Somatoforme Störungen: Diagnose & Therapie
Inhaltsverzeichnis
Darum wird gut abgewogen, welche Abklärungen vorteilhaft sein könnten und welche (wiederholten) Untersuchungen eher kontraindiziert sind. Denn solche können es erschweren, dass Betroffene für einen psychischen Zusammenhang der Erkrankung erkennen können. Funktionelle Körperbeschwerden werden meist durch verschiedene körperliche, psychische und soziale Faktoren hervorgerufen. Bei der Diagnose und Therapie geht es für die Patientinnen/Patienten auch darum, mögliche Ursachen und Zusammenhänge ihrer Beschwerden nachvollziehen zu können.
Wie wird die Diagnose einer somatoformen Störung gestellt?
Zur Abklärung bei Verdacht auf eine somatoforme Störung findet im ersten Schritt eine ausführliche Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) statt. Dabei werden auch psychisch belastende Faktoren abgefragt. Zum Beispiel im Beruf, der Familie oder die eigene Gesundheit betreffend. Oder ob es sehr einschneidende Erlebnisse gab (z.B. Tod eines geliebten Menschen, Jobverlust etc.). Hierbei ist wichtig zu wissen, dass psychosomatische Reaktionen oft zeitversetzt einsetzen. Das erschwert, dass die/der Betroffene ihre/seine Symptome in Zusammenhang mit lebensgeschichtlichen Ereignissen bringt. Ebenso erfolgt eine körperliche Untersuchung.
Weitere Abklärungen können je nach Beschwerden notwendig sein (z.B. Laboruntersuchungen, EKG) etc. Bis zur endgültigen Diagnosestellung werden mitunter auch Fachärztinnen/Fachärzte verschiedener Richtungen hinzugezogen. Oft ist es ein langer Weg bis Betroffene eine Erklärung für ihre Beschwerden finden.
Wie erfolgt die Behandlung einer somatoformen Störung?
Aufgrund des unterschiedlichen Verlaufs und Schweregrads können Behandlungsphasen unterschieden werden:
- Erfolgt bereits in einem frühen Stadium eine Behandlung, liegt der Schwerpunkt auf ärztlicher, psychotherapeutischer oder klinisch-psychologischer Beratung und Beruhigung – in dem Sinne, dass keine körperliche Erkrankung vorliegt.
- Bei lang andauernden, sehr belastenden Beschwerden wird dabei zusätzlich ein therapeutischer Schwerpunkt auf Information und Selbsthilfe – etwa im Rahmen einer Psychoedukation empfohlen.
- Bei schwereren Verläufen umfasst eine Behandlung zusätzlich Psychotherapie (z.B. Ansätze aus der Verhaltenstherapie, der Psychoanalyse oder Hypnosepsychotherapie). Dabei können auch Achtsamkeitstechniken zur Anwendung komme sowie ggf. auch psychosoziale Unterstützungsmöglichkeiten zur Alltagsbewältigung.
Die Anwendung von Medikamenten sollte bei somatoformen Störungen eher zurückhaltend erfolgen. Am ehesten kommen Antidepressiva zur Anwendung. Es können u.a. auch Physiotherapie oder Ergotherapie hilfreich sein. Wenn eine Behandlung früh beginnt, kann ein chronischer Verlauf möglicherweise verhindert werden. Schonung oder Vermeidungsverhalten bzw. nicht notwendige Diagnostik und Therapie kann sich negativ auf den Verlauf auswirken. Die Beschwerden und die Behandlung sollten in regelmäßigen Abständen unter die Lupe genommen werden. Wirkt die Behandlung? Welche Beschwerden sind aktuell vorhanden?
Die Therapie erfordert mitunter Geduld. Es ist sinnvoll, Schritt für Schritt Therapieziele zu setzen. Dabei können vorhandene Ressourcen wiederentdeckt und Problemlösungsstrategien entwickelt werden.
Was kann ich selbst tun?
Welche Maßnahmen individuell zu einem passen, wird im Rahmen eines therapeutischen Gesprächs besprochen. Betroffene können dann darauf achten, was davon Ihnen persönlich besonders gut tut und dies versuchen, in den Alltag einzubauen. Wie z.B.:
- Allgemein einen gesunden Lebensstil pflegen (gesunde Bewegung, Ernährung und „Pflege“ der Psyche, für ausreichend Schlaf sorgen),
- am sozialen Leben teilnehmen (z.B. Kontakt im Freundeskreis, Hobbies),
- aktiv bei der Beratung/Behandlung mitmachen,
- Achtsamkeitstraining,
- wohltuende Lebensveränderungen überdenken (z.B. eventuell Jobwechsel),
- sich bei seriösen Quellen über das Krankheitsbild informieren,
- an einer Selbsthilfegruppe teilnehmen.
Prinzipiell sind Maßnahmen hilfreich, die das Gefühl vermitteln, aktiv etwas für sich zu tun. Das erfordert zwar oft Überwindung und Kraft, erweist sich jedoch meist als sehr unterstützend. Dabei ist es empfehlenswert, sich in kleinen Schritten heranzutasten und etappenweise Ziele zu setzen.
Wohin kann ich mich wenden?
Wenn Sie den Verdacht haben, an psychosomatischen Beschwerden zu leiden, können Sie sich vor allem an folgende Ansprechstellen wenden:
- Ärztinnen/Ärzte für Psychiatrie (und psychotherapeutische Medizin)
- Ärztinnen/Ärzte mit Weiterbildung in psychotherapeutischer Medizin
- Psychotherapeutin/Psychotherapeut
- Klinische Psychologin/klinischer Psychologe
- Ambulanzen für Psychosomatik
Wie erfolgt die Abdeckung der Kosten?
Alle notwendigen und zweckmäßigen Diagnose- und Therapiemaßnahmen werden von Ihrem zuständigen Sozialversicherungsträger übernommen. Bei bestimmten Leistungen kann ein Selbstbehalt oder Kostenbeitrag anfallen. Detaillierte Informationen erhalten Sie bei Ihrem Sozialversicherungsträger. Weitere Informationen finden Sie außerdem unter Arztbesuch: Kosten & Selbstbehalte sowie unter Rezeptgebühr: So werden Medikamentenkosten abgedeckt.
Informationen zur Kostenübernahme von Psychotherapie finden Sie unter Psychotherapeutin/Psychotherapeut sowie unter Psychotherapie: Angebote & Adressen. Informationen zur Kostenübernahme von klinisch-psychologischer Diagnostik und Beratung bzw. Behandlung finden Sie unter Klinische Psychologin/Klinischer Psychologe . Über die jeweiligen Bestimmungen informieren Sie sich bitte zudem bei Ihrem Krankenversicherungsträger, den Sie über die Website der Sozialversicherung finden.
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 28. Juli 2020
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Univ.-Prof.in Dr.in phil. habil. Christiane Eichenberg, Sigmund Freud Privat Universität Wien Fakultät für Medizin, Institut für Psychosomatik