Diabetes: Insulintherapie
Inhaltsverzeichnis
Wie wirkt Insulin?
Insulin ist ein wichtiges Hormon für den Zuckerstoffwechsel: Es sorgt dafür, dass Zucker aus dem Blut in die Körperzellen aufgenommen wird. Dadurch nimmt der Zuckergehalt im Blut ab. In den Zellen wird der Zucker verwertet und in Energie umgewandelt.
Insulin wird normalerweise in der Bauchspeicheldrüse produziert. Die Bauchspeicheldrüse misst dauernd, wie hoch der Zuckergehalt im Blut ist: Ist er hoch, schüttet sie Insulin aus, um ihn zu senken.
Ohne Insulin sammelt sich der Zucker im Blut an, und die Zellen erhalten zu wenig Zucker. Dies hat verschiedene Auswirkungen auf die Gesundheit.
Wie viel Insulin braucht der Körper?
- die Tageszeit,
- was man isst und trinkt,
- wie viel Energie man verbraucht, z.B. durch Bewegung und Sport,
- die Einnahme bestimmter Medikamente,
- bestimmte Erkrankungen,
- hormonelle Veränderungen, z.B. Schwangerschaft.
Personen mit Diabetes – vor allem Typ-1-Diabetes - müssen regelmäßig den Blutzuckerwert kontrollieren und lernen, den Insulinbedarf genau an die jeweilige Situation anzupassen.
Kontrolle des Blutzuckerwertes
Die Kontrolle des Blutzuckerwertes kann z.B. mit einem Blutstropfen aus der Fingerkuppe erfolgen. Der Blutstropfen wird auf einen Teststreifen aufgebracht, ein Messgerät misst anschließend den Blutzuckerwert.
Zudem gibt es heute auch die Möglichkeit der sogenannten kontinuierlichen Gewebezuckermessung, kurz CGM: Die Betroffenen tragen dabei ein kleines Gerät am Körper. Dieses misst in kurzen Abständen mithilfe eines speziellen Sensors den Zuckerwert im Unterhautgewebe. Das Gerät schützt vor starken Blutzuckerschwankungen: Bei einem zu hohen oder zu niedrigen Zuckerwert schlägt das Gerät Alarm, und es kann rechtzeitig gegengesteuert werden. Manche Geräte können mit einer Insulinpumpe kombiniert und über eine gemeinsame Anzeige bedient werden.
Wie wird Insulin bei einer Insulintherapie verabreicht?
Bei einer Insulintherapie wird das Insulin unter die Haut verabreicht, z.B. in den Bauch oder in den Oberschenkel. Vom Unterhautfettgewebe gelangt es weiter ins Blut. Über das Blut kann sich das Insulin im Körper verteilen und seine Wirkung entfalten.
Hinweis
Insulin kann nicht in Form von Tabletten eingenommen werden, da es im Magen abgebaut werden würde. Um zu wirken, muss es ins Blut gelangen.
Insulin kann mit einer Spritze, einem Insulinpen oder mit einer Insulinpumpe verabreicht werden. Der Großteil der Menschen mit Diabetes verwendet Insulinpens: Ein Insulinpen ist eine Injektionshilfe in Form eines Stiftes. Die benötigten Insulineinheiten lassen sich auf dem Pen einstellen und können dann genau so verabreicht werden. Bei der Verwendung von Insulinpens und Insulinspritzen muss auf die jeweiligen Herstellerangaben geachtet werden.
Eine Insulinpumpe ist ein kleines batteriebetriebenes Gerät, das dauerhaft am Körper getragen wird. Eine dünne Nadel am Bauch führt ins Unterhautfettgewebe, ein flexibler Schlauch verbindet die Nadel mit dem etwa streichholzgroßen Gerät. Das Gerät gibt regelmäßig Insulin unter die Haut ab. Bei Bedarf kann die oder der Betroffene auf Knopfdruck zusätzliche Insulinmengen zuführen. Das Injektionsset mit der Nadel muss alle paar Tage gewechselt werden, dies macht die oder der Betroffene in der Regel selbst.
