Meningokokken-Erkrankung
Inhaltsverzeichnis
Was sind Meningokokken?
Meningokokken sind Bakterien, die ausschließlich beim Menschen vorkommen. Sie können sich in der Schleimhaut des Nasen-Rachen-Raumes ansiedeln. Meningokokken sind dort bei etwa zehn Prozent der Bevölkerung nachweisbar, ohne dass die Bakterien eine Erkrankung auslösen.
Die Schleimhautbarriere des Nasen-Rachen-Raumes schützt in der Regel davor, dass die Bakterien weiter in den Körper eindringen können. Wenn es den Meningokokken gelingt, diese Barriere zu überwinden, können sie schwere Erkrankungen verursachen. Fachleute sprechen dann von einer invasiven Meningokokken-Erkrankung. Ein erhöhtes Risiko dafür besteht z.B. bei
- Kindern unter einem Jahr,
- Jugendlichen und jungen Erwachsenen,
- älteren Personen über 65 Jahre,
- Erkrankungen, die das Immunsystem schwächen, z.B. HIV,
- vorgeschädigter Schleimhaut in den oberen Atemwegen aufgrund anderer Infektionen, Allergien oder Rauchen,
- Reisen in Risikogebiete.
Wenn sich die Meningokokken im Körper ausbreiten, führen sie in erster Linie zu einer Hirnhautentzündung, einer sogenannten Meningitis, oder einer Sepsis. Beide Erkrankungen können schwer verlaufen und innerhalb kurzer Zeit lebensbedrohlich sein. Wenn beide Erkrankungen gleichzeitig auftreten, ist der Krankheitsverlauf besonders schwer.
Meningokokken sind die häufigsten Auslöser einer bakteriellen Meningitis. Daneben können auch andere Bakterien oder Viren eine Meningitis auslösen. Mehr zum Thema: Meningitis
Ein Viertel aller Meningokokken-Erkrankungen tritt bei Kindern im ersten Lebensjahr auf. Der zweite Erkrankungsgipfel liegt bei Jugendlichen.
Wie werden Meningokokken übertragen?
Meningokokken werden von Mensch zu Mensch übertragen, in den meisten Fällen durch Tröpfcheninfektion. Das heißt, die Bakterien werden von infizierten Personen durch Husten oder Niesen verbreitet und von anderen mit der Atemluft aufgenommen. Eine Ansteckung ist z.B. auch durch Küssen oder das gemeinsame Benutzen von Gläsern möglich.
Hinweis
Auch Personen ohne Symptome einer Erkrankung, die Meningokokken in sich tragen, können andere Personen anstecken.
Meningokokken überleben außerhalb des menschlichen Körpers nur wenige Sekunden. Eine Ansteckung ist daher nur bei sehr engem oder längerem Kontakt mit einer infizierten Person möglich, z.B. in Kindergärten, in Schulen, im gemeinsamen Haushalt oder auch in Diskotheken und auf Partys. Ausbrüche von Meningokokken-Erkrankungen werden zudem begünstigt, wenn viele Menschen auf engstem Raum unter schlechten hygienischen Bedingungen zusammenkommen, z.B. in Unterkünften von Personen mit Flucht- und Migrationshintergrund. Auf Gegenständen sterben Meningokokken schnell ab, und sie können auch nicht über Wasser oder Lebensmittel übertragen werden.
Wo sind Meningokokken verbreitet?
Meningokokken sind weltweit verbreitet. Es gibt mehrere Untergruppen von Meningokokken, wobei die Gruppen A, B, C, W135 und Y für die meisten Meningokokken-Erkrankungen verantwortlich sind.
In Österreich wurden zwischen 2015 und 2019 pro Jahr etwa 20 bis 40 Erkrankungsfälle registriert. 33 bis 78 Prozent davon wurden von Meningokokken der Gruppe B ausgelöst, zehn bis 38 Prozent durch Meningokokken der Gruppe C. Im Jahr 2020 wurden in Österreich acht Erkrankungsfälle gemeldet, 2021 zwei Erkrankungsfälle und 2022 sieben Erkrankungsfälle. Infektionen mit Gruppe A, Y und W135 werden in Österreich nur in wenigen Einzelfällen beobachtet.
