hintergrund. Zu den Folgen zählen gesundheitliche und soziale Beeinträchtigungen.

Woran man Arbeitssucht erkennt, wie man gegensteuern kann und was Angehörige tun können.

Arbeitssucht: Was ist das?

Arbeitssucht (auch Workaholismus genannt; in Bezug auf eine Person: „Workaholic“) zählt zu den sogenannten Verhaltenssüchten. Dies sind Süchte, die sich nicht auf Substanzen (wie Alkohol oder Drogen) beziehen. Zum Beispiel Sex- oder Kaufsucht. Eine geläufige Definition von Arbeitssucht in Expertenkreisen ist das übermäßige und unkontrollierte Verlangen nach Arbeit. Die Arbeitssucht zeigt sich durch exzessives bzw. zwanghaftes Arbeiten. Die Arbeit nimmt immer mehr Raum im Leben ein, bis irgendwann keiner für etwas anderes bleibt.

Arbeitssucht ist nicht offiziell als Diagnose laut Internationaler Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) anerkannt. Dennoch kann Arbeitssucht die Kriterien einer Sucht erfüllen – unter anderem im Sinne eines unkontrollierbaren Verhaltens. Frauen und Männer können gleichermaßen an Arbeitssucht leiden. Ein hohes Arbeitspensum bedeutet jedoch nicht zwingend, dass jemand arbeitssüchtig ist. Und auch bei normalem oder geringem Arbeitsausmaß kann suchtartiges Verhalten erkennbar sein. Von der Arbeitssucht abzugrenzen ist zudem ein übermäßiges Stundenpensum durch z.B. Arbeits- und Rahmenbedingungen, die nicht der Selbstbestimmung unterliegen.

Welche Risikofaktoren für Arbeitssucht gibt es?

Bei der Entstehung von Arbeitssucht spielen unter anderem Eigenschaften der Persönlichkeit, soziale Begleitumstände sowie die Arbeitsplatzsituation (z.B. mangelnde Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit) eine Rolle.

Zudem ist das Risiko für Arbeitssucht bei folgenden Faktoren erhöht:

  • Starke Identifikation mit dem Beruf und hohe Verantwortung: Dies kann eine Stärke und Bereicherung sein, jedoch auch ein Risiko. Zu Berufsgruppen, bei denen dies häufiger der Fall ist, zählen z.B. im Gesundheitsbereich tätige Personen oder Menschen in hohen Führungspositionen.
  • Kompensation von nicht befriedigender Tätigkeit: Menschen, die wenig Entscheidungsspielraum im Beruf haben und geringe Verantwortung tragen, können dazu neigen, dies zu kompensieren. Unter anderem indem sie besonders viel Zeit in die Arbeit investieren.
  • Gesteigertes Engagement im privaten Bereich: Wird im Beruf keine Anerkennung gefunden, erfolgt mitunter ein besonders gesteigertes Maß an Aktivität auf privater Ebene (z.B. in Vereinen etc.). Dies kann jedoch auch erfüllend sein. Die Gefährdung liegt im Übermaß.

Vereinfacht gesagt, besteht ein erhöhtes Risiko, für eine Arbeitssucht, wenn ein Mensch die Arbeit als stark belastend und wenig erfüllend sieht. Wesentlich für das Wohlbefinden in der Arbeit ist im Allgemeinen ein Gleichgewicht zwischen Beanspruchung und dafür vorhandene Fähigkeiten, Zeitkapazitäten und Kraftquellen.

Zudem spielt die Balance zwischen Einsatz und Expertise einerseits und Anerkennung, Arbeitsplatzsicherheit und Aufstiegsmöglichkeiten eine wesentliche Rolle. Ist diese nicht gegeben, kann es zu einer sogenannten Gratifikationskrise kommen.

Was sind die Folgen von Arbeitssucht?

