So entwickelt sich ein ungeborenes Kind
Inhaltsverzeichnis
Wie werden Schwangerschaftswochen gezählt?
Eine normale Schwangerschaft dauert insgesamt 40 Wochen oder 280 Tage. Als Beginn der Schwangerschaft wird dabei der erste Tag der letzten Menstruationsblutung herangezogen. Eisprung und Befruchtung finden jedoch erst rund zwei Wochen nach diesem Tag statt, das bedeutet: in den ersten zwei Schwangerschaftswochen besteht genau genommen noch keine Schwangerschaft. Dennoch hat sich diese Zählweise bewährt, da die meisten Frauen das Datum ihrer letzten Menstruationsblutung genau kennen, der exakte Zeitpunkt der Befruchtung sich jedoch nicht eindeutig bestimmen lässt. Mehr zum Thema: Wie kommt es zur Befruchtung?
Geburtstermin berechnen
Ausgehend vom ersten Tag der letzten Menstruationsblutung lässt sich auch der voraussichtliche Geburtstermin berechnen. Die Formel dafür wird als Naegele-Regel bezeichnet:
- Tag der letzten Menstruation + 7 Tage – 3 Monate + 1 Jahr = Entbindungstermin
Hinweis
Nur die wenigsten Kinder kommen exakt am errechneten Termin zur Welt, eine Abweichung von einigen Tagen ist ganz normal. Zudem werden Wachstum und Entwicklung des Kindes regelmäßig mittels Ultraschall kontrolliert und in die Bestimmung des Schwangerschaftsalters mit einbezogen.
Was passiert von der ersten bis zur vierten Schwangerschaftswoche (1. Monat)?
Ungefähr in der Mitte des monatlichen Zyklus der Frau findet der Eisprung statt. Die ausgestoßene reife Eizelle wird vom Eileiter aufgenommen und ist rund 24 Stunden befruchtungsfähig. Kommt es in diesem Zeitraum zu einer Verschmelzung mit einer Samenzelle (Befruchtung), entsteht ein neuer Organismus. Dieser wird zunächst als Zygote bezeichnet. Durch die Verbindung der genetischen Informationen der Eizelle der Mutter und der Samenzelle des Vaters ist der Bauplan für das neue Leben vollständig, ein neuer Mensch kann sich entwickeln. Mehr zum Thema: Eine Schwangerschaft beginnt
Schon kurz nach der Befruchtung beginnt die Zygote sich mehrfach zu teilen und mithilfe rhythmischer Kontraktionen des Eileiters in Richtung Gebärmutter zu wandern. Etwa sechs Tage nach der Befruchtung nistet sie sich dort ein (Einnistung, Implantation). Bei einigen Frauen tritt dabei eine leichte vaginale Blutung auf, die sogenannte Einnistungsblutung. Wenn die Einnistung stattgefunden hat, bleibt die nächste Monatsblutung aus.
Zum Zeitpunkt der Einnistung haben sich bereits mehrere Zellkerne und Zellschichten gebildet, aus denen später die einzelnen Organe und Gewebe entstehen. Man spricht jetzt von einer Blastozyste. Gegen Ende der vierten Schwangerschaftswoche beginnen sich die Zellen zu spezialisieren: einige entwickeln sich weiter zur rund zwei Millimeter großen Keimscheibe, aus der später der eigentliche Embryo entsteht, andere entwickeln sich zur späteren Plazenta (Mutterkuchen).
Auch das erste Fruchtwasser beginnt sich zu bilden, am Ende der vierten Schwangerschaftswoche ist der Embryo vollständig davon umgeben. Es schützt ihn vor Austrocknung und Verletzungen, gewährleistet seine gute Beweglichkeit und hat zudem immunologische Funktionen. Bis zum letzten Schwangerschaftsdrittel wird die Fruchtwassermenge auf bis zu 1.000 ml ansteigen, vor der Geburt nimmt sie physiologischerweise wieder etwas ab.
Was passiert in der fünften und sechsten Schwangerschaftswoche (2. Monat)?
Die hormonelle Umstellung im Körper der Frau hat längst begonnen. Sie bildet die Grundlage dafür, dass die Anforderungen für eine Schwangerschaft geschaffen werden und der Embryo sich korrekt entwickeln kann. Einige Frauen bemerken schon jetzt frühe Anzeichen einer Schwangerschaft. Dazu zählen u.a. ein Ausbleiben der Regelblutung, ein ziehendes Gefühl in den Brüsten, Müdigkeit, häufiger Harndrang sowie leichte Unterbauchschmerzen.