Welche Form der Insulinverabreichung am besten geeignet ist, entscheidet die Ärztin oder der Arzt gemeinsam mit der oder dem Betroffenen.
Welche Insulinarten gibt es für die Therapie?
Für die Behandlung von Diabetes werden verschiedene Insuline eingesetzt. Sie unterscheiden sich vor allem darin, wie schnell ihre Wirkung eintritt und wie lange sie anhält. Dementsprechend werden die Insuline eingeteilt in:
- schnellwirksame Insuline, auch Kurzzeitinsuline oder Bolusinsuline genannt
- intermediär wirksame Insuline
- langwirksame Insuline, auch Langzeitinsuline, Basalinsuline, Verzögerungsinsuline oder NPH-Insuline genannt
- Mischinsuline, d.h. Kombinationen aus schnell- und langwirksamen Insulinen
Langwirksame und intermediär wirksame Insuline beginnen etwa ein bis zwei Stunden nach der Verabreichung zu wirken. Ihre Wirkung hält stundenlang an, je nach Präparat bis zu 24 Stunden. Sie können den Grundbedarf an Insulin über längere Zeit gleichmäßig abdecken.
Schnellwirksame Insuline beginnen bereits fünf bis 30 Minuten nach der Verabreichung zu wirken. Die Wirkung hält rund drei bis maximal acht Stunden an. Sie können einen kurzfristig höheren Insulinbedarf schnell abdecken und werden z.B. zu den Mahlzeiten verabreicht.
Die einzelnen Insulinarten können je nach Form der Insulintherapie unterschiedlich eingesetzt und miteinander kombiniert werden.
Welche Formen der Insulintherapie gibt es?
Es gibt verschiedene Formen der Insulintherapie. Welche Form am besten geeignet ist, sollte die oder der Betroffene gemeinsam mit der Ärztin bzw. dem Arzt individuell festlegen. Dabei müssen z.B. das individuelle Ausmaß des Insulinmangels und das Vorliegen weiterer Erkrankungen sowie auch die jeweilige Lebenssituation, der Tagesablauf oder die Essgewohnheiten berücksichtigt werden.
Alle Insulintherapien haben das Ziel, den Blutzuckerwert möglichst konstant zu halten und zu hohe oder zu niedrige Werte zu vermeiden.
Wie erfolgt die Insulintherapie bei Diabetes Typ 1?
Patienten mit Typ-1-Diabetes benötigen eine lebenslange Insulintherapie. Sie ist lebensnotwendig, da die Bauchspeicheldrüse zu wenig oder gar kein Insulin produziert.
Bei der Behandlung des Typ-1-Diabetes werden schnell- und langwirksame Insuline miteinander kombiniert. Dies erfolgt in der Regel nach einem Basal-Bolus-Prinzip. Das bedeutet: Ein langwirksames Basalinsulin deckt den Grundbedarf an Insulin über den Tag ab. Es wird ein- bis zweimal täglich zu festen Zeiten verabreicht. Zusätzlich wird über den Tag verteilt wiederholt ein schnellwirksames Insulin verabreicht. Dieses fängt kurzfristig steigende Blutzuckerwerte ab, z.B. nach dem Essen.
Die Insulintherapie nach dem Basal-Bolus-Prinzip wird auch als intensivierte Insulintherapie, kurz ICT, als funktionelle Insulintherapie, kurz FIT, oder als flexible Insulintherapie bezeichnet. Sie ist die Standardtherapie bei Typ-1-Diabetes. Der Vorteil liegt darin, dass jeweils genau so viel Insulin verabreicht wird, wie gerade benötigt wird. Betroffene können dadurch ihren Tagesablauf flexibel gestalten: Sie müssen sich nicht an feste Essenszeiten halten oder darauf achten, festgelegte Mengen an Kohlenhydraten zu essen.