Hochrisikogebiete für Meningokokken der Gruppen A und W135 sind Afrika – vor allem die Sahelzone, die ostafrikanische Seenplatte und Nordafrika – sowie der Nahe Osten und Saudi-Arabien. Insbesondere in Afrika lösen Meningokokken immer wieder Epidemien aus.
- Weltweite Verbreitung der Meningokokken (englisch)
Die Inkubationszeit, d.h. die Zeit von der Ansteckung bis zum Auftreten erster Symptome, beträgt ein bis zehn Tage, meistens weniger als vier Tage.
Welche Symptome können auftreten?
Bei einer Meningokokken-Erkrankung kommt es zunächst oft zu unspezifischen, grippeähnlichen Beschwerden wie Müdigkeit, Leistungsabfall und Kopfschmerzen. Nach kurzer Zeit verschlechtern sich die Symptome plötzlich.
Bei Jugendlichen und Erwachsenen kommt es unter anderem zu:
- starken, zunehmenden Kopfschmerzen
- hohem Fieber, Schüttelfrost
- schwerem Krankheitsgefühl
- Übelkeit und Erbrechen
- Lichtscheue
- im späteren Verlauf auch zu Nackensteife, d.h., der Kopf kann nicht Richtung Brust gebeugt werden
- Verwirrtheit, Reizbarkeit
- Schläfrigkeit bis hin zum Koma
Bei Babys und Kleinkindern können folgende Warnzeichen auftreten:
- Fieber
- hart gespannte oder nach außen vorgewölbte Fontanelle: Dies ist die Spalte am Oberkopf zwischen den Schädelplatten. Sie ist bei gesunden Babys eher nach innen gewölbt
- Appetitlosigkeit bzw. Nahrungsverweigerung
- schrilles Schreien
- jammern bei Berührungen, möchte nicht hochgenommen werden
- bei älteren Kindern Nackensteife, bei Babys fehlt sie oft
- steifer Körper und krampfartige Bewegungen oder
- schlaffer Körper
- Teilnahmslosigkeit, reagiert nicht auf Reize, ist schwer zu wecken
Mehr zum Thema: Bakterielle Hirnhautentzündung
Warnzeichen Hauteinblutungen
Wenn zusätzlich zu Fieber, Müdigkeit und schwerem Krankheitsgefühl punktförmige Einblutungen in der Haut auftreten, kann dies ein Warnzeichen für eine Sepsis sein. Sie kann sowohl bei Babys und Kleinkindern als auch bei Erwachsenen auftreten. Die Einblutungen zeigen sich als rot-violette Flecken auf der Haut.
Die Einblutungen in der Haut entstehen dadurch, dass die Meningokokken die Blutgefäße schädigen und diese immer durchlässiger werden. Der Fachbegriff lautet Petechien. Die Einblutungen können überall am Körper beginnen und sich rasch ausbreiten. Sie unterscheiden sich von anderen Hautausschlägen dadurch, dass sie nicht verblassen, wenn man darauf drückt. Dies kann man testen, indem man einen Glasgegenstand darauf presst.
Eine Sepsis kann im weiteren Verlauf zu einem Kollaps des Herz-Kreislauf-Systems, zu einem Schock und zu einem Multiorganversagen führen.
Mehr zum Thema: Sepsis
WICHTIG
Eine Meningokokken-Erkrankung kann innerhalb weniger Stunden aus voller Gesundheit zu schwersten Erkrankungen und zum Tod führen. Wenn Sie bei sich oder bei anderen die genannten Anzeichen bemerken, wählen Sie umgehend den Notruf 144.
Welche Komplikationen können auftreten?
Eine Meningokokken-Erkrankung stellt einen medizinischen Notfall dar. Die Erkrankung verschlechtert sich oft rasch. Auch mit Behandlung versterben zehn bis 15 Prozent der Personen mit einer Meningokokken-Erkrankung.
