Kokainabhängigkeit: Diagnose & Therapie
Inhaltsverzeichnis
Wie wird die Diagnose gestellt?
Der Nachweis illegaler Drogen erfolgt über Laboruntersuchungen. Weitere Informationen finden Sie in der Laborwertetabelle unter Kokain/Urin. Neben dieser Laboruntersuchung können Tests auf weitere Drogen vorgenommen werden. Laborparameter wie z.B. Leberwerte, Blutgase, Blutgerinnungsstörungen sind für die Ärztin/den Arzt ebenfalls ausschlaggebend. Erkrankungen wie beispielsweise eine Myokardischämie werden u.a. per Labor abgeklärt. In manchen Fällen sind auch umfassendere Untersuchungen erforderlich, z.B. um Erkrankungen/Schädigungen des Herzens oder der Lunge festzustellen. Für die Abklärung einer möglichen Infektion (beispielsweise Hepatitis, HIV) sind ebenfalls spezielle Laboruntersuchungen unumgänglich. Relevant für Diagnose und Behandlung ist außerdem, ob bereits früher ärztliche Beratung und therapeutische Maßnahmen (etwa Entzugsbehandlungen) stattgefunden haben.
Wie erfolgt die Behandlung bei Kokainkonsum & Abhängigkeit?
Die Therapie orientiert sich an den Bedürfnissen der Einzelnen/des Einzelnen. Sie kann stationär (oftmals), ambulant oder teilambulant erfolgen. Die Ärztin/der Arzt entscheidet über die erforderlichen Maßnahmen. Nicht selten müssen Patientinnen/Patienten von der Notwendigkeit einer Beendigung des Konsums und der Inanspruchnahme von Hilfe überzeugt sowie zu einem Behandlungsbeginn und später zum Weiterführen der Behandlung motiviert werden.
Das Überwinden einer Abhängigkeit sowie die Behandlung von Entzugssymptomen und Begleiterkrankungen sind wesentliche Pfeiler der Therapie. Es können jedoch auch akute Komplikationen/medizinische Notfälle im Vordergrund stehen.
Im Rahmen der Therapie eines Kokainrausches, aber auch bei Entzugssymptomen ist die Beruhigung der Betroffenen wesentlich („Talking down“). Kommt es zu ausgeprägten Angst- und Panikzuständen bzw. starker psychomotorischer Erregung, können Medikamente notwendig sein (z.B. Benzodiazepine).
Besondere Bedeutung kommt der psychischen Situation der Betroffenen zu. Neben medizinischen Problemen – körperlichen wie psychischen Erkrankungen und Beschwerden – zählen außerdem zwischenmenschliche Konflikte im sozialen Umfeld (z.B. Familie, Freundeskreis) sowie fehlende soziale Integration zu den Problemfeldern bei Kokainkonsumentinnen/-konsumenten. Auch finanzielle und juristische Probleme können vorliegen.
Wird ein lange andauernder und/oder intensiver Kokainkonsum eingestellt oder reduziert, zeigen sich nach einigen Stunden bis Tagen Entzugssymptome. Ein intensiver Kokainkonsum geht oft mit dem Konsum anderer teils illegaler Substanzen einher, die nach Beendigung des Konsums ebenfalls zu Entzugserscheinungen führen können. Eine Kokainabhängigkeit erfordert meist umfassende medizinische und psychotherapeutische bzw. psychosoziale Behandlung.
Kokainentzug
Wird der Konsum eingestellt, kann sich vor allem bei intensiver und lange andauernder Verwendung von Kokain ein Entzugssyndrom zeigen. Der Entzug von Kokain läuft im Groben in mehreren Phasen ab und kann anhand eines Drei-Phasen-Modells beschrieben werden. Geprägt sind diese Phasen von depressiver Tendenz und Suizidgedanken:
- Crash-Phase. Nach wenigen Stunden bis Tagen tritt die Phase des „Zusammenbruchs“ ein. Sie ist dominiert von teils starker depressiver Verstimmung, Niedergeschlagenheit, Energiemangel, Müdigkeit, (starker) Dysphorie, Selbstzweifeln und Schlafstörungen.
- Entzugsphase. Diese dauert eine bis einige Wochen. Bemerkbar macht sich ein ausgeprägtes Verlangen nach Kokain (Craving), begleitet von Mattigkeit, starkem Selbstzweifel, Depressivität und Antriebslosigkeit etc.
- Löschungsphase. Es zeigen sich Albträume, die in Zusammenhang mit Drogen und Rauscherlebnissen stehen und immer wiederkehren. Ein starkes Verlangen nach der Substanz kann sich immer wieder äußern.
