Altersbilder: Wie wir uns das Alter vorstellen
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Altersbilder sind bestimmte Vorstellungen einer Person vom Alter: Vom Zustand des Alt seins, vom Prozess des Älterwerdens oder von älteren Menschen als soziale Gruppe. Auch in der Gesellschaft existieren bestimmte Vorstellungen darüber. Sie bestehen aber nicht von Natur aus, sondern es sind soziale Konstruktionen, die durch das Zusammenleben der Menschen in ihren Lebenswelten (Settings) entstehen.
Im Alltag haben diese sozialen Konstruktionen eine entlastende Funktion für uns: Es sind spontan abrufbare, eingeübte Verhaltensmuster, damit wir in bestimmten Lebenssituationen passendes Verhalten nicht ständig neu erlernen müssen. Beispielsweise wenn wir gelernt haben, achtsam gegenüber gebrechlichen Menschen zu sein und ihnen einen Sitzplatz in einem öffentlichen Verkehrsmittel überlassen.
Welche Altersbilder gibt es?
In der Gesellschaft gibt es nicht nur „ein“ Altersbild, sondern eine Vielzahl. Auch einzelne Personen haben meist mehrere unterschiedliche Bilder vom Alter im Kopf. Alte Menschen sind sowohl mit negativen als auch mit positiven Vorurteilen behaftet: einerseits „gebrechlich, einsam, pflegebedürftig“, andererseits „besonnen, erfahren, gütig“. Diese Bilder können zwar für einen Teil alter Menschen zutreffen, müssen aber nicht auf eine bestimmte Person zutreffen. Man kann zum Beispiel eine defizitorientierte Sicht von einem pflegebedürftigen alten Menschen haben und dabei dessen Entwicklungsmöglichkeiten übersehen. Man kann aber auch eine positive Sicht von einem alten Menschen haben, der durch Wissen oder Engagement für nachfolgende Generationen auffällt und dabei dessen mögliche körperliche Verletzlichkeit ausblenden.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterstreichen: Es gibt keine Zweiteilung in ein rein positives und rein negatives Altersbild, sondern vielfältige Altersbilder. Diese schlagen sich in unterschiedlichen Lebensentwürfen eines Menschen nieder, beispielsweise wie sie/er die Freizeit gestaltet, am sozialen Leben in der Familie und im Freundeskreis teilnimmt, mit Partnerschaft umgeht, Einsamkeit bewältigt etc.
Altersbilder sind wandelbar – je nachdem, in welchem gesellschaftlichen Kontext sie stehen: beispielsweise in der Arbeitswelt, in den Medien und in der Werbung, in der Bildung, in der Gesundheitsversorgung oder in der Pflege. So verändert sich das Bild vom Arbeiten im Alter auch durch den Wandel der Rahmenbedingungen, wie dem steigendem Anteil älterer Arbeitskräfte oder dem Fachkräftemangel.
Kurz-Video: "Altersbilder sind vielfältig"
Ab wann ist man alt? Das Video "Altersbilder sind vielfältig" des Fonds Gesundes Österreich (FGÖ) vermittelt anschaulich, wie divers Altersbilder sein können.
Wie werden Altersbilder transportiert?
Altersbilder spiegeln sich in Meinungen und Einstellungen wider, die zwischen Menschen geteilt werden. Altersbilder werden häufig über Bilder, also visuelle Darstellungen älterer Menschen, transportiert. Dabei werden ältere Frauen und Männer oft auf eine bestimmte Weise darstellt: allein sitzend, passiv. Auf der anderen Seite werden auch "positive" Klischees wie aktiv, durchtrainiert und fit nur allzu oft bedient. Besser wäre es, Menschen zu zeigen, mit denen man sich gerne identifiziert. Echte Menschen - die ihr Leben leben, in all ihrer Vielfalt. Nähere Informationen dazu finden Sie im Leitfaden „Neue Bilder des Alter(n)s".
Auch die Sprache ist ein wichtiges Medium für Altersbilder. So finden wir Klischees und Vorurteile manchmal in der alltäglichen Kommunikation wieder. Deutlich wird dies z.B., wenn mit alten, pflegebedürftigen oder von Demenz betroffenen Menschen in vereinfachter, kindlicher Sprache gesprochen wird, anstatt in wertschätzender Kommunikation.
Auch in gebräuchlichen Redewendungen werden negative Wirkungen das Alter betreffend vermittelt, z.B. „Was man in der Jugend nicht lernt, lernt man im Alter niemals.“ Die Vorstellung, als alten Mensch nicht mehr lehrfähig zu sein, ist aber nicht richtig. Zwar lässt die Gedächtnisleistung im Alter nach. Jeder Mensch ist jedoch bis ins hohe Alter fähig, sich mit Neuem auseinanderzusetzen. Lebenslanges Lernen ist sogar ein wichtiger Schlüssel für ein aktives, selbstbestimmtes Leben im Alter.
