Arzneimittel: sicher und wirksam behandeln
Inhaltsverzeichnis
Wann werden Arzneimittel eingesetzt?
Viele Verletzungen, Beschwerden oder vorübergehende Erkrankungen kann der Organismus oft selbst und ohne Behandlung heilen. In diesen Fällen können Arzneimittel helfen, beispielsweise Schmerzen zu lindern oder die Heilung zu beschleunigen. Bei schweren Erkrankungen können die Selbstheilungskräfte versagen oder nicht ausreichen. Wird die Erkrankung nicht behandelt, besteht die Gefahr, dass Organe oder Körperfunktionen dauerhaft beeinträchtigt werden.
Was zählt zu den Arzneimitteln?
Die Definition von Arzneimitteln ist gesetzlich geregelt. Laut Arzneimittelgesetz (AMG) sind Arzneimittel Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die
- zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind,
- wenn ihre Wirkung dazu dient, Krankheiten oder Beschwerden zu heilen, zu lindern, vorzubeugen oder zu erkennen.
Hinweis
Auch in Nahrungs- und Genussmitteln sowie Kosmetika werden dem Körper Stoffe zugeführt. Diese Produkte sind aufgrund ihrer Wirkung keine Arzneimittel.
In Österreich müssen alle Arzneimittel ein mehrstufiges Verfahren durchlaufen, bevor sie zugelassen werden. Wirksamkeit und Sicherheit werden dabei eingehend geprüft. Der Gesetzgeber regelt den Einsatz von Arzneimitteln zum Schutz der Patientinnen und Patienten sehr genau. Weitere Informationen finden Sie unter Klinische Prüfung von Arzneimitteln | Gesundheitsportal
Gezielte Wirkung: Worauf es ankommt
Arzneimittel werden unter anderem nach ihrer Wirkungsweise oder ihrem Wirkungsgebiet im Körper beschrieben. Nach der Funktionsweise können sie zum Beispiel entzündungshemmend, fiebersenkend, blutdrucksenkend, schmerzlindernd oder gerinnungshemmend wirken.
Folgende Faktoren beeinflussen die Wirkung eines Arzneimittels:
Wirkstoffe und Hilfsstoffe
Arzneimittel bestehen aus dem eigentlichen Wirkstoff und Hilfsstoffen, mit denen das Präparat zu einer bestimmten Arzneiform verarbeitet wird. Damit der Wirkstoff eingenommen werden kann und anschließend in der gewünschten Zeit zur richtigen Stelle im Körper gelangt, enthält das Medikament verschiedene Hilfsstoffe. Dazu zählen z.B. Vaseline als Salbengrundlage oder Hartfett als Zäpfchenmasse. Hilfsstoffe bringen das jeweilige Arzneimittel in eine Zubereitungsform und beeinflussen deren Eigenschaften. Sie haben eine Trägerfunktion, können die Wirkstofffreigabe steuern oder die Stabilität erhöhen. Oft ist ein Medikament in unterschiedlichen Wirkstoffstärken erhältlich, z.B.100 mg/Tablette oder 50 mg/ml Infusion. Manche Medikamente bestehen aus mehr als einem therapeutischen Wirkstoff. Die Zusammensetzung des Arzneimittels ist in der Gebrauchsinformation (Beipackzettel) beschrieben.
Darreichungsform
Ob Tablette, Creme oder Injektion – die Darreichungsform bestimmt, wie die Stoffe im Körper aufgenommen werden. Das nennt man Resorption.
- Lokale Anwendung: Der Wirkstoff wird direkt an der Stelle verabreicht, wo er wirken soll.
- Systemische Anwendung: Der Wirkstoff wird über die Blutbahn im ganzen Körper verteilt, um die zu behandelnden Stellen zu erreichen. Der Stoff kann dazu über die äußere oder innere Körperoberfläche - Haut oder Schleimhaut des Magen-Darm-Traktes - aufgenommen werden. Er kann in das Gewebe injiziert und über den Blutkreislauf oder das Lymphgefäßsystem im Organismus verteilt werden.
