Patientenrecht bei Schadensfällen
Inhaltsverzeichnis
Wann liegt ein Behandlungsfehler vor?
Ärztinnen und Ärzte und alle Angehörigen der anderen Gesundheitsberufe sind verpflichtet, Patientinnen und Patienten nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft zu behandeln. Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn unbegründet von den allgemein anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaft abgewichen wurde. Dies betrifft vor allem die Befunderhebung, die Diagnose und die Therapie. Aber auch mangelnde Aufklärung kann als Behandlungsfehler gewertet werden.
Für eine Haftung müssen im Wesentlichen drei Voraussetzungen vorliegen:
- Schaden: Es ist durch eine Behandlung eine Gesundheitsbeeinträchtigung entstanden.
- Kausalität: Die geschädigte Person muss den Nachweis erbringen, dass ein bestimmter Behandlungsfehler oder eine Unterlassung den Schaden herbeigeführt hat.
- Verschulden: Die Verschuldensfrage orientiert sich am Verhalten einer sorgfältigen Ärztin bzw. eines Arztes. Ein Abweichen von der gebotenen Sorgfalt gilt als fahrlässig.
Hinweis
Aus dem Behandlungsvertrag ergibt sich das Recht auf eine Behandlung lege artis, d.h. nach objektivem Standard. Dies beinhaltet allerdings nicht das Recht auf einen bestimmten Erfolg.
Zivilklage
Wenn Patientinnen oder Patienten einen Schaden aufgrund eines Behandlungsfehlers erleiden, können sie Schadenersatzansprüche nach dem Zivilrecht (ABGB) geltend machen. Das bedeutet, die Patientin oder der Patient kann Ansprüche wie Schmerzensgeld oder Folgekosten bei einem Zivilgericht einklagen. Grundlage dafür ist das Vorliegen eines Behandlungsvertrags. Er wird (stillschweigend) abgeschlossen, wenn Patientinnen oder Patienten auf der Suche nach medizinischer Hilfe eine niedergelassene Arztpraxis oder ein Spital aufsuchen.
Somit können sowohl ein Behandlungs- oder Pflegefehler, als auch eine Aufklärungspflichtverletzung zu Schadenersatzansprüchen führen.
Die Durchsetzung der Schadenersatzansprüche kann sich allerdings über eine längere Zeit erstrecken und ist mit einem Kostenrisiko verbunden. Ausnahme ist das vollständige Obsiegen im Prozess.
Außergerichtliche Einigung
Eine außergerichtliche Einigung kann auch ohne ein kostenaufwändiges Gerichtsverfahren erzielt werden. Die Schadensfrage wird dann über die Patientenanwaltschaft und die Schlichtungsstellen der Ärztekammern oder der Zahnärztekammern abgewickelt.
Patientinnen oder Patienten, die befürchten, von Behandlungsfehlern betroffen zu sein bzw. sich durch eventuelle Kommunikationsmängel nicht korrekt informiert fühlen, können sich an die Schieds- bzw. Schlichtungsstellen der Landesärztekammern wenden. Diese Schlichtungsstellen helfen Betroffenen, außergerichtlich durch rechtliche und medizinische Prüfung eine einvernehmliche Lösung zu erzielen. Damit werden lange Gerichtsverfahren mit oft hohen Kosten vermieden. Die Prüfung erfolgt durch eine unabhängige Schlichtungskommission.
Hinweis
Schadenersatzansprüche verjähren nach drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger, längstens nach 30 Jahren. Eine außergerichtliche Streitbeilegung hemmt den Fortlauf der Verjährungsfrist für maximal 18 Monate.
Nähere Informationen und Kontakte finden Sie unter Patientenanwaltschaften und Schlichtungsstellen.
Anschluss an ein Strafverfahren
Gesetzesverletzungen können strafrechtlich von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden. Dies gilt auch für den Bereich des Gesundheitswesens. In einem Strafprozess kann sich die Patientin oder der Patient auch als privatbeteiligte Partei dem Verfahren anschließen, um Schadenersatzansprüche geltend zu machen.
Entschädigungsfonds
Für Schadensfälle in öffentlichen Krankenhäusern – nicht aber für private Spitäler oder niedergelassene Arztpraxen – stehen in den Ländern sogenannte Patienten-Entschädigungsfonds zur Verfügung. Dieser wird durch Patientenbeiträge im Krankenhaus gespeist. Die Auszahlungen sind an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. So müssen seltene und schwere Komplikationen vorliegen oder Schadensfälle unklar sein, z.B. hinsichtlich der Verursachung und der Verschuldensfrage. Auf die Gewährung einer Entschädigung besteht kein Rechtsanspruch. Ebenso darf noch kein Zivilverfahren im Laufen sein. Derartige Schadensfälle werden üblicherweise über die Patientenanwaltschaften abgewickelt.
Hinweis
In einigen Bundesländern (wie etwa Oberösterreich oder Vorarlberg) sind Spitäler gesetzlich verpflichtet, Ombudsstellen direkt beim Krankenhaus einzurichten, an die sich Patientinnen und Patienten mit Fragen und Beschwerden wenden können.
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 9. Juni 2022
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Dr. Gerald Bachinger