Chronisch entzündliche Darmerkrankungen: Ernährung
Inhaltsverzeichnis
Allgemeine Ernährungsziele bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
Gemäß den Empfehlungen der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (Ernährung und chronisch entzündliche Darmerkrankungen) lauten die Ernährungsziele bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa wie folgt:
- einen adäquaten Ernährungszustand gewährleisten,
- Symptome, die durch eventuelle Intoleranzen oder Allergien
(unabhängig von der chronisch entzündlichen Darmerkrankung) auf Nahrungszufuhr entstehen, reduzieren und - die entzündliche Aktivität direkt vermindern. Es gibt starke Hinweise darauf, dass die Ernährung selbst einen Einfluss auf die Entzündung des Darmes haben kann.
In den beschwerdefreien Phasen (Remission) wird der Großteil der Lebensmittel meist gut vertragen. Empfohlen wird in der Regel eine leichte Vollkost. Im Verlauf der Erkrankung entstehen jedoch immer wieder spezielle Situationen – wie ein akuter Entzündungsschub, Bildung einer Engstelle im Darm (Stenose), Mangelerscheinungen etc. –, die eine Anpassung der Ernährung erfordern.
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Ernährung im akuten Schub
Während eines Entzündungsschubes neigen Betroffene häufig dazu, aufgrund der Beschwerden und des Krankheitsgefühls wenig zu essen. Zusätzlich kann die Nährstoffaufnahme aus dem Darm durch die Entzündungsprozesse vermindert sein. Insgesamt drohen dadurch Flüssigkeitsverlust, Dehydrierung, Mangelerscheinungen und Gewichtsverlust.
Auch wenn es schwerfällt, ist es wichtig, während des akuten Schubes weiter ausreichend zu essen. Um den Darm zu schonen, empfiehlt sich ballaststoffarme Kost. Ausreichend Kalorien liefern z.B. Cremesuppen, Bananen und Avocados. Die Mahlzeiten sollten gut gekaut werden, um besser verdaulich zu sein. Als Getränke eignen sich milde Tees, stilles Wasser oder Gemüsesäfte. Die Aufnahme von Eiweißen (Proteinen) sollte im akuten Erkrankungsschub gesteigert werden.
Bei Morbus Crohn mit ausgedehntem Befall des Dünndarms sollten oxalsäurereiche Nahrungsmittel wie z.B. Rhabarber, Schwarztee, Spinat oder Mangold vermieden werden, da dies die Bildung von Nierensteinen begünstigen kann. Unter Umständen wird eine Kalzium-Supplementierung empfohlen, da Kalzium das Oxalat im Darm bindet und dessen Resorption verhindert.
Leidet die Patientin/der Patient zusätzlich an einer Unverträglichkeit wie z.B.Laktoseintoleranz, sollte dies in der Zusammenstellung der Ernährung berücksichtigt werden. Bei Unverträglichkeiten und Beschwerden in Art eines Reizdarms kommt unter Umständen eine sogenannte FODMAP-Diät zur Anwendung: Dabei wird die Einnahme bestimmter Kohlenhydrate (fermentierbare Oligo-, Di-, Monosacchharide und Polyole) reduziert bzw. eingeschränkt, da diese im Darm nur schlecht resorbiert werden können. Diese fermentierbaren Kohlenhydrate sind z.B. in Laktose, Fruktose, Sorbitol etc. enthalten. Eine FODMAP-Diät sollte nur mit fachlicher Unterstützung durchgeführt werden.
Liegt eine Mangelernährung bzw. ein Mangel an Vitaminen, Eisen oder Elektrolyten vor, ist eine individuelle Ernährungsberatung durch eine Diätologin/einen Diätologen wichtig. Mangelerscheinungen, die sich mittels ausgewogener und vitaminreicher Ernährung allein nicht beheben lassen, können unter Umständen mithilfe von Nahrungsergänzungsmitteln behandelt werden. Darüber hinaus gibt es spezielle Eiweißdrinks für Patientinnen/Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, die als Kalorienlieferant dienen und als Zusatznahrung eingesetzt werden können.
In Phasen, in denen die normale Nahrungsaufnahme nur sehr eingeschränkt möglich ist, kommt eine Form der künstlichen Ernährung zum Einsatz. Dabei unterscheidet man die sogenannte enterale von der parenteralen Form der Ernährung.