Die Keimscheibe entwickelt sich weiter und besteht nun aus drei Schichten, aus denen später in weiteren unzähligen Teilungsschritten sämtliche Organsysteme und Gewebe des Körpers entstehen.
Im Laufe der sechsten Schwangerschaftswoche beginnen die ersten Organe, Form anzunehmen, und auch Kopf, Rumpf und Ansätze der Gliedmaßen sind erkennbar. Diese Woche stellt einen Meilenstein in der Entwicklung des Embryos dar: das Herz beginnt zu schlagen und der Embryo bildet ein eigenes Kreislaufsystem aus. Der Embryo ist nun rund fünf Millimeter groß.
Was passiert in der siebenten und achten Schwangerschaftswoche (2. Monat)?
In der achten Schwangerschaftswoche ist der Embryo etwa 15 Millimeter groß. Neben dem Herz sind weitere Organe, wie Nieren und Magen angelegt und beginnen zu arbeiten. Mit Mund, Nase und Augen beginnen nun auch die Sinnesorgane, sich zu entwickeln. Bei der Körperform des Embryos dominieren der Kopf und die oberen Extremitäten. Erste Bewegungen von Armen und Beinen sind erkennbar.
Der Embryo wird in der frühen Schwangerschaft über den Dottersack mit Nährstoffen versorgt. Die Plazenta entwickelt sich immer weiter, und auch die Nabelschnur ist nun bereits erkennbar. Bis zum Ende der Schwangerschaft wird sie eine Länge von 50 cm erreichen und ein bis zwei Zentimeter dick sein.
Was passiert in der neunten und zehnten Schwangerschaftswoche (3. Monat)?
Nervenzellen und Muskeln sind so weit entwickelt, dass sich der Embryo ungezielt bewegen kann. Diese Bewegungen kann die Mutter allerdings noch nicht spüren. Vom Kopf bis zum Steiß misst der Körper des Embryos rund 25 Millimeter und wiegt zirka 15 Gramm.
An den Händen sind die Finger nun schon klar zu erkennen. Auch die Ellbogen sowie Füße und Zehen haben begonnen, sich zu entwickeln. Gesichtszüge wie Ohren, Nase, Mund und Augen nehmen immer mehr Gestalt an. Die Augen des Embryos sind zu diesem Zeitpunkt noch dauerhaft geöffnet, die Lider bilden sich erst später vollständig aus. Der Kopf wird immer runder.
Was passiert in der elften und zwölften Schwangerschaftswoche (3. Monat)?
Das ungeborene Kind wird nun nicht mehr als Embryo bezeichnet, die sogenannte Fetalperiode hat begonnen. Die Nervenbahnen haben sich weiter vernetzt, sodass die Bewegungen des Embryos immer gezielter erfolgen können; es kann inzwischen zum Beispiel schon eine Faust machen. Das Nervensystem entwickelt sich enorm schnell, jeden Tag bilden sich unzählige neue Nervenstränge und Verknüpfungen.
Die Anlagen für alle Organsysteme sind bereits angelegt, in den nächsten Wochen und Monaten reifen sie zunehmend aus. Der Kopf ist immer noch der größte Körperteil des Fötus, er macht etwa die Hälfte der gesamten Körpergröße aus. Die Anlagen für die Milchzähne sind bereits im Kiefer angelegt. Die äußeren Geschlechtsmerkmale des Fötus werden sichtbar, allerdings können sie noch nicht auf dem Ultraschallbild erkannt werden.
In der zwölften Schwangerschaftswoche übernimmt nun die Plazenta die Aufgabe, den zirka fünf Zentimeter großen Embryo mit Sauerstoff und Nährstoffen aus dem Blut der Mutter zu versorgen. Der Dottersack bildet sich zurück.
Was passiert von der 13. bis zur 16. Schwangerschaftswoche (4. Monat)?
Die Augenlider haben sich ausgebildet, und die Augen des Fötus sind nun geschlossen. Die weichen Knorpel des Skelettgerüsts beginnen zu verknöchern. Die Haut ist nahezu fertig entwickelt. Es bildet sich die sogenannte Lanugobehaarung, die sich erst um den Geburtstermin langsam zurückbildet. Die Lanugohaare bilden zusammen mit der sogenannten Käseschmiere einen Film auf der Haut des Fötus, der vor äußeren Einflüssen schützt.
