Kniebandverletzungen
Inhaltsverzeichnis
Wie ist das Kniegelenk aufgebaut?
Das Kniegelenk ist das größte Gelenk des menschlichen Körpers und verbindet den Oberschenkel mit dem Unterschenkel. Es besteht aus Knochen, Knorpel und Bändern. Zum beteiligten Bandapparat zählen die im Inneren des Kniegelenks verlaufenden zwei Kreuzbänder und die beiden Seitenbänder an der Innen- und Außenseite des Knies.
- Das vordere Kreuzband zieht sich von der Rückseite des äußeren Gelenkfortsatzes (Condylus lateralis) des Oberschenkelknochens (Femur) zur Vorderseite des Schienbeins (Tiba).
- Das hintere Kreuzband zieht sich von der Vorderseite des inneren Gelenkfortsatzes (Condylus medialis) des Oberschenkelknochens zur Rückseite des Schienbeins.
- Das Innenband (mediales Kollateralband) verbindet die Innenseiten des Oberschenkelknochens (Femur) mit dem Schienbein (Tibia) und ist mit der Gelenkkapsel verbunden.
- Das Außenband (laterales Kollateralband) verbindet die Außenseiten des Oberschenkelknochens mit dem Wadenbein (Fibula).
Das Innen- und das Außenband stabilisieren das Knie im gestreckten Zustand. Beim Beugen des Knies werden das Innen- und Außenband locker – dann geben die Kreuzbänder dem Kniegelenk Stabilität.
Welche Ursachen hat eine Kniebandverletzung?
Eine häufige Ursache von Verletzungen der Kniebänder sind Unfälle beim Sport. Die Schweregrade reichen von Überdehnung, Teilriss bis zum kompletten Riss, von der einseitigen bis zur doppelseitigen Verletzung. Bei schweren Verletzungen können auch andere Strukturen des Gelenks betroffen sein (Kapsel-Band-Verletzung).
Vorderes Kreuzband
Das vordere Kreuzband ist das am häufigsten verletzte Band des Kniegelenks. Meistens passiert die Verletzung beim plötzlichen Abbremsen oder Stoppen mit einer gleichzeitigen Drehbewegung des Fußes, z.B. rascher Richtungswechsel beim Fußball, wobei der Fuß mit am Rasen hängenbleibt und damit abstoppt, während der Oberschenkel über den fixierten Unterschenkel weiterdreht.
Andere Ursachen, die zu einer Überdehnung (Hyperextension) des Kniegelenks führen sind z.B. ein direkter Schlag auf das Knie oder ein Aufprall bei einem Autounfall. Auch eine starke Anspannung des Oberschenkelstreckmuskels bei gebeugtem Kniegelenk, z.B. bei der Landung nach einem Sprung beim Skifahren oder Snowboarden, kann zu einem Riss des vorderen Kreuzbandes führen.
Hinteres Kreuzband
Eine Verletzung des hinteren Kreuzbandes ist wesentlich seltener als die des vorderen. Meist ist sie mit Begleitverletzungen des Kniegelenks verbunden. Eine mögliche Ursache ist eine direkte Anprallverletzung, die das Schienbein gegen den Oberschenkel nach hinten schiebt, z.B. bei einem Autounfall. Beim Sport kann die Verletzung durch einen Sturz oder Schlag auf das abgewinkelte Knie ausgelöst werden.
Kollateralbänder
Bei den Seitenbändern ist das Innenband (mediales Kollateralband) wesentlich häufiger von einer Verletzung betroffen als das Außenband (laterales Kollateralband). Mögliche Ursachen sind – ähnlich den Kreuzbandverletzungen – Schläge auf das Knie, Kollisionen beim Sport oder Verdrehungen des Kniegelenks.
Welche Symptome können bei einem Sehnenriss im Knie auftreten?
