Entwicklung im ersten Lebensjahr
Inhaltsverzeichnis
Hinweis
Jedes Kind entwickelt sich in seinem eigenen Tempo. Informationen zur individuellen Entwicklung kann Ihnen Ihre Kinderärztin oder Ihr Kinderarzt geben. Zudem finden regelmäßig Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen statt. Auch bei diesen achtet die Kinderärztin oder der Kinderarzt auf die Entwicklung Ihres Kindes.
Wie passt sich ein Baby an seine Umgebung an?
Im Vergleich zum Mutterleib ist die neue Umgebung anfangs noch ungewohnt für Neugeborene. Zur Anpassung an die Umwelt zählen unter anderem:
- Steuerung von lebensnotwendigen Körperfunktionen: Atmung, Körpertemperatur, Kreislauf sowie Verdauung. Diese Prozesse laufen „automatisch“ im Körper ab.
- Entwicklung von regelmäßigen Zeiten von Schlafen und Wachen sowie von Essen.
- Steuerung von innerer Anspannung und Erregung: Eine Selbstberuhigung ist anfangs nur mit der Hilfe der engsten Bezugspersonen möglich, meist sind das die Eltern. Durch körperliche Nähe sowie etwa tröstende Worte können sie das Baby unterstützen. Mit der Zeit gelingt es den Kindern immer mehr, sich selbst wieder zu entspannen.
Was können Babys wahrnehmen?
Babys können hören, sehen, schmecken und riechen. Sie können auch Berührung, Bewegung und Schmerz spüren. Hörsinn und Sehsinn reifen mit der Zeit weiter aus. Die Verarbeitung, Steuerung und Reaktion in Hinblick auf Sinnesreize entwickelt ein Kind erst nach und nach. Erfahrungen von Berührung, Körperkontakt, Hören der menschlichen Stimme sowie das Anschauen von Gesichtern regen die Wahrnehmung von Babys an.
Wie entwickelt sich das Sehvermögen im ersten Lebensjahr?
Babys sehen nach der Geburt noch unscharf. Sie nehmen ihre Umwelt in Umrissen wahr. Am besten sehen Babys in einer Entfernung von 20 bis 25 cm. Hell-Dunkel-Kontraste kann das Baby bereits wahrnehmen. Die Sehfähigkeit wird mit der Zeit immer besser. Im ersten Lebensjahr lernt das Gehirn, Informationen über den Sehsinn zu verarbeiten.
Mit ca. drei bis vier Monaten haben Babys ein räumliches Vorstellungsvermögen und können Bewegungen mit den Augen nachverfolgen. Mit ungefähr sieben bis acht Monaten erkennen Babys Gegenstände außerhalb ihrer Reichweite. Sehschärfe sowie die Wahrnehmung von Farben und Kontrasten eines einjährigen Kindes nähern sich langsam dem Sehvermögen eines normalsichtigen Erwachsenen an. Gesichter von nahen Bezugspersonen sind für Babys besonders interessant. Je besser die Kinder sehen, desto neugieriger werden sie. Sie greifen nach Gegenständen, halten sie in den Händen. So lernen sie, Hände und Augen gleichzeitig gut zu benutzen, auch mit dem Mund erkunden sie Gegenstände.
Wie entwickelt sich die Sprache im ersten Lebensjahr?
Stimmen, vor allem von nahen Bezugspersonen wie den Eltern, sind für Babys besonders interessant. Babys verstehen zunächst noch nicht, was gesagt wird. Sie hören jedoch die Stimmlage. Diese kann ihnen Geborgenheit und Zuneigung vermitteln. Je öfter Sie sich mit Ihrem Kind unterhalten, desto vertrauter wird es mit der Sprache. Gutes Hören und das Lernen von Sprache hängen zusammen.
Mit ca. drei oder vier Monaten kann ein Baby den eigenen Namen heraushören sowie Freude von Ärger in der Stimmlage unterscheiden. Mit der Zeit lernt, es den Zusammenhang zwischen Gesichtsausdrücken und Stimmlage zu verstehen. Ab ungefähr acht Monaten beginnt das Baby, die Bezeichnung von Gegenständen zu begreifen. Dies bezieht sich jedoch vorerst auf Gegenstände in der unmittelbaren Umgebung. Mit Ende des ersten Lebensjahres versteht ein Baby 50 bis 100 Wörter. Es kann einfachen Aufforderungen folgen sowie auf kleine Fragen reagieren, z.B.: „Wo ist Papa?“
Wie „sprechen“ Babys?
In den ersten Lebensmonaten ist Schreien das wichtigste Mittel des Ausdrucks von Babys. Allerdings kann es das Befinden auch durch Körpersprache, Blickkontakt oder Gesichtsausdruck vermitteln. Die Eltern gehen meist ganz natürlich darauf ein. Dazu zählt z.B. Beruhigung bei Schreien oder mit dem Baby sprechen bei Blickkontakt.
Mit ungefähr zwei Monaten beginnen Babys zu gurren oder zu schnalzen. Das sind erste Übungen für die Stimme. Kurz danach treten Laute wie brummen oder quietschen sowie Jauchzen auf. Auch erste Vokale wie „A“ kann das Baby bilden. Zwischen dem sechsten und zehnten Monat kommen Silben hinzu, z.B. „dada“. Gegen Ende des ersten Lebensjahrs beginnt das Baby meist, erste Wörter zu sprechen, etwa „Mama“.
Wie entwickelt sich das Denkvermögen im ersten Lebensjahr?
Von Geburt an setzt sich das Baby auf seine Weise mit seinem Umfeld auseinander. Es lernt mit der Zeit, Zusammenhänge zuzuordnen bzw. Vorstellungen darüber zu entwickeln. Dazu zählen zum Beispiel:
- Zuordnung zu „Das kenne ich“ oder „Das kenne ich noch nicht“
- Ist dieses Signal etwas Wichtiges?
- Ist das etwas Angenehmes oder Unangenehmes?
- Kann ich etwas mit meinem Verhalten bewirken?
- Ist das mein Körper oder der Körper meiner Mutter?
Bis zum achten Monat ist etwas für ein Baby nur vorhanden, wenn es den Gegenstand oder die Person direkt sieht. Erst danach kann es zuordnen, dass die Dinge oder Menschen weiterhin da sind – auch außerhalb der eigenen Sichtweite. Mit ca. acht oder neun Monaten erkennt das Kind, dass es etwas bewirken kann: zum Beispiel auf etwas drücken und ein Geräusch ertönt. Ein Baby ordnet diese Eindrücke jedoch noch nicht so sprachlich ein, wie es größere Kinder oder Erwachsene tun.
Wie entwickeln sich Gefühle im ersten Lebensjahr?
Vom ersten Moment an kann ein Baby Folgendes ausdrücken: Es kann lächeln, schreien, sich erschrecken sowie Interesse und Ekel zeigen. Gefühle, wie sie größere Kinder und Erwachsene haben, entwickeln sich im Laufe der geistigen Entwicklung sowie durch soziale Erfahrungen.
Zunächst kann das Baby wahrnehmen, ob es sich wohlfühlt oder nicht. Oder ob es zu etwas Lust hat oder nicht. Die Mutter bzw. der Vater reagiert auf die jeweiligen Zeichen des Babys, zum Beispiel Schreien oder den Gesichtsausdruck. Dadurch lernt das Baby immer mehr über seine Wahrnehmungen bzw. Gefühle und die Ausdrucksmöglichkeiten dafür. Ab dem dritten Monat kann ein Baby Freude zeigen, z.B. durch Lächeln. Mit ungefähr drei bis vier Monaten kann das Kind Traurigkeit und Ärger ausdrücken, z.B. durch Zusammenziehen der Augenbrauen.
Zwischen sechs und acht Monaten entwickeln Babys Gefühle, wie sie uns allen bekannt sind. Dazu gehören Überraschung und Furcht. Die Furcht äußert sich etwa durch das „Fremdeln“ bei unbekannten Personen. Das Baby hat dann Furcht vor Menschen, die ihm nicht vertraut sind. Mit Ende des ersten Lebensjahres erleben Kinder die ersten starken Gefühle, z.B. Trennungsangst. Auch die Gefühle von den Bezugspersonen sind für sie nun besser einzuordnen, z.B. Angst oder Freude. Babys ahmen diese Gefühle zudem nach.