Arbeitssucht bleibt nicht ohne Folgen. Sie beeinträchtigt die körperliche Gesundheit, das allgemeine persönliche Wohlbefinden, zwischenmenschliche Beziehungen und das soziale Leben. Längerfristig sinken Konzentrationsfähigkeit, Belastbarkeit und Freude an der Arbeit. Auch das Umfeld von Menschen mit Arbeitssucht kann unter den Begleitumständen leiden. Grenzenloses Arbeiten macht auf Dauer krank. Es erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Schmerzen und psychosomatische Krankheiten. In Japan etwa ist auch der Begriff von „Karoshi“ gebräuchlich: plötzlicher Tod durch Überarbeitung (etwa durch Herzinfarkt oder Suizid).

Was sind die Kennzeichen von Arbeitssucht?

Zu wesentlichen Merkmalen der Arbeitssucht zählen unter anderem:

  • „Kontrollverlust“: Betroffene haben keine Kontrolle mehr über das Ausmaß und die Dauer der eigenen Arbeit.
  • „Entzugssymptome“: Sobald die Arbeit unterbrochen wird, kommt es zu Unruhe, Angst, Schweißausbrüchen etc.
  • „Toleranzentwicklung“: Um ein bestimmtes Niveau psychischer Erregung zu erreichen, muss immer mehr gearbeitet werden.
  • Keine Erholung: Pausen und Entspannung sind nicht mehr möglich. Ständig kreisen die Gedanken um die Arbeit. Regenerations- und Erholungszeiten sind jedoch lebensnotwendig, damit die Gesundheit keinen Schaden nimmt.
  • Psychosoziale Probleme: Andere Lebensbereiche als die Arbeit werden vernachlässigt. Dies führt zu Schwierigkeiten mit dem sozialen Umfeld.
  • Psychoreaktive Störungen: Darunter versteht man, dass selbst wenn die Arbeitssucht bewusst wird und schwerwiegende Folgen hat, dennoch weiterhin daran festgehalten wird.

Menschen mit Arbeitssucht verhalten sich zudem stark konkurrenzorientiert.

Kann man Arbeitssucht vorbeugen?

Die Arbeitssucht ist kein neues Phänomen. Seitdem sich der Mensch mit Arbeit beschäftigt, kann es zu einem Ungleichgewicht zwischen Arbeitsbe- und -entlastung kommen. Einem deutlichen Wandel unterlagen in der nahen Vergangenheit die Rahmenbedingungen und Spielregeln der Arbeitswelt: Internet, Smartphone, Tablet und Co. begünstigen die permanente Erreichbarkeit. Die „Droge“ Arbeit ist somit jederzeit und allerorts verfügbar. Nähere Informationen und wie man gegensteuern kann, finden Sie unter Digitale Arbeitswelt und Gesundheit sowie unter Gesundheitsförderung in der Arbeitswelt. Tipps zur Work-Life-Balance finden Sie unter So entgehen Sie dem Ausbrennen.

Was können Arbeitgeber tun?

Arbeitgeber können im Allgemeinen gesundheitsfördernde Maßnahmen im Unternehmen etablieren. Prinzipiell sind folgende Faktoren im Arbeitsumfeld hilfreich:

  • Angenehmes Umfeld, das ungestörtes und konzentriertes Arbeiten ermöglicht,
  • Zugang zu Information und Wissen (im Allgemeinen und auch zu Gesundheitsförderung),
  • Unterstützung und Wertschätzung.

Zudem orientieren sich Maßnahmen zur Vorbeugung von Arbeitssucht am Arbeitsplatz etwa an Teams und der Gesamtorganisation. Weitere Informationen hierzu finden Sie auf der Website des Fonds Gesundes Österreich (FGÖ).