Der Fötus ist etwa ab der 15. Schwangerschaftswoche in der Lage zu schlucken und beginnt, Fruchtwasser zu trinken. Die Nieren haben begonnen zu arbeiten und scheiden das aufgenommene Fruchtwasser in Form von Urin wieder aus. Auch erste Atembewegungen werden bereits geübt und unterstützen die Entwicklung der Lunge.
Das ungeborene Kind bewegt sich viel im Fruchtwasser und kann inzwischen z.B. auch schon die Finger in den Mund nehmen. Es schläft nur kurz und unregelmäßig. Der Fötus ist Ende der 16. Schwangerschaftswoche zirka 18 Zentimeter groß.
Was passiert von der 17. bis zur 20. Schwangerschaftswoche (5. Monat)?
Die Sinne entwickeln sich. Der Fötus kann hell und dunkel unterscheiden, und erste Augenbewegungen sind möglich. Ein weiterer Meilenstein betrifft die Ohren: Das Innenohr ist nun so weit entwickelt, dass das ungeborene Kind erste akustische Reize wahrnehmen kann, zunächst Geräusche aus dem Körper der Mutter, später von außerhalb.
Die Bewegungen des ungeborenen Kindes werden stärker, es dreht und wendet sich und „schlägt Purzelbäume“. Die meisten Mütter können in diesen Wochen zum ersten Mal die kleinen Stöße des Kindes spüren. Die äußeren Geschlechtsorgane können von einer Ärztin oder einem Arzt bei der Ultraschalluntersuchung erkannt werden. Die Proportionen des Fötus ändern sich, der Kopf erscheint im Vergleich zum Körper nicht mehr so groß wie bisher. Die Beine sind inzwischen länger als die Arme, und auch die Gesichtszüge werden kindlicher. Am Ende des fünften Monats ist der Fötus etwas über 20 Zentimeter groß.
Was passiert von der 21. bis zur 24. Schwangerschaftswoche (6. Monat)?
Die Hälfte der Schwangerschaft ist nun bereits vorbei. Das Gehirn wächst besonders rasch, und Nervensystem und Reflexe entwickeln sich immer weiter. Dazu gehört auch der Saugreflex, den der Fötus in Form von Daumen lutschen regelmäßig trainiert. Zudem reagiert der Fötus nun schon eindeutig auf Geräusche von außen.
Auch der Darm arbeitet, und der erste Stuhl sammelt sich an. Dieser wird Mekonium genannt und in den ersten Tagen nach der Geburt ausgeschieden. In Stresssituationen (z.B. Infektionen, Kontakt mit schädlichen Substanzen, Geburtsstress) kann es passieren, dass der erste Stuhl noch in der Gebärmutter abgegeben wird. Dies kann für das Kind gefährliche Folgen haben (z.B. schwere Lungenentzündung durch Mekoniumaspiration während des Geburtsvorganges).
Die Haut des Fötus ist im 6. Schwangerschaftsmonat noch blass und durchscheinend. Das bisher fehlende Fettgewebe wird ab jetzt verstärkt gebildet, wodurch der derzeit sehr dünne Fötus ab nun stetig an Gewicht zunimmt. Das sogenannte braune Fettgewebe, das insbesondere bei ungeborenen und neugeborenen Kindern vorhanden ist, unterstützt zudem den Wärmehaushalt. Auch erste Haare sowie Ansätze von Augenbrauen und Wimpern sind nun vorhanden, und Finger- und Zehennägel haben sich gebildet.
Am Ende der 24. Schwangerschaftswoche ist der Fötus etwa 26 Zentimeter groß und rund ein dreiviertel Kilo schwer.
Was passiert von der 25. bis zur 28. Schwangerschaftswoche (7. Monat)?
Die Organe des Fötus sind zum großen Teil entwickelt und funktionieren, nur die Lunge ist noch nicht fertig ausgereift, dies dauert bis kurz vor dem Geburtstermin. Das Bronchialsystem und die Lungenzellen sind um die 25. Schwangerschaftswoche aber bereits so weit entwickelt, dass im Falle einer Frühgeburt mit entsprechender intensivmedizinischen Unterstützung erste realistische Überlebenschancen vorhanden wären. Etwa in der 26. Schwangerschaftswoche beginnen die Lungenzellen zudem mit der Produktion des sogenannten Surfactant, ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Überlebensfähigkeit: Surfactant ist eine Substanz, die die Lungenbläschen (Alveolen) wie ein Film umgibt und dafür sorgt, dass ihre Oberflächenspannung vermindert ist. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für eine funktionierende Atmung, denn nur so können sich die Alveolen beim Atmen ausreichend entfalten.