Bei Bedarf werden Entzugsphasen, aber auch nachfolgende Therapien medikamentös unterstützt (Psychopharmaka). Um einen Entzug durchzuführen, kann ein stationärer Aufenthalt unumgänglich sein.
Generell ist bei Kokain oftmals der starke innere Drang, die Droge zu konsumieren, besonders ausgeprägt. Betroffene versuchen häufig verzweifelt und durch verschiedenste Mittel und Wege, die Substanz zu erhalten. Auch lange nach der Zeit des Entzugs ist es möglich, dass ein – teils heftiges – Verlangen nach Kokain auftritt. Die Rückfallgefahr ist dementsprechend groß. Bedeutend ist daher auch eine professionelle Begleitung nach dem Entzug.
Psychische Probleme & Begleiterkrankungen
Ein Kokainkonsum kann zu körperlichen, psychischen und sozialen Problemen führen. Auch Jahre später ist unter Umständen noch mit Folgen und Beeinträchtigungen zu rechnen. Interessenlosigkeit, Apathie, Konzentrationsstörungen, sozialer Rückzug und vieles mehr, können auch im Nachhinein auftreten.
Komorbide Störungen wie affektive Störungen, Schizophrenie, Persönlichkeitsstörungen, posttraumatische Belastungsstörungen, Essstörungen, etc. treten ebenfalls bei Kokainkonsumentinnen/-konsumenten auf. Außerdem können sich drogeninduzierte Psychosen entwickeln (Kokainpsychose) mit Halluzinationen, paranoiden Wahnvorstellungen und Beeinträchtigungen des Realitätsbezuges, die sich teils zurückbilden. Ein Dermatozoenwahn, bei dem Betroffene glauben, Insekten, Parasiten oder Würmer würden sich unter der Haut befinden und bewegen, kann im Zusammenhang mit Kokain ebenfalls vorkommen.
Psychische Probleme können allerdings auch langfristig bestehen und müssen therapiert werden. Die Behandlung von Begleit- und Folgeerkrankungen wie beispielsweise des Herz-Kreislauf-Systems, chronische Infektionen (Hepatitis C, HIV etc.), Störungen der Leberfunktion u.v.m. gehören bei entsprechender Diagnose zum Behandlungsplan. Kontrolluntersuchungen (Drogennachweis sowie Verlaufskontrolle von Erkrankungen und Beschwerden) werden ebenfalls vorgenommen.
Wohin kann ich mich wenden?
Erster Ansprechpartner ist oftmals eine ambulante Einrichtung (z.B. Suchtberatungsstelle) oder die entsprechende Ambulanz eines Krankenhauses. Außerdem kann die Hausärztin/der Hausarzt gegebenenfalls Überweisungen in die Wege leiten. Bei Jugendlichen sind Fachärztinnen und Fachärzte für Kinder- und Jugendheilkunde sowie für Kinder- und Jugendpsychiatrie Ansprechpartner. In den Diagnoseprozess sind Ärztinnen/Ärzte verschiedener Fachrichtungen sowie klinische Psychologinnen/Psychologen involviert.
Eine Behandlung erfolgt interdisziplinär und oftmals stationär (auf Sucht spezialisierte Klinik, entsprechende Abteilung eines Krankenhauses). Verschiedene Einrichtungen können damit betraut sein. Neben Ärztinnen/Ärzten verschiedener Fachrichtungen sind Psychotherapeutinnen/Psychotherapeuten und klinische Psychologinnen/Psychologen beteiligt sowie verschiedene auf Sucht spezialisierte Fachkräfte.
Wie erfolgt die Abdeckung der Kosten?
Die Kosten für die ärztliche Untersuchung zur Abklärung einer Abhängigkeit werden im Normalfall von den Sozialversicherungsträgern übernommen.
Die interdisziplinäre Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen (inklusive Psychotherapie) findet auch in spezialisierten ambulanten und stationären Einrichtungen statt, die Verträge mit den Krankenversicherungsträgern abgeschlossen haben. Für diese Behandlungsfälle werden im Regelfall die Kosten zur Gänze übernommen. Bei bestimmten Leistungen (z.B. Psychotherapie bei niedergelassenen Psychotherapeutinnen/ Psychotherapeuten) kann u.a. ein Antrag auf Kostenzuschuss durch den Krankenversicherungsträger gestellt werden. Weitere Informationen finden Sie unter Psychotherapeutin/Psychotherapeut und Psychotherapie: Angebote & Adressen.
Über die jeweiligen Bestimmungen informieren Sie sich bitte zudem bei Ihrem Krankenversicherungsträger, den Sie über die Website der Sozialversicherung finden.
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 10. Juli 2020
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Prim. Dr. Karlheinz Christian Korbel, Facharzt für Psychiatrie