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Prinzipiell ist es in unserer Gesellschaft gerne gesehen, wenn man hart arbeitet bzw. erfolgreich ist oder erscheint. Für Betroffene ist es oft ein beschwerlicher Weg, bis sie sich das problematische Arbeitsverhalten eingestehen. Die Prinzipien der Leistungsgesellschaft machen dies noch schwieriger. Eine Problemeinsicht ist jedoch eine wesentliche Voraussetzung für den Therapieerfolg. Sie kann sich auch nach und nach einstellen.

Je nachdem welche Ausprägungen die Arbeitssucht hat, können unterschiedliche Unterstützungs- bzw. Behandlungsmaßnahmen zum Einsatz kommen:

  • Ärztliche Behandlungen (z.B. von körperlichen oder psychiatrischen Folgeerscheinungen, anderen Erkrankungen etc.)
  • Psychotherapie
  • Klinisch-psychologische Behandlung

Im Vordergrund der Behandlung steht der Umgang mit dem Suchtverhalten. Es kommen dabei einzel- oder gruppentherapeutische Maßnahmen zum Einsatz. Da „Arbeit“ als Grundbedürfnis und Existenzsicherung nicht gemieden werden kann, wie andere Suchtauslöser (z.B. Alkohol oder Nikotin), muss ein kontrollierter, maßvoller Umgang mit Arbeit erlernt werden. Mitunter kann z.B. bei starkem Leidensdruck, akuten Begleiterkrankungen (z.B. Burnout, Manie oder Depressionen) ein stationärer Aufenthalt erforderlich sein.

Im Laufe der Therapie soll eine gesunde Beziehung zur Arbeit aufgebaut werden. Im Mittelpunkt stehen die Behandlungsziele, die gemeinsam von Patientin/Patient und Ärztin/Arzt oder anderen Gesundheitsberufen festgelegt werden. Auch der Austausch mit Gleichgesinnten in einer Selbsthilfegruppe kann helfen, das eigene Tun zu überdenken sowie mit anderen mitzufühlen.


Was kann ich als Angehörige/r tun?

Arbeitssucht kann massive Auswirkungen auf das soziale Umfeld (etwa Familie, Partnerschaft, Freundeskreis) haben. Der Umgang mit der Situation – vor allem im näheren Umkreis von Betroffenen – ist oft eine Herausforderung. Als Angehörige/r können Sie durch die Arbeitssucht der Partnerin/des Partners in Ihrem Wohlbefinden beeinträchtigt werden. Außerdem haben Sie so gut wie keine Kontrolle über das Verhalten des anderen, aber über Ihr eigenes. Häufig werden klare Konfrontationen mit dem Problem von Betroffenen abgeblockt oder es wird auf später vertröstet, wenn alles anders werden wird. Süchtige Menschen werden „blind“ für ihr eigenes Problem. Das ist Teil dieses Teufelskreislaufes und keine kalkulierte Absicht.

Was soll man nun konkret tun, wenn man merkt, dass jemand in die Sucht nach Arbeit abgleitet? Ein offenes Gespräch zu suchen und Hilfsangebote vorzuschlagen, kann nach und nach hilfreich sein. Wie Sie es vermeiden können, die Arbeitssucht ungewollt zu fördern (z.B. durch Verharmlosung des Problems oder Unterstützung im süchtigen Verhalten) und auch gut auf sich zu achten, erfahren Sie unter Co-Abhängigkeit. Auch für Angehörige kann professionelle Hilfe entlastend sein (z.B. durch klinisch-psychologische Behandlung, Psychotherapie oder eine Selbsthilfegruppe).

Wo finde ich Hilfe?

Sie bemerken Zeichen der Arbeitssucht an jemandem in Ihrer Umgebung oder Sie haben den Verdacht, selbst unter Arbeitssucht zu leiden? Dann können Sie sich vor allem an folgende Ansprechstellen wenden:

Auch Selbsthilfegruppen können hilfreich sein.

Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.

Letzte Aktualisierung: 2. Juni 2021

Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal

Expertenprüfung durch: Univ.-Prof. Dr. Dr. Alfred Barth

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