Die Symptome sind je nach Art und Schwere der Verletzung unterschiedlich stark ausgeprägt. Manche Patientinnen/Patienten verspüren beim Unfall ein „Knacken“ oder „Schnalzen“ im Knie oder haben das Gefühl, dass etwas gerissen ist. Innerhalb weniger Stunden können sich eine schmerzhafte Schwellung und ein Bluterguss bilden. Meist ist die Beweglichkeit eingeschränkt. Wenn das Kreuzband isoliert reißt sind Schmerzen und Schwellung aber oft überraschend gering, daher wird die Breuzbandverletzung vom Betroffenen gar nicht so selten bagatellisiert und damit auch nicht behandelt.
Nach Abklingen der Schwellung ist das Knie häufig instabil. Es kann in bestimmten Richtungen über den normalen Spielraum hinaus bewegt werden. Manche Betroffene haben das Gefühl, „das Knie gibt nach“ („giving way“). Typisch für den vorderen Kreuzbandriss ist ein spontanes Weggleiten des Unterschenkels beim (Abwärts-) Gehen. Beim selteneren hinteren Kreuzbandriss sind Schmerzen an der Hinterseite des Knies, vor allem beim Kauern und Knien, typisch. Bei bestimmten Bewegungen kann das Knie „blockieren“.
Erste Hilfe
Bei Verdacht auf eine Bandverletzung im Knie gilt für Erste-Hilfe-Maßnahmen die PECH-Regel (Pause, Eis, Compression, Hochlagern): Stellen Sie das Knie ruhig, kühlen Sie es, legen Sie einen Kompressionsverband an und lagern Sie wenn möglich den Fuß hoch. Suchen Sie eine Ärztin/einen Arzt auf oder verständigen Sie die Rettung (144). Weitere Informationen finden Sie unter Sportverletzungen und unter Notfall: Verletzungen.
Wie wird die Diagnose gestellt?
Zunächst erhebt die Ärztin/der Arzt die Krankengeschichte und frägt nach dem Hergang der Verletzung. Anschließend untersucht die Ärztin/der Arzt das Knie und prüft seine Stabilität und Beweglichkeit mithilfe verschiedener Funktionstests.
Bei einem Verdacht auf einen Kreuzband- oder Seitenbandriss ist für eine genaue Diagnose ein MRT notwendig. Röntgenaufnahmen können Aufschluss über begleitende Knochenbrüche geben. Eventuell können Ultraschalluntersuchungen zur unterstützenden Diagnostik eingesetzt werden.
Wie erfolgt die Behandlung einer Bandverletzung im Knie?
Die akute Behandlung besteht aus Ruhigstellung, Kühlung, Compression und Hochlagern des Knies, entsprechend der PECH-Regel. Ev. verordnet die behandelnde Ärztin/der behandelnde Arzt schmerzlindernde Medikamente. Die Ärztin/der Arzt informiert die Patientin/den Patienten, ob das Knie vorsichtig belastet werden kann, ev. mithilfe von Unterarmgehstützen. Unter Umständen wird eine Schiene oder Orthese verordnet, um das Knie vor einer neuerlichen Überdehnung zu schützen.
Die weitere Behandlung einer Kreuzband- oder Seitenbandverletzung erfolgt entweder konservativ (ohne Operation) oder mit Operation. Die Wahl der Behandlung hängt von der Lage, der Art und vom Ausmaß der Bandverletzung und möglicher Begleitverletzungen ab. Auch die sportliche Aktivität der Patientin/des Patienten und das Alter spielen dabei eine Rolle.
Die konservative Therapie wird vor allem bei Patientinnen/Patienten vorgeschlagen, die körperlich wenig aktiv sind oder Sportarten mit gleichmäßigen Bewegungen ohne besondere Belastungen der Knie betreiben, z.B. Radfahren oder Schwimmen. Dabei wird auf eine Operation verzichtet und mittels physiotherapeutischer Übungen versucht, die Stabilität und die motorischen Funktionen des Kniegelenks zu verbessern bzw. wiederherzustellen. Die Kräftigung der umgebenden Muskeln, v.a. der Oberschenkelmuskeln spielt hierbei eine große Rolle. Durch die Physiotherapie soll zudem das Risiko für Folgeschäden an den Menisken und Knorpeln oder die Entstehung von degenerativen Erkrankungen des Kniegelenks verringert werden.