Wirkungsdauer
Die Bioverfügbarkeit beschreibt, wie schnell und in welchem Umfang der therapeutische Wirkstoff zum Zielort im Körper gelangt. Dies wird vom Wirkstoff selbst, von der Wirkungsweise, der Wirkstoffstärke, der Darreichungsform und den Hilfsstoffen beeinflusst. Die Bioverfügbarkeit kann über den Verlauf der Konzentration im Blut (Blutspiegel) gemessen werden. Ist der Blutspiegel bei zwei verschiedenen Arzneimitteln, die den gleichen Wirkstoff enthalten, nahezu identisch, gelten sie als bioäquivalent. Die Bioäquivalenz ist bei der Zulassung von Generika eine wichtige Größe.
Halbwertszeit
Ein Arzneimittel kann rasch aus dem Blutkreislauf verschwinden, aber noch länger im Bereich der Zellen wirken. Die Halbwertszeit eines Arzneimittels gibt an, wie lange es dauert, bis die Hälfte des Wirkstoffes ausgeschieden wird. Danach richtet sich der Einnahmerhythmus des Medikamentes. Einem Medikament, das längere Zeit im Körper bleibt, werden Vorteile bei der kontinuierlichen Behandlung zugeschrieben. Wenn die Einnahme einer Dosis vergessen wird oder einmal zu früh oder zu spät erfolgt, sollten kaum Wirkungsschwankungen auftreten.
Was ist der Unterschied zwischen dem Handelsnamen und Wirkstoffnamen?
Handelsname: Alle zugelassenen Arzneimittel tragen einen Handelsnamen. Der Handelsname ist der Name, den die Firma dem Arzneimittel gibt bzw. unter dem der Hersteller das Medikament verkauft. Die vollständige Bezeichnung eines Arzneimittels besteht aus dem Handelsnamen und der Wirkstoffbezeichnung, gefolgt von Stärke und Darreichungsform.
Handelsnamen oder Namensteile werden oft durch das Symbol ® gekennzeichnet. Die Handelsnamen können in verschiedenen Ländern unterschiedlich lauten.
Wirkstoff- oder Freiname (INN): Jeder Wirkstoff trägt einen sogenannten internationalen markenfreien Namen (Freinamen), der von der WHO festgelegt wurde und weltweit gleich lautet.
Freinamen bestehen aus einem Kürzel oder einer gleichbleibenden Endung, die kennzeichnet, zu welcher Substanzgruppe der Wirkstoff gehört. Internationale Freinamen erleichtern die Zuordnung eines Arzneiwirkstoffs. Sie helfen Reisenden im Ausland, im Bedarfsfall das gleiche Arzneimittel zu bekommen. Jeder Freiname ist ein einmaliger, international gebräuchlicher Name. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verwaltet INN (internationale Freinamen oder Wirkstoffnamen) gemäß ihrem Mandat, internationale Standards zu entwickeln, einzurichten und zu veröffentlichen.
Hinweis
Ein Arzneimittel kann in verschiedenen Ländern unter unterschiedlichen Namen verkauft werden. Welchen Namen ein bestimmtes Medikament in einem Land trägt, kann dann wichtig werden, wenn es eine Patientin oder ein Patient bei einem Auslandsaufenthalt nachkaufen muss. Wichtig ist hierbei der Wirkstoffname (INN), denn dieser ist weltweit gültig.
Generika: Was sind das?
Generika haben neben dem gleichen Wirkstoff auch die gleiche Wirkung und das gleiche Sicherheitsprofil wie bewährte Arzneimittel mit Markennamen. Sie können jedoch wesentlich preiswerter hergestellt werden, weil die Kosten für die Entwicklung und Forschung eines neuen Wirkstoffes entfallen.
Was ein Generikum ist, wird im Arzneimittelgesetz, § 1 (19), und in der europäischen Arzneimittel-Richtlinie definiert.