Die Augen des Fötus können sich immer wieder kurz öffnen. Er hat nun auch regelmäßig Schluckauf. Diese rhythmischen Kontraktionen des Zwerchfells unterstützen die Entwicklung der Atemmuskulatur. Der ganze Körper des Fötus „hüpft“ dabei auf und ab, die Schwangere kann diese Bewegungen wahrnehmen.
Das Kind beginnt mehrere Stunden lang durchzuschlafen und einen Schlaf-Wach-Rhythmus auszubilden. Es kann durch Bewegungen oder laute Geräusche geweckt werden. Am Ende der 27. Schwangerschaftswoche ist der Fötus rund 36 Zentimeter groß.
Was passiert von der 29. bis zur 32. Schwangerschaftswoche (8. Monat)?
Der Fötus nimmt jetzt rasch an Gewicht zu und reift weiter heran. Unter der Haut lagert sich weiter Fett ein, die Haut glättet sich. Die Fingernägel und die Haare sowie die Wimpern und die Augenbrauen sind deutlich gewachsen. Am Ende des achten Monats wiegt das Kind rund zwei Kilogramm.
Je weiter die Schwangerschaft fortgeschritten ist, desto weniger Platz hat das ungeborene Kind in der Gebärmutter. Es sind keine ausgedehnten Bewegungen mehr möglich. Der Fötus dreht sich in dieser Phase in die Geburtslage, später ist eine vollständige Drehung nur noch schwer möglich. Die meisten Geburten finden in sogenannter Schädellage statt, das heißt, das Kind legt sich mit dem Kopf nach unten in das Becken der Mutter. Dies ist die optimale Lage für eine natürliche Geburt. Mehr zum Thema: Der natürliche Ablauf der Geburt
Gegen Ende der Schwangerschaft bzw. wenn das Kind tiefer ins Becken rutscht, können bei der Schwangeren immer wieder Vor- oder Senkwehen auftreten. Diese sind ein Anzeichen dafür, dass der Körper sich langsam auf die Geburt vorbereitet. Mehr zum Thema: Wehen & Geburt
Was passiert von der 33. Schwangerschaftswoche bis zur Geburt?
In den letzten Wochen vor der Geburt reift das Kind weiter aus. Insbesondere das Gehirn macht weitere wichtige Entwicklungsschritte, und die Lungen machen sich bereit für den ersten Atemzug. Etwa ab der 35. Schwangerschaftswoche wird Surfactant in den kindlichen Lungen in so großen Mengen produziert, dass eine Atmung auch ohne Unterstützung möglich wäre. Zu früheren Zeitpunkten kann bei einer drohenden Frühgeburt die Surfactantproduktion medikamentös angeregt werden.
Auch die Sinne sind nun weitgehend ausgereift. Scharfes sehen ist aber auch bei der Geburt noch nicht möglich, Neugeborene nehmen ihre Umwelt nur schemenhaft wahr. Sie können zunächst hauptsächlich Hell-Dunkel-Kontraste, Muster und Formen erkennen. Mit etwa drei Monaten entwickelt sich das räumliche Sehen und mit einem Jahr hat das Kind rund 50 Prozent der Sehschärfe eines Erwachsenen erreicht.
Die Körpergröße, mit der das Kind auf die Welt kommen wird, ist schon einige Zeit vor dem Geburtstermin erreicht, in den letzten Wochen steht die Gewichtszunahme im Vordergrund. Die Lanugohaare verschwinden mit fortdauernder Schwangerschaft wieder. Auch die Fruchtwassermenge nimmt kontinuierlich ab.
Ab der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche ist das Kind so weit entwickelt, dass es nicht mehr als Frühgeburt gilt, wenn es geboren wird. Nur die wenigsten Kinder kommen exakt am errechneten Geburtstermin auf die Welt. Wird der Termin um 14 Tage überschritten, spricht man von einer Übertragung. Eine zu lange Schwangerschaftsdauer geht mit dem Risiko für Komplikationen einher (z.B. erschwerte Geburt durch zu großes Geburtsgewicht des Kindes, Unterfunktion der Plazenta), daher wird in diesen Fällen die Geburt meist eingeleitet.
Es gibt einige Anzeichen, die darauf hindeuten, dass die Geburt nicht mehr lange auf sich warten lässt. Mehr zum Thema: Die Geburt kündigt sich an.
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 11. Mai 2020
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Mag.a Dr.in Karin Windsperger