Skoliose: Was ist das?
Inhaltsverzeichnis
Welche Ursache hat Skoliose?
Skoliosen können unterschiedliche Ursachen haben:
Idiopathische Skoliose
In 80 bis 90 Prozent der Skoliosen ist die Ursache nicht bekannt. In diesem Fall wird sie als idiopathische Skoliose bezeichnet. Die idiopathische Skoliose wird nach der Lungenreife und nach dem Alter der Patientin/des Patienten unterteilt. Mädchen sind dreieinhalb Mal so häufig betroffen wie Jungen. Als infantile Skoliose wird sie bei Patientinnen/Patienten bis zu drei Jahren bezeichnet. Vom dritten bis zum zehnten Lebensjahr definiert man die Skoliose als juvenil und ab dem elften Lebensjahr als adoleszent.
Je nach Ausprägung der Skoliose (Cobb-Winkel) ist auch nach Abschluss des Längenwachstums noch mit einer weiteren Zunahme der Verkrümmung zu rechnen.
Kongenitale Skoliosen
Diese Form der Skoliosen werden durch angeborene Entwicklungsfehler der Wirbelkörper hervorgerufen. Die Häufigkeit (Prävalenz) der kongenitalen Skoliosen liegt bei 0,5 bis 1 Prozent. Die Einteilung findet je nach Deformierung des Wirbelkörpers statt (Formations- und Segmentationsstörungen).
Eine Miedertherapie ist hierbei nicht zielführend. Die Art und der Zeitpunkt der Operation sind abhängig von der Art der Fehlbildung.
Neuromuskuläre Skoliosen
Sie stellen ein komplexes und individuelles Erscheinungsbild dar. Neuromuskuläre Skoliosen sind als Symptom einer zugrunde liegenden Erkrankung zu verstehen. Zu den häufigsten Ursachen zählen die Muskeldystrophie Duchenne, Erkrankungen aus dem VACTERL Formenkreis, infantile Zerebralparese und Neurofibromatose.
Eine frühzeitige operative Korrektur ist u.a. wichtig zur Verhinderung eines weiteren Voranschreitens der Erkrankung sowie dem Erhalt der Steh-, Geh- und Sitzfähigkeit.
Das Ausmaß des Voranschreitens der Erkrankung hängt vom Zeitpunkt des Auftretens der Skoliose, dem Winkel zwischen den Rippen und dem apikalen Wirbel (RVAD) sowie der skelettalen Reife ab.
Welche Risikofaktoren gibt es?
Die Ursachen einer Skoliose werden derzeit noch erforscht. Ein bekannter Risikofaktor für die Entstehung einer Skoliose ist eine familiäre Veranlagung. Laut derzeitigem Stand der Wissenschaft könnte eine Codierung der RNA ausschlaggebend sein.
Hinweis
Eine Skoliose hat nichts mit einer schlechten Haltung zu tun. Zudem sind auch keine Möglichkeiten bekannt, einer Skoliose vorzubeugen.
Wie wird die Skoliose eingeteilt?
Die Einteilung einer Skoliose erfolgt nach der zugrunde liegenden Erkrankung. Die gängigste Klassifikation erfolgt nach Lenke. Hierbei werden sechs Skoliosetypen nach Krümmungstyp, Ausmaß der Abweichung im Lendenbereich (lumbal) und der thorakalen (den Brustkorb betreffend) Kyphose sowie der Beweglichkeit unterschieden. Hierbei wird auch die sagittale Krümmung (von vorne nach hinten verlaufend) berücksichtigt.
Die Therapie ist abhängig vom Ausmaß der diagnostizierten Verkrümmung (Cobb-Winkel). Sie kann regelmäßige Kontrollen, Physiotherapie, Behandlungen mit Korsett/Mieder oder eine Operation umfassen.
Welche Symptome können auftreten?
Je nach Ausmaß des Verkrümmungsgrades werden unterschiedliche Symptome hervorgerufen. Im Vordergrund steht die kosmetische Beeinträchtigung der Patientinnen und Patienten. Nur bei hochgradigen Skoliosen können Einschränkungen der Herz- und Lungenfunktion auftreten. Im Laufe des Lebens kann es bei unbehandelter Skoliose zu Bewegungseinschränkungen, chronischen Schmerzen und einer erhöhten Sterblichkeit (Mortalität) kommen.
Folgende Anzeichen können auf eine Skoliose hindeuten:
- Niveauunterschied der Schultern, Schulterblätter, der Hüfte oder Brust („schiefe“ Schultern),
- Vorstehen eines Schulterblattes,
- Taillenasymmetrie: Hautfalte auf einer Seite der Taille,
- Beckenschiefstand (gekipptes Becken),
- unterschiedliche Taillendreiecke (Lendenwulst),
- asymmetrischer Brustkorb,
- Rippenbuckel,
- Hautveränderungen über den Dornfortsätzen und
- Abweichen der Dornfortsätze.
Wie verläuft eine Skoliose?
Bei juvenilen (kindlichen) idiopathischen Skoliosen nimmt der Cobb-Winkel in 95 Prozent der Fälle um ein bis drei Grad bis zum zehnten Lebensjahr zu. Während des pubertären Wachstums zeigt sich eine Zunahme des Cobb-Winkels um fünf bis zehn Grad pro Jahr.
Bei adoleszenten (jugendlichen) idiopathischen Skoliosen schreitet die Erkrankung umso stärker voran, je größer der Cobb-Winkel ist. Zusätzlich spielt die knöcherne Reife und das potentielle Wachstum – die Skelettreife – eine Rolle. Sie wird mittels Beckenübersichtsröntgen ermittelt und in so genannten Risser-Stadien angegeben. Ein Risser-Stadium von 0 bedeutet, dass das Knochenwachstum noch in vollem Gange ist, ein Risser-Stadium von 5, dass es vollständig abgeschlossen ist. Je mehr die Skelettreife fortgeschritten ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Skoliose zunimmt.
Im Erwachsenenalter nimmt die Skoliose bei einem Cobb-Winkel zwischen 30 bis 50 Grad über einen Zeitraum von 30 bis 40 Jahre um circa 20 Grad zu. Bei einem Cobb-Winkel über 50 Grad ist ein Fortschreiten von 0,5 bis ein Grad pro Jahr zu erwarten. Bei geringen oder stark ausgeprägten Cobb-Winkeln (kleiner 30 Grad und größer 80 Grad) ist mit keinem Fortschreiten der Skoliose zu rechnen.
Wie wird die Diagnose gestellt?
Zunächst erhebt die Ärztin/der Arzt eine ausführliche Anamnese. Dabei wird insbesondere erfragt, ob den Eltern bzw. den Patientinnen/Patienten eine Verschlechterung aufgefallen ist. Kinder und Jugendliche mit idiopathischen Skoliosen weisen typischerweise keine Schmerzen auf. Berichtet eine Patientin/ein Patient dennoch über Schmerzen, sollte eine ausführliche Abklärung durchgeführt werden. Dabei können auch eine Untersuchung des Herzens und der Lunge (kardiopulmonale Funktion) sowie eine gründliche neurologische Untersuchung angezeigt sein. Neben der Familienanamnese sollte bei Mädchen ebenfalls der Zeitpunkt der ersten Regelblutung erfragt werden. Dies ist von Bedeutung, da das Wachstum der Wirbelsäule für gewöhnlich etwa zwei Jahre nach Einsetzen der Regelblutung weitestgehend abgeschlossen ist.
Wichtig ist ebenfalls die Erhebung von psychischen Problemen. Durch die kosmetische Beeinträchtigung haben viele Patientinnen/Patienten ein gestörtes Selbstwertgefühl. Häufig isolieren sich die Patientinnen/Patienten und nehmen kaum mehr Sozialkontakte wahr.
Die körperliche Untersuchung umfasst unter anderem:
- Sitz- und Stehgröße,
- Armspanne,
- Gewicht,
- Gesicht und Gehörgang,
- Kennmuskulatur (ein Muskel, der von einem Rückenmarkssegment innerviert wird) und Muskelreflexe,
- Taillendreieck, Schultern, Brustkorb, Becken, Hüfte und Knie,
- Ausschluß von Einschränkungen der Beweglichkeit eines Gelenks (Kontrakturen) sowie der Füße,
- Vorliegen einer Beinlängendifferenz,
- Adams-Vorbeuge-Test.
Die Diagnose wird durch eine Röntgenaufnahme der Wirbelsäule gestellt. Dabei werden Oberkörper sowie Becken stehend von vorne sowie seitlich aufgenommen. Anhand der Röntgenaufnahmen kann die Ärztin/der Arzt den Winkel der Verkrümmung der Wirbelsäule messen und so das Ausmaß der Skoliose eruieren (Winkelmessung nach Cobb).
Wie kann man vorbeugen?
Einer Skoliose kann grundsätzlich nicht vorgebeugt werden. Wichtig sind allerdings das rechtzeitige Erkennen einer Deformation der Wirbelsäule sowie ein früher Therapiebeginn. Wird noch während des Wachstums gegengesteuert, kann das Voranschreiten einer Skoliose gestoppt bzw. ihre Ausprägung verringert werden.
Eltern können vorbeugen, indem sie die Körperhaltung ihrer Kinder regelmäßig beobachten und bei Auffälligkeiten eine Ärztin/einen Arzt aufsuchen. Sie können sich dabei an eine spezialisierte Skoliose-Ambulanz eines Krankenhauses wenden.
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 12. Januar 2021
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Prim. Univ. Doz. Dr. Mag. Christian Bach