Demnach ist ein Generikum ein Arzneimittel, das die gleiche Zusammensetzung aus Wirkstoffen aufweist wie das Originatorprodukt. Auch die Darreichungsform – z.B. Tabletten, Saft, Zäpfchen – muss gleich sein. Außerdem muss nachgewiesen werden, dass der Wirkstoff des Generikums im Blut in der gleichen Menge feststellbar ist wie beim Originatorprodukt. Der Nachweis erfolgt in sogenannten Bioverfügbarkeits- bzw. Bioäquivalenzstudien.
Hinweis
Generika können sich in der Zusammensetzung der Hilfsstoffe vom Originalmedikament unterscheiden. Generika müssen – wie das Originalmedikament auch – von der Arzneimittelbehörde zugelassen werden und genauso wirksam sein.
In Österreich sind Vertragsärztinnen und Vertragsärzte der Krankenkassen dazu angehalten, wenn mehrere therapeutisch gleichwertige Arzneimittel zur Verfügung stehen, das kostengünstigste zu verschreiben. Das Info-Tool der Sozialversicherung informiert, ob für ein bestimmtes Medikament therapeutische Alternativen wie Generika zur Verfügung stehen und welches Medikament das preisgünstigste ist.
Wer darf Arzneimittel abgeben?
Grundsätzlich dürfen Arzneimittel nur in Apotheken oder in Hausapotheken von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten verkauft werden. Bei einigen Arzneien – meist pflanzlichen - ist der Verkauf auch in Drogerien und Drogeriemärkten gesetzlich erlaubt. Bestimmte Medikamente sind rezeptpflichtig und dürfen nur von einer Ärztin oder einem Arzt verordnet werden.
Rezeptfreie Arzneimittel dürfen nur von der Apotheke abgegeben werden. Bei ihnen können bei normalem Gebrauch meist nur geringfügige Nebenwirkungen auftreten. Deshalb dürfen sie auch ohne ärztliche Verschreibung – aber nur nach Beratung in der Apotheke – erworben werden. Beispiele für apothekenpflichtige Arzneimittel sind leichte Schmerzmittel zur Behandlung von Kopfschmerzen oder schleimlösende Mittel gegen Erkältungskrankheiten.
Verschreibungspflichtige Medikamente dürfen nur in der Apotheke verkauft werden. Sie werden auch als rezeptpflichtige Arzneimittel bezeichnet. Voraussetzung ist ein entsprechendes Rezept der Ärztin oder des Arztes. Dazu zählen z.B. Antibiotika oder Medikamente zur Behandlung von Bluthochdruck oder Diabetes. Verschreibungspflichtige Medikamente gehören auch zu den apothekenpflichtigen Medikamenten.
Nicht apothekenpflichtige Arzneimittel dürfen auch außerhalb von Apotheken abgegeben werden. Man kann sie im Reformhaus oder in der Drogerie kaufen. Diese Medikamente sind freiverkäuflich, z.B. Mittel gegen Husten und Heiserkeit oder Hornhaut.
Hinweis
Auch freiverkäufliche Medikamente können schädliche Wirkungen haben. Besonders bei Menschen, die regelmäßig andere Medikamente einnehmen. Hier kann es zu Wechselwirkungen kommen. Das bedeutet, dass ein Arzneimittel die Wirkung des anderen z.B. abschwächen oder unerwünscht verstärken kann. Deshalb ist es sinnvoll, der Ärztin oder dem Arzt die Einnahme freiverkäuflicher Medikamente mitzuteilen.
Rezeptfreie, in Österreich zugelassene Medikamente dürfen auch durch registrierte und mit einem Sicherheitslogo gekennzeichnete, legale Internet-Apotheken verkauft werden. Der Verkauf von rezeptpflichtigen Medikamenten über das Internet ist in Österreich verboten. Österreichische Apotheken dürfen auch keine rezeptpflichtigen Arzneimittel innerhalb Österreichs oder ins Ausland versenden.
Weitere Informationen finden Sie unter Online Apotheken - Medikamente aus dem Internet | Gesundheitsportal
Wie erfolgt die Behandlung mit Arzneimitteln?