Enterale und parenterale künstliche Ernährung
Unter enteraler Ernährung versteht man Lösungen, die eine spezielle Zusammensetzung an Nährstoffen, Vitaminen und Mineralstoffen aufweisen und die Kalorien- und Eiweißzufuhr erhöhen. Die Lösungen werden über den Magen-Darm-Trakt verabreicht und aufgenommen („enteral“, z.B. über eine Sonde, die in den Magen bzw. den Dünndarm führt). Sie sind für den Körper leicht verdaulich.
Bei der parenteralen Ernährung umgeht man den Verdauungstrakt, indem eine spezielle Nährstofflösung über einen Venenzugang direkt in die Blutbahn eingebracht wird. Der Magen-Darm-Trakt wird dadurch geschont und eine Abheilung der Entzündung unterstützt.
Parenterale und enterale Ernährung werden im Rahmen der Therapie von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen verwendet. So werden sie z.B. vor/nach Darmoperationen, bei Fisteln, Kurzdarmsyndrom, Darmverschluss oder bei Erwachsenen, die eine medikamentöse Behandlung ablehnen oder eine Mangel- oder Unterernährung aufweisen, eingesetzt. Gerade bei Kindern, v.a. mit Wachstumsstörungen, setzt man in der Therapie verstärkt auf enterale Ernährung, um unerwünschte Nebenwirkungen von Medikamenten zu verhindern. Sowohl die enterale als auch die parenterale Form der künstlichen Ernährung wird unter medizinischer Aufsicht (z.B. im Rahmen eines Krankenhausaufenthaltes oder unter Betreuung zu Hause) durchgeführt.
Enterale und parenterale Ernährung kommen nicht prinzipiell bei jeder Patientin/jedem Patienten zum Einsatz. Insbesondere die parenterale Ernährung ist nur in sehr speziellen Situationen erforderlich, die enterale Form der künstlichen Ernährung wird in den allermeisten Fällen bevorzugt.
Nach dem Schub
Nach dem akuten Erkrankungsschub braucht der Darm Zeit, sich von der Entzündung zu erholen. Es ist wichtig, langsam und schonend zur normalen Ernährung zurückzukehren. Empfehlenswert ist ein stufenweiser Kostaufbau, bei dem sowohl die Menge als auch die Zusammensetzung und der Energiegehalt der Lebensmittel stufenweise gesteigert werden.
In Phasen der Remission muss nicht zwingend eine spezielle Diät eingehalten werden. Der Speiseplan sollte generell viel Obst und Gemüse sowie Omega-3-Fettsäuren enthalten. Eine individuelle Ernährungsberatung mit Erstellung eines persönlichen Speiseplanes ist empfehlenswert.
Ernährung bei Engstellen im Darm
Engstellen im Darm (Stenosen) entstehen durch entzündungsbedingte Schwellungen der Darmschleimhaut sowie durch Vernarbungen infolge häufiger Entzündungen. Auch hier kann ein verminderter Ballaststoffanteil der Nahrung hilfreich sein. Ballaststoffe steigern das Füllvolumen und fördern die Darmbewegungen, was bei Vorliegen von Stenosen schmerzhaft sein kann. Dabei ist es empfehlenswert, die Mahlzeiten auf mehrere kleine Portionen über den Tag zu verteilen.
Auch auf schwer verdauliche und faserreiche Nahrungsmittel, wie z.B. Nüsse, Obstkerne, Pilze, Spargel, Blattspinat, Rhabarber, ungeschältes hartfaseriges Obst und Gemüse (Äpfel, Birnen, Trauben, Tomaten, Paprika), Vollkornprodukte etc. sollte verzichtet werden.
Weiters können eine bevorstehende Operation, ein geplantes Stoma (künstlicher Darmausgang) oder das Auftreten von Komplikationen im Krankheitsverlauf Anpassungen des Speiseplanes erfordern. Individuelle medizinische und ernährungstherapeutische Beratung ist wichtig.
Weitere Informationen erhalten Sie unter: Die Österreichische Ernährungspyramide
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 21. Dezember 2020
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Prim.Univ.-Prof.Dr. Rainer Schöfl