Eine Operation zur Wiederherstellung (Rekonstruktion) des Kreuz- oder Seitenbandes wird meist bei Patientinnen/Patienten durchgeführt, die Sportarten mit hohen Belastungen der Knie betreiben oder unter starker Instabilität des Knies leiden. Auch bei umfangreichen Bandverletzungen in Verbindung mit anderen Begleitverletzungen des Kapsel-Band-Apparats (z.B. Meniskusverletzung) ist eine Operation notwendig.
Ein Einriss des Bandes kann unter Umständen genäht werden. Bei einem kompletten Bänderriss wird in einer meist arthroskopischen Operation ein Ersatzgewebe eingesetzt. Dafür werden entweder ein eigenes Transplantat der Patientin/des Patienten (Autograft), ein Transplantat einer anderen Spenderin/eines anderen Spenders (Allograft) oder ein künstlicher Sehnenersatz verwendet.
Wie erfolgt die Rehabilitation?
Möglichst früh nach der Operation wird mit der Rehabilitation durch funktionelle Bewegungstherapie begonnen. Ziel ist, wie bei der konservativen Therapie, die Stabilität und Funktion des Kniegelenks zu verbessern bzw. wiederherzustellen. Nach Anleitung, z.B. durch die Physiotherapeutin/den Physiotherapeuten, können bestimmte Übungen auch selbstständig durchgeführt werden. Je nach Verletzung kann auch gering intensives Ausdauertraining, z.B. am Fahrradergometer empfohlen werden. Damit kann die Patientin/der Patient selbst einen wichtigen Beitrag zum Erfolg der Therapie leisten.
Wohin kann ich mich wenden?
Bei einem Verdacht auf eine Bandverletzung können Sie sich für die Diagnose und Behandlung an folgende Stellen wenden:
- Notärztin/Notarzt bzw. Rettung (144) bei akuten Beschwerden
- Unfallambulanz in einem Spital
- Ärztin/Arzt für Allgemeinmedizin
- Fachärztin/Facharzt für Orthopädie und Traumatologie
- Fachärztin/Facharzt für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie
- Fachärztin/Facharzt für Unfallchirurgie
- Fachärztin/Facharzt für Physikalische Medizin und allgemeine Rehabilitation
Für eine operative Behandlung ist ein stationärer Aufenthalt notwendig.
Die physikalische Therapie bzw. Bewegungstherapie kann nach ärztlicher Verordnung durch niedergelassene Physiotherapeutinnen/Physiotherapeuten oder Ergotherapeutinnen/Ergotherapeuten erfolgen.
Wie erfolgt die Abdeckung der Kosten?
Die e-card ist Ihr persönlicher Schlüssel zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Alle notwendigen und zweckmäßigen Diagnose- und Therapiemaßnahmen werden von Ihrem zuständigen Sozialversicherungsträger übernommen. Bei bestimmten Leistungen kann ein Selbstbehalt oder Kostenbeitrag anfallen. Detaillierte Informationen erhalten Sie bei Ihrem Sozialversicherungsträger. Weitere Informationen finden Sie außerdem unter:
- Recht auf Behandlung
- Arztbesuch: Kosten und Selbstbehalte
- Was kostet der Spitalsaufenthalt
- Rezeptgebühr: So werden Medikamentenkosten abgedeckt
- Heilbehelfe & Hilfsmittel
- Gesundheitsberufe A-Z
sowie über den Online-Ratgeber Kostenerstattung der Sozialversicherung.
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 30. August 2019
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Univ.Doz. Dr. Christian Gäbler, Facharzt für Unfallchirurgie, Zusatzfach Unfallchirurgie (Sporttraumatologie)