Die Ärztin oder der Arzt wählt ein Medikament für die Behandlung aus, erklärt der Patientin oder dem Patienten die Dosierung und Anwendung des Arzneimittels sowie seine Wirkung und gibt Hinweise zu möglichen Nebenwirkungen.
Eine Behandlung kann mit rezeptfreien oder rezeptpflichtigen Arzneimitteln erfolgen. Dafür stellt die Ärztin oder der Arzt ein Rezept aus. Diese Regelung dient der Sicherheit der Patientinnen und Patienten, da Medikamente auch unerwünschte Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen haben können. Bei rezeptfreien Medikamenten ist kein ärztliches Rezept notwendig.
Gebrauch von rezeptfreien Arzneimitteln
Gegen leichte Beschwerden können Patientinnen und Patienten rezeptfreie Arzneimittel – sogenannte Over-The-Counter-Arzneimittel, kurz: OTC-Arzneimittel – ohne ärztliche Verschreibung anwenden. Man spricht in diesem Zusammenhang von Selbstmedikation. Die Patientin oder der Patient trifft eigenverantwortlich die Entscheidung, ob Beschwerden nur gering und vorübergehend sind oder ob eine Erkrankung vorliegen kann, die durch eine Ärztin oder einen Arzt behandelt werden muss.
Was ist eine Arzneimittelunverträglichkeit?
Personen können gegen einen bestimmten Wirkstoff oder in Arzneimitteln enthaltene Hilfsstoffe eine Unverträglichkeit entwickeln. Das kann ein Gesundheitsrisiko darstellen. Ein Beispiel für eine Unverträglichkeit ist eine Arzneimittelallergie z.B. gegen bestimmte Antibiotika.
Zudem können auch pflanzliche Präparate oder Nahrungsergänzungsmittel, die gar nicht als Medikament wahrgenommen werden, eine Unverträglichkeit hervorrufen.
Arzneimittelunverträglichkeiten müssen bei der Verschreibung eines Medikaments, bei der Anwendung und bei der Selbstmedikation berücksichtigt werden.
Hinweis
Unverträglichkeitsreaktionen können sofort oder verzögert auftreten.
Warum ist Therapietreue wichtig?
Wird die Einnahme von Medikamenten von der Patientin oder vom Patienten ohne ärztliche Verordnung verändert, kann dies die erwünschte Wirkung beeinflussen oder die Gesundheit gefährden. Beispiele dafür sind etwa das vorzeitige Absetzen der Medikamente oder eine Veränderung der Dosis. Auch die Einnahme anderer Arzneimittel kann die gewünschte Wirkung der Behandlung beeinflussen.
Wohin kann ich mich wenden?
Für die Behandlung mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln ist eine ärztliche Verordnung, ein sogenanntes Rezept erforderlich. Kassenrezepte sind grundsätzlich eine Voraussetzung für die Erstattung der Arzneimittelkosten durch die Krankenkasse. In Ausnahmefällen ist eine nachträgliche Kostenübernahme möglich. Arzneimittel auf Kosten der Krankenversicherung können von folgenden Stellen verschrieben werden:
- niedergelassene Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin oder niedergelassene Fachärztinnen und Fachärzte mit Kassenvertrag,
- öffentliche Spitäler bei Vorliegen einer entsprechenden Vereinbarung mit den Krankenkassen,
- Ambulatorien von Krankenkassen,
- Primärversorgungseinheiten.
Außerdem können auch Wahlärztinnen oder Wahlärzte und Spitalsärztinnen oder Spitalsärzte bei der Entlassung nach einer stationären Behandlung Arzneimittel verschreiben. Nähere Informationen dazu finden Sie unter Das Rezept.
Wie erfolgt die Abdeckung der Kosten?
Die Kosten für die Behandlung durch eine Vertragsärztin oder einen Vertragsarzt oder in einer Vertragseinrichtung, z.B. Kassenambulatorium, sind durch die Sozialversicherung – Selbstbehalte sind möglich – abgedeckt. Zur Behandlung können Ärztinnen und Ärzte Arzneimittel mittels eines Rezeptes verschreiben.
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 10. April 2025
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit