Chancen für Care Leaver
Inhaltsverzeichnis
Was sind Care Leaver?
Care Leaver sind junge Menschen, die einen Teil ihres Lebens in öffentlicher Erziehung verbracht haben und sich am Übergang in ein eigenständiges Leben befinden. Der Begriff „öffentliche Erziehung“ umfasst z.B. Wohngruppen oder Pflegefamilien. Da diese Jugendlichen mit 18 Jahren aus der Betreuung der Kinder- und Jugendhilfe – „care“ – entlassen werden – „to leave“–, nennt man diese Jugendlichen „Care Leaver“.
Der Prozess dieses „Leaving Care“ in ein eigenverantwortliches Leben gestaltet sich für Betroffene oft herausfordernd. Denn auch in schwierigen Zeiten ist es für Care Leaver nicht mehr möglich, in die Betreuung zurückzukehren. Im Gegensatz zu Kindern, die in ihren Herkunftsfamilien aufwachsen, verfügen viele der Jugendlichen und jungen Erwachsenen kaum über stabile private Netzwerke und ausreichende materielle Möglichkeiten. Dennoch wird von ihnen zumeist erwartet, mit Eintritt der Volljährigkeit selbstständig zu leben.
Vor welchen Hürden können Care Leaver stehen?
Studien zeigen, dass Care Leaver oftmals vor mehreren Schwierigkeiten stehen, darunter:
- Wohnungssuche,
- Arbeitslosigkeit oder instabile Arbeitsverhältnisse,
- schlechte schulische Leistungen,
- ein erhöhtes Risiko, in kriminelle Aktivitäten verwickelt zu werden,
- soziale Isolation,
- vermehrte psychische Probleme und
- eine höhere Suizidrate als Gleichaltrige, die noch nie in fremder Pflege waren.
Gesundheitliche Chancengerechtigkeit vermindert
Care Leaver stehen durch ihre Lebensgeschichte zudem häufig vor verminderter gesundheitlicher Chancengerechtigkeit. Das bedeutet, dass ihnen nicht die gleichen Möglichkeiten zur Entwicklung und Erhaltung ihrer Gesundheit zur Verfügung stehen, um ihre optimale Gesundheit zu erreichen.
Ein Gesundheitsförderungsprojekt der Initiative des Dachverbands der Österreichischen Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen setzte in diesem Zusammenhang zahlreiche Gesundheitsförderungsmaßnahmen wie z.B. gesundes Essen oder Workshops zu den Gefahren von Alkohol und Drogen. Das Projekt schaffte zudem soziale Netzwerke, die den rund 400 teilnehmenden Care Leavern auch noch über Jahre als Unterstützung dienten.
Wie kann das soziale Umfeld Care Leaver unterstützen?
Das soziale Umfeld ist während des Übergangs von der Jugend zum Erwachsenenalter besonders wichtig: So bieten stabile Beziehungen, sowohl mit den Betreuerinnen und Betreuern in den Einrichtungen als auch mit anderen Care Leavern, Rückhalt und Sicherheit. Das fördert auch wesentlich die Gesundheit dieser jungen Menschen.
Projekt „Care Leaver Mentoring“
Seit 2018 bietet beispielsweise das Projekt „Care Leaver Mentoring“ langfristige Unterstützung und Begleitung durch freiwillige Mentorinnen und Mentoren. Diese stehen den Care Leavern beim Übergang ins Erwachsenenleben und alltäglichen Herausforderungen zur Seite. Die Jugendlichen lernen sich bereits kennen, solange sie noch im betreuten Wohnen leben. So findet die erste Phase des Kennenlernens im vertrauten Umfeld statt. Nach dem Auszug aus dem betreuten Wohnen, haben sie weiterhin eine erwachsene Ansprechperson, auf die sie sich verlassen können.
Nähere Informationen finden Sie auf der Website der Volkshilfe.
Wo finden Care Leaver Beratung und Hilfe?
Kostenlose Beratung und Hilfe für Care Leaver bieten z.B. auch:
- Die Anlaufstelle für Care Leaver bietet Beratung für junge Menschen, die zuvor in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe betreut worden sind. (Pro-Juventute)
- Informationen über Beratungsstellen für Care Leaver in Wien. (Stadt Wien)
- Care-Leaver-Anlaufstelle in Klagenfurt. (Diakonie)
- Beratungs-Gutscheine für Care Leaver. (SOS-Kinderdorf)
Weitere Informationen für Care Leaver:
- Die Broschüre "Kuckucksnest" des Fonds Gesundes Österreich (FGÖ) beinhaltet die Lebensgeschichten von anderen Care Leavern nachlesen und wie ihnen Übergangsbegleitungen in ein selbständiges Leben geholfen haben.
- Die Broschüre „Nach der Jugendhilfe auf eigenen Beinen stehen! Tipps und Tricks für Deinen Start ins selbständige Leben“ des deutschen Care Leaver Kompetenznetzes beinhaltet Tipps & Tricks für den Weg aus der Jugendhilfe in ein selbstständiges Leben. Die Broschüre stammt aus Deutschland, und einige Rahmenbedingungen – vor allem Gesetze und Behördengänge – sind in Österreich anders. Es gibt aber auch allgemeine Ratschläge, die nützlich sind, z.B. zur ersten eigenen Wohnung, einfache Kochrezepte, das Thema Finanzen etc.. Zudem kommen auch in Interviews Care Leaver zu Wort, die ihre Erfahrungen teilen.
- Der Verein zur Selbstvertretung von Care Leavern bietet auf seiner Website Informationen und Kontaktmöglichkeiten.
Weitere Informationen für Betreuungspersonen
Hier finden Personen, die in der Kinder- und Jugendhilfe tätig sind, einige hilfreiche Links zum Thema Care Leaver:
- Die Plattform „Jugendhilfe 18+“: Plattform des Dachverbands Österreichischer Kinder- & Jugendhilfeeinrichtungen (DÖJ) mit dem Ziel, Hilfen für junge Erwachsene in der österreichischen Kinder- und Jugendhilfe zu verbessern. Ebenso wurden zwei Fachgruppen gegründet: Entwicklung von Modellen für die Hilfen für junge Erwachsene; Qualitätsstandards in der Österreichischen Kinder- und Jugendhilfe.
- Informationsmaterialien des Fonds Gesundes Österreich (FGÖ):
- Die Broschüre „Gesundheitsförderung in der Kinder- und Jugendhilfe. Wie konkrete Projekte gestaltet werden können“ informiert gezielt zu Grundlagen, Zielen und Projektumsetzung in diesem Bereich.
- Die Broschüre "Kuckucksnest": Lebensgeschichten von Care Leavern und wie sie Übergangsbegleitung unterstützte.
- Der FGÖ bietet regelmäßig Weiterbildungen an. Nähere Informationen finden Sie auf der Website des FGÖ.
- Wissenspool zur FGÖ-Programmlinie „Gesundes Aufwachsen - Psychosoziale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“
- Wissenspool zum Leitthema des FGÖ „Gesundheitliche Chancengerechtigkeit“.
- Tagungsbände unter anderem zu Gesundheitsförderung und Jugendarbeit
- Die Perspektive von Care Leavern in der Praxisforschung. (SOS-Kinderdorf)
- Verein zur Selbstvertretung von Care Leavern mit Informationen und Kontaktmöglichkeiten.
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 29. Mai 2024
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Fond Gesundes Österreich