Voraussetzung ist, dass die Betroffenen mehrmals pro Tag den Blutzuckerwert messen. Zudem sind genaue Kenntnisse darüber wichtig, wie der Insulinbedarf berechnet wird. Die Betroffenen besuchen spezielle Schulungen und werden engmaschig betreut.
Therapie mit Insulinpumpe (CSII PUMPE)
Die Behandlung mit der Therapiepumpe wird auch als kontinuierliche subkutane Insulininfusion bezeichnet. Sie stellt eine besondere Form der intensivierten Insulintherapie dar. Die Insulinpumpe arbeitet ebenfalls nach dem Basal-Bolus-Prinzip. Sie gibt in regelmäßigen Zeitabständen Insulin ab, um den Grundbedarf an Insulin abzudecken. Zudem kann die oder der Betroffene auf Knopfdruck zusätzliche Gaben auslösen, z.B. zu den Mahlzeiten. Bei der Behandlung mit einer Insulinpumpe wird nur schnellwirksames Insulin zugeführt.
Konventionelle Insulintherapie
Bei der konventionellen Insulintherapie spritzt sich die oder der Betroffene zweimal täglich zu festgelegten Zeiten eine festgelegte Menge Insulin. Dabei handelt sich meist um eine Mischung aus schnell- und langwirksamen Insulinen, sogenannten Mischinsulinen.
Die konventionelle Insulintherapie kommt bei Typ-1-Diabetes nur in seltenen Ausnahmefällen zum Einsatz. Sie ist für Personen geeignet, die eine möglichst einfache Insulintherapie benötigen. Sie wird vereinzelt bei älteren Personen mit Typ-2-Diabetes angewandt, siehe unten.
Wie erfolgt die Insulintherapie bei Diabetes Typ 2?
Wenn sich der Blutzucker mit einer Anpassung des Lebensstils und mit Medikamenten nicht mehr ausreichend senken lässt, brauchen auch Personen mit Typ-2-Diabetes eine Insulinbehandlung.
Üblicherweise kommt zunächst ein länger wirksames Insulin oder Basalinsulin zum Einsatz. Es wird einmal täglich verabreicht und soll den Blutzuckerwert über den Tag möglichst konstant halten. Die blutzuckersenkenden Medikamente werden weiter eingenommen. Diese Form der Behandlung wird auch als basalunterstützte orale Insulintherapie, kurz BOT, bezeichnet. Sie ist für die Betroffenen relativ einfach umsetzbar: Es sind keine mehrfachen Blutzuckermessungen am Tag nötig. Betroffene müssen jedoch auf feste Essenszeiten achten.
Auch Personen mit Typ-2-Diabetes, die Wirkstoffe aus der Gruppe der GLP-1-Analoga spritzen, beginnen eine Insulintherapie meist mit der einmal täglichen Zufuhr eines Basalinsulins. Es sind auch Kombinationen aus Basalinsulin, GLP-1-Spritzen und oralen Medikamenten möglich.
Anstelle des langwirksamen Insulins kann die medikamentöse Therapie auch mit einem kurzwirksamen Insulin kombiniert werden. Mediziner:innen bezeichnen dies als supplementäre Insulintherapie, kurz SIT. Das kurzwirksame Insulin wird mehrmals täglich vor den Mahlzeiten gespritzt. Es fängt die steigenden Blutzuckerwerte nach dem Essen ab. Betroffene müssen bei dieser Therapieform keine festen Essenszeiten einhalten. Es sind jedoch regelmäßige Kontrollen des Blutzuckerwertes erforderlich, um die Insulingabe daran anzupassen.
Vereinzelt kommt bei Typ-2-Diabetes eine sogenannte konventionelle Insulintherapie zum Einsatz. Dabei wird zweimal täglich zu festen Zeiten eine Mischung aus schnell- und langwirksamen Insulinen, sogenannten Mischinsulinen, verabreicht. Die Insulindosis ist festgelegt.
