Diabetes: Unterzuckerung und Überzuckerung
Inhaltsverzeichnis
Der Zuckerstoffwechsel wird in erster Linie vom Hormon Insulin gesteuert. Wie viel Insulin der Körper benötigt, hängt vom Blutzuckerwert ab und wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Leichte Schwankungen des Blutzuckerwertes über den Tag verteilt sind normal. Sie kommen auch bei Gesunden vor.
Bei Personen mit Diabetes fehlt das Insulin, oder es kann nicht richtig wirken. Es können mitunter starke Schwankungen des Blutzuckerwertes auftreten. Je nach Schwere können sie gefährliche Auswirkungen haben.
Mehr zum Thema: Diabetes Typ 1 und Diabetes Typ 2
Was ist eine Unterzuckerung?
Von einer Unterzuckerung spricht man, wenn der Blutzuckerwert unter 60 mg/dl liegt. Die Unterzuckerung wird auch als Hypoglykämie bezeichnet.
Welche Ursachen hat eine Unterzuckerung?
Eine Unterzuckerung tritt in erster Linie als Nebenwirkung einer Diabetesbehandlung auf. Die Gefahr besteht vor allem für Personen, die mit Insulin oder mit bestimmten blutzuckersenkenden Medikamenten behandelt werden. Wenn die zugeführte Menge an Insulin oder Medikamenten größer ist als der Bedarf, sinkt der Blutzuckerspiegel zu stark ab.
Mögliche Ursachen einer Unterzuckerung sind unter anderem:
- eine Mahlzeit wurde ausgelassen oder der Anteil an Kohlenhydraten war zu gering
- das Insulin wurde falsch dosiert oder zum falschen Zeitpunkt gespritzt, z.B. zu lange vor dem Essen
- das Insulin wirkt schneller als gewohnt; dies ist z.B. der Fall, wenn es nicht unter die Haut, sondern in den Muskel gespritzt wurde oder bei großer Wärme, z.B. in der Sonne
- ungeplante körperliche Anstrengung
- Alkoholkonsum: nach dem Trinken von Alkohol sinkt der Blutzucker stark ab; dies kann z.B. zu einer Unterzuckerung im Schlaf führen, wenn abends getrunken wurde.
Personen mit Diabetes lernen in Schulungen, worauf sie bei der Ernährung und der Medikamenteneinnahme achten müssen, um Unterzuckerungen zu vermeiden. Zudem ist es wichtig, dass sie die Anzeichen rasch erkennen und entsprechend darauf reagieren können.
Welche Symptome können bei einer Unterzuckerung auftreten?
Mögliche Anzeichen einer akuten Unterzuckerung sind:
- schneller Puls,
- Schweißausbruch,
- Blässe,
- Kopfschmerzen,
- Heißhunger,
- Zittern, weiche Knie,
- Krämpfe,
- Unruhe, Angst,
- Konzentrationsstörungen, Verwirrtheit, Wortfindungsstörungen,
- Bewusstseinsstörungen.
Eine starke Unterzuckerung kann im Extremfall zu Krampfanfällen und zur Bewusstlosigkeit führen und lebensbedrohlich werden.
Unterzuckerung: Was ist im Notfall zu tun?
Bei einer akuten Unterzuckerung ist rasches Handeln wichtig: Die oder der Betroffene sollte schnell Kohlenhydrate zu sich nehmen, z.B. Traubenzucker, Gummibärchen oder Fruchtsaft. Manche Personen erhalten von der Ärztin oder dem Arzt Spritzen für den Notfall. Diese Spritzen enthalten das Hormon Glukagon, das dazu führt, dass der Blutzuckerwert ansteigt. Seit Kurzem gibt es auch einen einfach zu bedienenden Nasenspray, der Glukagon enthält.
Leichte Unterzuckerungen können die Betroffenen selbst beheben, wenn sie die Anzeichen rechtzeitig erkennen. Es besteht jedoch die Gefahr, dass Betroffene die Situation nicht richtig einschätzen können, z.B. weil rasch Verwirrtheit und Konzentrationsstörungen einsetzen. In diesen Fällen ist rasche ärztliche Hilfe erforderlich. Zögern Sie nicht, die Rettung unter 144 zu rufen, wenn Sie Anzeichen einer Unterzuckerung an jemandem bemerken!
Achtung
Wenn jemand nicht in der Lage ist, selbst etwas zu essen oder zu trinken, versuchen Sie nicht, der Person etwas einzuflößen! Es besteht Erstickungsgefahr!
Was ist eine Überzuckerung?
Von einer Überzuckerung spricht man, wenn der Blutzuckerspiegel über 140 mg/dl liegt. Die Überzuckerung wird auch als Hyperglykämie bezeichnet. Eine dauerhafte Überzuckerung des Blutes führt zur Diagnose Diabetes.
Welche Ursachen hat eine Überzuckerung?