Einen engen Zusammenhang bilden auch die Arbeitswelt und zugehörige Altersbilder: Die sogenannte „planmäßige Verjüngung“ der Belegschaft in Unternehmen, verbunden mit der systematischen Einführung der „Frühverrentung“, ist nicht neu. Den Hintergrund für diese Entwicklung bildete ein negatives Altersbild. Phasen hoher Arbeitslosigkeit erhöhen den Druck auf die Älteren dann noch zusätzlich, zugunsten der Jüngeren aus dem Erwerbsleben auszuscheiden. Betriebe leben jedoch von der Verschiedenheit (Diversität) ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von ihren unterschiedlichen Qualifikationen, Erfahrungen und Ideen, von einem produktiven Miteinander von Alt und Jung.
Weitere Informationen unter Arbeiten im Alter.
Welche Wirkungen haben Altersbilder?
Altersbilder sind oft von Vorurteilen und vereinfachten Vorstellungen geprägt. Negative Altersbilder beeinflussen unser Verhalten im Umgang mit alten Menschen. Wer die Meinung hat, dass Alter vor allem mit Gebrechlichkeit, Krankheit, Einsamkeit und geistigem Abbau verbunden ist, wird sich im Alltag in persönlichen Kontakten mit alten Menschen eher dessen Defizite sehen.
Derartige Vorurteile machen es alten Menschen schwerer, ihre vorhandenen Potenziale zu nutzen und ein eigenverantwortliches, selbstständiges Leben zu führen. Wenn sich ältere Menschen selbst an diese Vorurteile anpassen, werden diese auch eher eintreten („selbsterfüllende Prophezeiung“).
Zum Beispiel wenn Betreuungspersonen in pflegebedürftigen Menschen nur ein negatives Altersbild sehen: Aus dieser Einstellung heraus wird Unselbstständigkeit unbewusst unterstützt bzw. ein Bedürfnis nach Selbstständigkeit der alten Menschen zu wenig beachtet. Zudem verstellt dieses negative Altersbild den Blick auf die Tatsache, dass Pflege- bzw. Hilfebedürftigkeit sehr häufig ein soziales „Schicksal“ ist. Die Gründe reichen hier von einer Wohnung in einem höheren Stockwerk ohne Aufzug bis hin zum Mangel an Angehörigenkontakten oder sozialem Netzwerk
Vorurteile und negative Altersbilder stehen gesundem Altern im Weg. Sie können zu Diskriminierung und Ausgrenzung alter Menschen führen. Negative Altersbilder können auch zur Etablierung von Praktiken in Einrichtungen beitragen, die – häufig ohne Absicht – ungerechtfertigte Meinungen und Ungleichbehandlungen stützen.
Warum negative Altersbilder gesundem Altern im Weg steht
„Ageism“, also die soziale und/oder ökonomische Benachteiligung von Menschen aufgrund ihres Lebensalters, kann grundsätzlich alle Altersgruppen betreffen. Erfahren Menschen Diskriminierung, erschwert das die volle Beteiligung am Arbeits- oder insgesamt am gesellschaftlichen Leben. Zudem können psychische Erkrankungen die Folge sein. Altersdiskriminierung ist ein Risiko, dem Einzelne im Verlauf ihres Lebens immer wieder einmal ausgesetzt sein können. Beispiele für Altersdiskriminierung und negative Altersbilder sind:
- Förderungen/Stipendien werden nur für bestimmte Altersgruppen vergeben.
- Ältere Menschen werden als nicht mehr lernwillig oder leistungsfähig eingestuft werden.
Dem gegenüber zeigen wissenschaftliche Untersuchungen die Vorteile eines positiven Altersbildes. Ältere Menschen mit einer positiven Sicht auf das Alter und einem positiven Selbstbild trauen sich mehr zu, bleiben körperlich aktiver oder beteiligen sich öfter an sozialen Aktivitäten, als Menschen mit einem negativen Selbstbild. Ein positives Bild vom Alter ist auch mit einer höheren Lebenserwartung verbunden.
Um die Gesundheit, Unabhängigkeit und Würde im Alter zu erhalten und zu fördern, ist jedenfalls eine individuelle Sicht auf die Bedürfnisse, Interessen und Fähigkeiten eines Menschen sowie auf die Lebenssituation notwendig. Es ist wichtig anzuerkennen, dass die alten Menschen nicht eine homogene Gruppe sind, sondern die individuellen Unterschiede mit zunehmenden Alter an Bedeutung gewinnen.
Wie kann ein positives Altersbild aussehen?
Das Alter kann als ein Lebensabschnitt gesehen werden, in dem man sich selbst verwirklichen kann. Man ist ausgeglichener. Gesundheitliche Beschwerden können auftreten, aber trotzdem ist es möglich, Körper und Geist zu trainieren und aktiv zu sein. Man kann bis ins hohe Alter etwas Neues lernen. Auch die eigenen Einstellungen können sich weiterentwickeln. Lebendige soziale Kontakte im Familien- oder Freundeskreis bereichern das Leben. Die Lebenserfahrung wird geschätzt, man ist auch für andere da und sozial integriert. Es besteht auch die Möglichkeit, sich freiwillig zu engagieren und damit sich weiterhin aktiv in die Gestaltung der Gesellschaft zu beteiligen einen wertvollen Beitrag zu leisten.
Anregungen für ein positives Altersbild bietet die Broschüre des Fonds Gesundes Österreich „Älter werden, aktiv bleiben“.
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 8. Februar 2023
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Fonds Gesundes Österreich