Der Umgang mit den neuen und intensiven Gefühlen ist nicht leicht. Das Kind benötigt noch Trost oder Ablenkung von den Eltern, um damit umzugehen. Mit zunehmendem Alter lernt das Kind, sich auch selbst zu beruhigen oder abzulenken – in der Gewissheit: „Es ist jemand für mich da.“
Wie entwickeln sich Fähigkeiten der Bewegung im ersten Lebensjahr?
Babys müssen erst lernen, sich zielgerichtet zu bewegen. Zu Beginn strampeln sie und bewegen Arme und Körper mit. Die Lage des Körpers können sie noch nicht verändern. Dazu benötigen sie Hilfe. Nach der Geburt kann das Baby auch seinen Kopf noch nicht halten. Daher müssen Kopf und Rücken beim Hochnehmen gestützt werden!
Ungefähr ab dem dritten Monat fängt das Kind an, langsam Arme und Hände gezielt zu bewegen. Zu dieser Zeit ist es auch in der Lage, den Kopf im Sitzen und in Bauchlage aufrecht zu halten. In den kommenden Monaten werden die Bewegungen immer zielsicherer und mehr aufeinander abgestimmt. Ab dem vierten bis sechsten Monat kann sich ein Kind in Bauchlage mit den Händen abstützen. Der Kopf ist dabei frei beweglich.
Zwischen drei und sieben Monaten lernt ein Baby nach und nach, sich vom Bauch auf den Rücken und wieder zurück zu drehen. Das kann sehr unerwartet gelingen. Daher ist es wichtig, das Baby nie ohne Aufsicht auf erhöhte Flächen, zum Beispiel am Wickeltisch, zu legen! Mit zehn Monaten können meist alle Kinder frei sitzen.
Welche Rolle spielt das Greifen für ein Baby?
Ein Neugeborenes hat einen sogenannten Greifreflex. Dieser ist angeboren und wird ausgelöst durch das Berühren der Innenfläche der Hand. Je mehr ein Baby lernt, bewusst zu greifen, desto schwächer wird dieser Reflex. Er verschwindet schließlich nach ca. zwei bis sechs Monaten. Das Greifen ermöglicht den Kindern, die Welt um sich herum mit den Händen zu erfahren. Mit acht bis zwölf Monaten ist der sogenannte Pinzettengriff möglich. Dabei nehmen die Kinder mit Daumen und Zeigefinger etwas in die Hand.
Kinder müssen jedoch auch erst lernen, etwas wieder loszulassen. Das kann so aussehen, als würde das Kind etwas wegwerfen. Meist ist das in diesem Alter jedoch ein Versuch, einfach etwas loszulassen.
Ab wann kann sich ein Baby fortbewegen?
Im Alter zwischen sieben und fünfzehn Monaten lernen die meisten Kinder, sich fortzubewegen. Daher ist es auch wichtig, die Wohnung „kindersicher“ zu machen. Tipps dazu finden Sie in der Broschüre „ElternTIPPs. Babyalter – Das erste Lebensjahr“ (Bundeskanzleramt).
Kinder bewegen sich im ersten Lebensjahr unterschiedlich fort. Meist rutschen sie im Kreis, robben, gehen auf allen Vieren – bis sie sich schließlich hochziehen und nach und nach frei gehen. Aber es gibt auch Kinder, die eher durch die Wohnung rollen oder auf dem Hosenboden rutschen, bevor sie aufstehen. Es ist möglich, dass Kinder einfach aufstehen und gehen, ohne sich vorher auf andere Art fortzubewegen. Der Prozess des Gehenlernens findet zwischen neun und fünfzehn Monaten statt. Bevor Kinder frei gehen, halten sie sich meist noch an etwas an, zum Beispiel an der Hand einer Person oder an einem Sessel.
Tipp
Weitere umfangreiche Informationen über die kindliche Entwicklung im ersten Lebensjahr und wie sie diese unterstützen können, finden Sie in der Broschüre „ElternTIPPs. Babyalter – Das erste Lebensjahr“ (Bundeskanzleramt) sowie in der Broschüre „Das Baby“ (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung).
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 17. Mai 2023
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Dr.in Beate Priewasser, Klinische Psychologin, Gesundheitspsychologin