Off-Label-Use
Gerade in der Pädiatrie ist der Off-Label-Use verbreitet, da klinische Studien zur Anwendung von Arzneimitteln an Kindern und Jugendlichen oft fehlen. Die meisten Arzneimittel, die derzeit zur Behandlung kranker Kinder benötigt werden, sind nicht für Kinder zugelassen. Etwa 40 Prozent der Medikamente in der ambulanten Behandlung von Kindern, 70 Prozent in der pädiatrischen Intensivmedizin und 90 Prozent in der Neonatologie müssen außerhalb der zugelassenen Indikationen ("off-label") verwendet werden. Die Häufigkeit des Off-Label-Einsatzes steigt mit der Komplexität der Erkrankung, der Anzahl der pro Kind eingesetzten Medikamente und mit jüngerem Alter.
Da sich Kinder und Jugendliche in Körpergröße und Körperfunktionen altersabhängig voneinander und von Erwachsenen unterscheiden, birgt die Verschreibung von ausschließlich an Erwachsenen getesteten Arzneimitteln jedoch ein Risiko für sowohl unwirksame Dosierungen als auch Überdosierungen und unerwartete Nebenwirkungen. Die Notwendigkeit, kranke Kinder ausreichend zu behandeln, auf der einen Seite, und fehlende Studiendaten auf der anderen Seite, führen dazu, dass sich die behandelnden Ärztinnen und Ärzte bei der Verschreibung in einen gesetzlichen Graubereich bewegen. Die Situation wird besonders bei schwer erkrankten Kindern, die mehrere Arzneimittel gleichzeitig benötigen (Polypharmazie bei Kindern), problematisch; fehlende Daten bedeuten, dass auch potenzielle Arzneimittelwechselwirkungen und Kontraindikationen unbekannt sind.
Die Problematik des Off-Label-Use wurde bereits auf unterschiedlichen Ebenen aufgegriffen:
- In verschiedenen europäischen Ländern wurden Projekte zur Entwicklung von Online-Datenbanken für die Anwendung von Arzneimitteln an Kindern und Jugendlichen verwirklicht (vgl. Datenbanken für die Anwendung von Arzneimitteln an Kindern).
- Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) bietet eine Zusammenfassung zu Evidence of harm from off-label or unlicensed medicines in children auf ihrer Website an (in englischer Sprache, 2004).
- Auf europäischer Ebene trat 2007 die Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 in Kraft, die Erweiterungen von Arzneimitteln um pädiatrische Indikationen vorsieht (vgl. Einschlägige Verordnungen, Institutionen und Aufgaben der EU)
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 20. April 2022
- Gesundheit Österreich GmbH, Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen, Abteilung Evidenz- und Evaluationsstudien
- Redaktion Gesundheitsportal