Eine schwere Komplikation einer Meningokokken-Erkrankung ist das sogenannte Waterhouse-Friderichsen-Syndrom. Dabei handelt es sich um eine besonders schwere Form eines septischen Schocks. Es kommt dabei unter anderem zu starken Blutungen in der Haut, den Schleimhäuten und inneren Organen. Schwere Entzündungsreaktionen im Gehirn verursachen Nervenschädigungen bis hin zur Atemlähmung. Das Waterhouse-Friderichsen-Syndrom endet auch mit Behandlung meistens tödlich.
Nach einer überstandenen Meningokokken-Erkrankung tragen rund 20 Prozent der Betroffenen lebenslange Folgeschäden davon. Dazu zählen:
- Hirnnervenlähmungen
- halbseitige Lähmungen
- Krampfanfälle
- Lernschwierigkeiten, Einschränkungen des Intellekts
- Schädigungen des Innenohres mit Taubheit
- Zerfall von Gewebe: Eine Meningokokken-Sepsis kann zum Zerfall von Gewebe, zu sogenannten Nekrosen, führen, wodurch das betroffene Körperteil amputiert werden muss.
Wie wird die Diagnose gestellt?
Die Ärztin oder der Arzt erhält Hinweise auf eine Meningokokken-Erkrankung durch die typischen Symptome. Jede Person mit Verdacht auf eine Meningokokken-Erkrankung muss sofort ins Krankenhaus überwiesen werden, damit so rasch wie möglich mit der genauen Diagnostik und entsprechenden Behandlung begonnen werden kann.
Da auch Viren oder andere Bakterien eine Meningitis verursachen können, ist ein Erregernachweis wichtig. Dafür wird ein Rachenabstrich und eine Blutprobe abgenommen. Zudem wird im Krankenhaus eine Lumbalpunktion durchgeführt, das heißt, die Ärztin oder der Arzt entnimmt Hirn-Rückenmarks-Flüssigkeit aus dem Wirbelkanal. Im Labor können die Bakterien nachgewiesen werden. Gegebenenfalls werden weitere Untersuchungen durchgeführt.
Meningokokken-Erkrankungen sind in Österreich meldepflichtig, das heißt, die Ärztin oder der Arzt meldet erkrankte Personen an die Gesundheitsbehörde.
Wie erfolgt die Behandlung?
Meningokokken-Erkrankungen werden mit verschiedenen Antibiotika behandelt. Eine frühzeitige Behandlung ist sehr wichtig, da die Infektion innerhalb weniger Stunden lebensbedrohlich werden kann. Mit der Behandlung wird daher umgehend bei Krankheitsverdacht begonnen. Je nach Schwere der Erkrankung sind zusätzliche Medikamente und Behandlungen erforderlich, gegebenenfalls intensivmedizinisch.
Bis 24 Stunden nach Therapiebeginn muss die betroffene Person zudem isoliert werden, um niemanden anzustecken. Auch enge Kontaktpersonen einer infizierten Person werden vorbeugend mit Antibiotika behandelt.
Wie Sie vorbeugen können
Zur Vorbeugung von Meningokokken-Erkrankungen stehen verschiedene, gut verträgliche Impfstoffe zur Verfügung, die entweder nur vor der Untergruppe B, der Untergruppe C oder kombiniert vor den Untergruppen A, C, W135 und Y schützen.
Mehr zum Thema: Impfung gegen Meningokokken
Wohin kann ich mich wenden?
Bei Verdacht auf eine Meningokokken-Erkrankung wählen Sie den Notruf 144 oder suchen Sie so rasch wie möglich die nächste Spitalsambulanz auf.
Für Informationen zur Impfung gegen Meningokokken wenden Sie sich an
- eine Ärztin oder einen Arzt für Allgemeinmedizin,
- eine Fachärztin oder einen Facharzt für Kinderheilkunde,
- eine Impfstelle in Ihrer Nähe.
Vor einer geplanten Fernreise sollten Sie sich rechtzeitig ärztlich beraten lassen. Wenden Sie sich an eine Ärztin bzw. einen Arzt für Reisemedizin bzw. Tropenmedizin.
Das Außenministerium bietet Reiseinformationen für alle Länder der Welt, inklusive Reisewarnungen.
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 8. November 2023
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Univ.Prof. Dr. Herwig Kollaritsch, Facharzt für Klinische Mikrobiologie und Hygiene, Facharzt für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin, Zert. Reisemedizin