Das Insulin wirkt gleichmäßig über den ganzen Tag. Der Tagesablauf wird an die Insulinwirkung angepasst: Es ist wichtig, zu festgelegten Zeiten eine festgelegte Menge an Kohlenhydraten zu essen. Wird dies nicht eingehalten, besteht die Gefahr einer Unterzuckerung. Betroffene müssen regelmäßig den Blutzucker kontrollieren. Niedrige Blutzuckerwerte müssen mit Zwischenmahlzeiten ausgeglichen werden.
Diese Therapieform ist nur für Personen geeignet, die einen sehr gleichförmigen Tagesablauf haben und eine möglichst einfache Insulintherapie benötigen. Sie kommt z.B. für ältere Personen infrage oder für Personen, die den Anforderungen einer intensivierten Insulintherapie nicht gerecht werden können.
Nur sehr selten brauchen Personen mit Typ-2-Diabetes eine intensivierte Insulintherapie wie bei Typ-1-Diabetes, siehe oben.
Welche Komplikationen können bei einer Insulintherapie auftreten?
Häufige Komplikationen einer Insulinbehandlung sind Unterzuckerungen oder Überzuckerungen: Wird zu viel Insulin verabreicht, besteht die Gefahr einer Unterzuckerung. Wird zu wenig Insulin verabreicht, besteht die Gefahr einer Überzuckerung.
Mehr zum Thema: Diabetes: Überzuckerung & Unterzuckerung
Warum ist eine Patientenschulung wichtig?
Personen mit Diabetes müssen lernen, mit der Erkrankung zu leben und sie in ihren Alltag zu integrieren. Dazu gehört z.B., den Blutzucker regelmäßig zu messen, den Kohlenhydratanteil von Lebensmitteln abzuschätzen und den Insulinbedarf zu berechnen. Auch der Umgang mit dem Insulin, das Spritzen und das richtige Verhalten im Notfall muss erlernt werden. Patientenschulungen vermitteln die nötigen Kenntnisse zu diesen und anderen wichtigen Themen. Zudem helfen sie den Betroffenen, trotz der Erkrankung eine gute Lebensqualität zu bewahren.
Wohin kann ich mich wenden?
Für die Behandlung von Diabetes können Sie sich an folgende Stellen wenden:
- Ärztin bzw. Arzt für Allgemeinmedizin
- Fachärztin bzw. Facharzt für Innere Medizin mit dem Zusatzfach Endokrinologie und Stoffwechsel
- Diabetes-Ambulanz
Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt wird oft von Expertinnen und Experten aus anderen Gesundheitsberufen unterstützt, z.B. Diätologinnen und Diätologen oder Psychologinnen und Psychologen. Bei Bedarf werden auch andere Fachärztinnen und Fachärzte hinzugezogen, z.B. für Nervenerkrankungen (Neurologie), Nierenerkrankungen (Nephrologie), Herzerkrankungen (Kardiologie) oder Gefäßchirurgie.
Wie erfolgt die Abdeckung der Kosten?
Die e-card ist Ihr persönlicher Schlüssel zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Alle notwendigen und zweckmäßigen Diagnose- und Therapiemaßnahmen werden von Ihrem zuständigen Sozialversicherungsträger übernommen. Bei bestimmten Leistungen kann ein Selbstbehalt oder Kostenbeitrag anfallen. Detaillierte Informationen erhalten Sie bei Ihrem Sozialversicherungsträger. Weitere Informationen finden Sie außerdem unter:
- Recht auf Behandlung
- Arztbesuch: Kosten und Selbstbehalte
- Was kostet der Spitalsaufenthalt
- Rezeptgebühr: So werden Medikamentenkosten abgedeckt
- Reha & Kur
- Heilbehelfe & Hilfsmittel
- Gesundheitsberufe A-Z
sowie über den Online-Ratgeber Kostenerstattung der Sozialversicherung.
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 12. Januar 2023
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Prim. Univ.Prof. Dr. Bernhard Ludvik, Facharzt für Innere Medizin, Zusatzfach Innere Medizin (Endokrinologie u. Stoffwechselerkr.)