Bei Personen mit Diabetes können verschiedene Faktoren dazu führen, dass der Blutzucker ansteigt. Zum Beispiel:
- wenn der Körper mehr Insulin braucht als sonst, z.B. bei Infekten, schweren Erkrankungen, Stress, Einnahme bestimmter Medikamente,
- wenn kein oder zu wenig Insulin zugeführt wird,
- wenn das zugeführte Insulin nicht richtig wirkt, z.B. aufgrund defekter Insulinpumpe oder Pen, falscher Lagerung des Insulins bei Hitze etc.,
- wenn keine oder zu wenig blutzuckersenkenden Medikamente eingenommen werden.
Personen mit Diabetes lernen in Schulungen, Überzuckerungen zu vermeiden und auf mögliche Anzeichen entsprechend zu reagieren.
Welche Symptome können bei einer akuten Überzuckerung auftreten?
Ein stark steigender Blutzuckerspiegel führt zu einer zunehmenden Entgleisung des Stoffwechsels. Diese kann im Extremfall Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma auslösen und lebensbedrohlich sein. Mediziner:innen sprechen von einem diabetischen oder hyperglykämischen Koma.
Beim Typ-1-Diabetes wird dieser Notfall als ketoazidotisches Koma bezeichnet, beim Typ-2-Diabetes als hyperosmolares Koma.
Notfall: Ketoazidotisches Koma
Eine starke Überzuckerung kann bei Personen mit Typ-1-Diabetes zu einer sogenannten Ketoazidose bis hin zum ketoazidotischen Koma führen: Wenn der Körper immer weniger Insulin produziert, sammelt sich immer mehr Zucker im Blut an, gelangt aber nicht in die Zellen hinein. Der Körper muss zur Energiegewinnung auf die Fettreserven zurückgreifen. Dabei entstehen Abbauprodukte, sogenannte Ketonkörper. Die Ketonkörper werden teilweise mit dem Harn ausgeschieden und mit dem Atem abgeatmet. Zudem sammeln sie sich im Blut an. Wenn es zu viele werden, führen sie zu einer Übersäuerung – einer Azidose - des Blutes. Diese kann im schlimmsten Fall lebensbedrohlich werden.
Zusätzlich zu den Anzeichen des erhöhten Blutzuckers deuten folgende Warnzeichen auf die drohende Stoffwechselentgleisung hin:
- Bauchschmerzen,
- Erbrechen,
- sehr tiefe Atemzüge,
- stechender, süßlich riechender Atem, „Acetongeruch“,
- Muskelkrämpfe,
- Sehstörungen,
- Kreislaufversagen,
- Bewusstseinseintrübung bis hin zu Bewusstseinsverlust und Koma.
Die Gefahr einer Ketoazidose besteht immer dann, wenn die Insulinreserven des Körpers vollständig aufgebraucht sind oder wenn der Insulinbedarf erhöht ist. Sie ist manchmal auch das erste Anzeichen eines bisher nicht diagnostizierten Typ-1-Diabetes. In jedem Fall ist sie lebensbedrohlich und muss sofort behandelt werden.
Notfall: Hyperosmolares Koma
Bei Personen mit Typ-2-Diabetes kann eine starke Überzuckerung zu einem sogenannten hyperosmolaren Koma führen. Der Körper versucht, den überschüssigen Zucker über den Harn auszuscheiden. Dadurch nimmt die Harnproduktion zu, und Betroffene müssen sehr häufig Wasser lassen. Mit der Zeit führt dies zu einem starken Flüssigkeitsmangel. Auch Elektrolyte gehen mit dem Harn verloren, wodurch es letztlich zu einer Entgleisung des Stoffwechsels kommen kann.
Zusätzlich zu den Anzeichen des erhöhten Blutzuckers treten folgende Warnzeichen auf:
- Herzrasen
- niedriger Blutdruck
- Schwächeanfälle
- Krämpfe
- Bewusstseinseintrübungen bis hin zum Koma
Das hyperosmolare Koma entwickelt sich relativ langsam. Betroffen sind meist ältere Personen mit Typ-2-Diabetes. Das Risiko ist z.B. erhöht bei Auftreten von Infekten, bestimmten Erkrankungen oder der Einnahme bestimmter Medikamente.
Überzuckerung: Was ist im Notfall zu tun?
Eine akute Überzuckerung ist in jedem Fall gefährlich und muss rasch behandelt werden. Personen mit Diabetes erhalten eine Schulung darüber, wie sie sich im Notfall verhalten müssen. Erkennen sie die Stoffwechselentgleisung rechtzeitig, können sie sich unter Umständen selbst helfen und z.B. schnell wirkendes Insulin spritzen. In jedem anderen Fall ist rasche ärztliche Hilfe erforderlich.
Zögern Sie nicht, die Rettung unter 144 zu rufen, wenn Sie Anzeichen einer akuten Überzuckerung an jemandem bemerken! Es besteht die Gefahr, dass sich ein diabetisches Koma entwickelt. Dieses kann lebensbedrohlich sein.
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 12. Januar 2023
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Prim. Univ.Prof. Dr. Bernhard Ludvik, Facharzt für Innere Medizin, Zusatzfach Innere Medizin (Endokrinologie u. Stoffwechselerkr.)